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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sachsengängerei; Sachsen-Meiningen; Sachsen-Weimar-Eisenach

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Sachsen-Meiningen - Sachsengängerei.

nahmen zu gute kommen, betragen 1,140,000 Mk., während an Matrikularbeiträgen 885,000 Mk. abgeführt werden. In Gotha beliefen sich 30. Juni 1890 die Aktivkapitalien auf 3,216,254 Mk., die Passiva auf 690,377 Mk., woraus sich ein Überschuß an Aktiven von 2,525,677 Mk. ergibt. Die Staatsschuld von Sachsen-Koburg betrug 3,254,253 Mk. und nach Abzug der Aktiva (927,580 Mk.) 2,326,753 Mk. - Der Staatsminister v. Bonin trat im Januar 1891 von seinem Posten zurück, weil seine Regierungsgrundsätze mit denen des Herzogs nicht übereinstimmten. Seine Stelle wurde vorläufig nicht besetzt, der größte Teil seiner Geschäfte aber dem liberalen Justizrat Strenge, der als Staatsrat in das Ministerium berufen wurde, übertragen.

Sachsen-Meiningen. Die Bevölkerung betrug 1. Dez. 1890 (vorläufiges Ergebnis) 223,920 Seelen und hat seit 1885 um 9036 Seelen, d. h. jährlich um 0,82 Proz., zugenommen. Der Etat der Domänenkasse für die Finanzperiode 1890-92 beziffert die jährlichen Einnahmen auf 2,339,560 Mk., die Ausgaben auf 1,662,060 Mk.; von dem Überschuß im Betrag von 677,500 Mk. fließt die eine Hälfte in die Landeskasse, die andre in die herzogliche Kasse. Der Etat der Landeskasse setzt für dieselbe Periode die jährlichen Einnahmen u. Ausgaben auf 4,054,220 Mk. fest, um 724,200 Mk. höher als in der Periode 1887-1889. Die Differenz wird vornehmlich dadurch herbeigeführt, daß in der laufenden Finanzperiode die Überweisungen aus der Reichskasse um 737,250 Mk. höher als früher angesetzt werden konnten, während sich die Matrikularbeiträge auch um 532,777 Mk. erhöhten. Nach dem Reichshaushaltsetat für 1890/91 betrugen erstere 1,577,880, letztere 1,210,524 Mk. Was nun den Etat des Herzogtums im einzelnen betrifft, so waren unter den Einnahmen die direkten Steuern mit 1,225,000, die indirekten mit 320,900 Mk., unter den Ausgaben die Rechtspflege mit 612,220, Kirche und Schule mit 504,170, die innere Verwaltung mit 412,380, die Kosten der Staatsschuld mit 540,600 Mk. angesetzt. Die einmaligen Ausgaben wurden für 1890-92 auf 249,288 Mk. veranschlagt. Die Staatsschuld belief sich Ende 1888 auf 12,683,958 Mk. und hatte sich im Laufe des Jahres um 984,049 Mk. erhöht. 1888 sind nämlich die 4proz. Anleihen von 1878/79 und 1882 abgetragen und eine 3½proz. im Mehrbetrag von ca. 1 Mill. Mk. emittiert worden.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Die Bevölkerung betrug 1. Dez. (vorläufiges Ergebnis) 325,824 Seelen und hat seit 1885 um 11,878 Seelen, d. h. jährlich um 0,74 Proz., zugenommen. Die Zahl der Städte mit mehr als 20,000 Einw. ist durch den Zutritt von Eisenach (21,399) und Apolda (20,880) auf drei gestiegen. Der Etat für die Finanzperiode 1890-92 beziffert die jährliche Einnahme wie Ausgabe auf 7,696,040 Mk. Die Ausgaben setzen sich folgendermaßen zusammen:

^[Liste]

Großherzogliches Haus 930000 Mark

Landtag 18800 -

Für Reichszwecke 1397865 -

Staatsschuld 327161 -

Verwaltung d. Staatseigentums 320975 -

Staatsverwaltung 2553355 -

Sicherheitsanstalten 189925 -

Landstraßen 345000 -

Gemeinnützige Anstalten 370004 -

Kirche und Schule 90511 -

Kunst und Wissenschaft 260789 -

Insgemein 77025 -

Zusammen: 7696040 Mark.

Die Einnahmen erscheinen folgendermaßen:

^[Liste]

Aus dem fiskalischen Vermögen 2650800 Mark

Aus Hoheitsrechten 767999 -

Landessteuern 2230765 -

Aus der Reichskasse 1895433 -

Insgemein 151043 -

Zusammen: 7696040 Mark

Unter den Erträgen aus dem fiskalischen Vermögen liefern die Staatsforsten 1,270,000 Mk., die angelegten Kapitalien an Zinsen 629,300 Mk. Bei den Steuern bringt die alte Grundsteuer 541,000, die Einkommensteuer 1,596,315 Mk.

Während die Überweisungen von Reichszöllen und -Steuern 1,797,380 Mk. betragen, sind die Matrikularbeiträge an das Reich mit 1,391,565 Mk. angesetzt. Die Universität Jena erfordert einen Beitrag von 156,875 Mk. Gegenüber der Finanzperiode 1887-1889 sind die Staatsbedürfnisse um 949,496 Mk. gestiegen. Diese Steigerung wird wesentlich durch die Erhöhung der Matrikularbeiträge veranlaßt, die allerdings durch eine Erhöhung der Überweisungen aus der Reichskasse ausgeglichen wird. Die Staatsschuld betrug 1. Jan. 1890: 5,844,566 Mk., nur 12,209 Mk. mehr als zu Anfang des Vorjahrs.

Sachsengängerei, die alljährlich im Frühjahr, gewöhnlich vom April ab, erfolgende Wanderung ländlicher und zwar meist unverehelichter weiblicher Arbeiter des östlichen Deutschland nach den westlich der Elbe gelegenen Gegenden, in welchen Zuckerrüben in größerm Umfang gebaut werden und Gelegenheit zu lohnender Beschäftigung bieten (daher auch die Bezeichnung Rübenwanderung). Vornehmlich wenden sich die Wanderarbeiter nach der Provinz Sachsen, woher die Benennung Sachsengänger, ähnlich wie die jeden Sommer zur Torfarbeit wandernden Bewohner der nordwestdeutschen Moore als Hollandgänger (s. d., Bd. 8), bezeichnet werden. Der Rübenbau erfordert viele Arbeitskräfte, insbesondere für das häufige Behacken, dann für die Ernte im Herbst, welche Arbeiten nicht durch Maschinen erfolgen können, und für welche heimische Kräfte nicht oder nur schwer zu gewinnen sind, weil entweder die Zahl der ansässigen Arbeiter nicht groß genug ist, oder weil dieselben sich anderweit lohnendern Beschäftigungen in der Industrie etc. zuwenden. Meist werden die Sachsengänger für den Grundbesitzer durch Agenten angeworben, welche in der Regel früher selbst Sachsengänger gewesen, zum Teil auch in der Gegend, in welcher die Anwerbung erfolgt, einheimisch und daher mit Sprache, Gewohnheiten und Anschauungen der Arbeiter vertraut sind. Dieselben übernehmen gewöhnlich auch die Beaufsichtigung der von ihnen gestellten Leute während der Arbeitszeit, welche bis zur Beendigung der Rübenernte dauert, oder auch bis die Rübenmieten mit Erde beworfen sind. Bei diesem Werbesystem kommen mancherlei Mißstände vor, zumal wenn der Agent auch die Verteilung der Arbeiter besorgt, wenn er die Verköstigung der Arbeiter übernimmt, insbesondere aber, wenn er den von ihm mit dem Rübenbauer geschlossenen Vertrag an kleinere Agenten gegen gewöhnlich nach der Kopfzahl der anzuwerbenden Arbeiter bemessene Entschädigung weiter begibt. Bisweilen verzichtet der Gutsherr, zumal wenn ihm ein tüchtiger Stamm regelmäßig zuwandernder Arbeitskräfte zur Verfügung steht, auf die Vermittelung des Agenten und beauftragt ältere erprobte Arbeiterinnen, welche in ihrer Heimat die Anwerbung sowie die Verwendung der ihnen für Reisekosten etc. übersandten Gelder besorgen. Auch senden wohl Gutsbesitzer eigne Beamte zum Zweck der Anwerbung von Arbeitern nach dem Osten.