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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rüdesheim; Rüdesheimer; Rudhart; Rüdiger von Bechelarn; Rudimentum; Rüdinger; Rudisten

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Rüdesheim - Rudisten.

festen auftreten soll, ist eine sehr langwierige und erfordert eine ungewöhnliche Ausdauer und Kraft. Täglich mehrere Stunden mit größter Anstrengung rudern, eine Kost, welche die Fettbildung ausschließt, Vermeidung jedes aufregenden und schwächenden Genusses, das sind die Ansprüche, welche an die Ruderer gemacht werden, die die Sache sportmäßig betreiben wollen. Es eignen sich dazu also nur sehr kräftige Leute. Der R. ist nicht bloß in England und Amerika, sondern auch in Deutschland und Österreich sehr verbreitet, weil sich jeder größere Fluß und Binnensee dazu eignet. Vgl. Silberer, Handbuch des Rudersports (2. Aufl., Wien 1882); Grumbacher, Rudern und Trainieren (2. Aufl., das. 1886), u. die in Berlin erscheinende Zeitschrift "Wassersport."

Rüdesheim, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, Rheingaukreis, in herrlicher Lage am Fuß des Niederwaldes (s. d.) und am Rhein, Bingen gegenüber, Knotenpunkt der Linie Frankfurt a. M.-Niederlahnstein-Lollar der Preußischen Staatsbahn und der Zahnradbahn nach dem Niederwald, 85 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, einen Winterhafen, ein Amtsgericht, bedeutenden und sehr berühmten Weinbau, der eine Fläche von ungefähr 210 Hektar einnimmt, Schaumweinfabrikation, Weinhandel, Schiffahrt und (1885) 4040 meist kath. Einwohner. Die besten Weinlagen sind: der Rüdesheimer Berg (dessen Anpflanzung man Karl d. Gr. zuschreibt), Hinterhaus und Rottland. Dicht unterhalb der Stadt liegt die Nieder- oder Brömserburg (jetzt Eigentum der Grafen von Ingelheim), ein viereckiger Mauerkoloß aus dem 13. Jahrh., damals neben der unfern von R. liegenden Burg Ehrenfels häufig Sitz der Mainzer Erzbischöfe, und unweit davon die renovierte Boosenburg (im Besitz der Grafen von Schönborn). In R. selbst ist noch der Brömserhof (Coudenhovensche Hof), im obern Teil der Stadt, aus dem 15. Jahrh. (jetzt Armen- und Wohlthätigkeitsanstalt), und der Adlerturm (Rest der ehemaligen Stadtbefestigung) zu erwähnen. - Der Ort stammt wohl noch aus der Römerzeit und gehörte im Mittelalter einem angesehenen Adelsgeschlecht, das sich dann in die Füchse von R. und die Brömser von R. teilte. Erstere starben im 15. Jahrh. aus, letztere erst 1668. Vgl. Schmelzeis, R. im Rheingau (Rüdesh. 1881); Heiderlinden, R. und seine Umgebung (das. 1888).

Rüdesheimer, s. Rheinweine.

Rudhart, Ignaz von, bayr. Staatsmann, geb. 11. März 1790 zu Weißmain (Oberfranken), studierte in Landshut die Rechte, ward 1811 Professor zu Würzburg, 1817 Generalfiskalatsrat in München, 1819 Ministerialrat im Departement der Finanzen und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 1823 Regierungsdirektor zu Baireuth und 1826 zu Regensburg. Von den Städten des Obermainkreises 1825 zum Abgeordneten in die Ständeversammlung gewählt, übte R. auf den drei Landtagen von 1825, 1828 und 1831 einen bedeutenden Einfluß aus. Auf dem Landtag von 1828 war er das Haupt der gemäßigten Opposition. 1832 wurde ihm der persönliche Adel verliehen und er zum Generalkommissar und Regierungspräsidenten in Passau ernannt. 1836 zum bayrischen Staatsrat ernannt, begleitete er den König Otto nach Griechenland und übernahm dort die Stelle des Ministers des Innern und Konseilpräsidenten des Königs, nahm aber bald seine Entlassung. Er starb auf der Rückreise 11. Mai 1838 in Triest. In Passau ward ihm 1844 ein Denkmal errichtet. Er schrieb unter anderm: "Geschichte der Landstände in Bayern" (Heidelb. 1816, 2 Bde.); "Das Recht des Deutschen Bundes" (Stuttg. 1822); "Über den Zustand des Königreichs Bayern" (Stuttg. u. Erlang. 1825-27, 3 Bde.); "Über die Zensur der Zeitungen" (das. 1826).

Rüdiger von Bechelarn, ein im Nibelungenlied (s. d.) vorkommender Held, der als Markgraf zu Pöchlarn an der Donau saß, wird von einigen (Lachmann, Waitz) für einen ursprünglich mythischen Charakter gehalten, der erst später zum historischen Helden umgebildet worden sei. Vgl. Muth, Der Mythus des Markgrafen R. (Wien 1877). Dramatisch ist die Sage bearbeitet durch Osterwald (Halle 1849) und F. Dahn (Leipz. 1875).

Rudimentum (lat., besonders im Plural rudimenta, Rudimente), Anfang, erster Versuch in einer Kunst, erste Teilnahme an etwas, z. B. am Krieg; Anfangsgründe in einer Wissenschaft; in der botanischen und zoologischen Terminologie der nicht zur völligen Ausbildung gelangte Ansatz, d. h. die verkümmerte oder unausgebildete (rudimentäre) Form eines Pflanzenteils oder Organs. Über rudimentäre Organe s. Darwinismus, S. 567.

Rüdinger, Nikolaus, Anatom, geb. 25. März 1832 zu Büdesheim in Rheinhessen, studierte zu Heidelberg und Gießen, wurde 1855 Prosektor in München, 1870 Professor der Anatomie und zweiter Konservator der dortigen anatomischen Anstalt und Sammlung. Er erfand eine neue Konservierungsmethode für Leichen, stellte vortreffliche Nerven- und Gehörpräparate dar und benutzte die Photographie als wichtiges Illustrationsmittel für anatomische Zwecke. Er schrieb: "Anatomie des peripherischen Nervensystems des menschlichen Körpers" (Münch. 1870, 2 Bde.); "Atlas des peripherischen Nervensystems" (das. 1872); "Atlas des menschlichen Gehörorgans" (das. 1867-70); "Topographisch-chirurgische Anatomie des Menschen" (das. 1870-78, Suppl. 1879); "Beitrag zur Morphologie des Gaumsegels und des Verdauungsapparats" (das. 1879); "Beitrag zur Anatomie der Affenspalte und der Interparietalfurche" (Bonn 1882); "Beitrag zur Anatomie des Sprachzentrums" (Stuttg. 1882); "Zur Anatomie der Prostata" (das. 1883) u. a.

Rudisten (Hippuriten, Rudistae Lam., Hippuritidae Gray), Molluskenfamilie, bei welcher das Gehäuse sehr ungleichklappig, unsymmetrisch und dickwandig ist. Mit der kegelförmigen ersten Schale waren die Tiere angewachsen, die linke Schale ist nie-^[folgende Seite]