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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Saint-Sauveur; Saint-Savinien; Saint-Servan; Saint-Sever; Saint-Simon

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Saint-Sauveur - Saint-Simon.

steller ausgezeichnet. Seit 1881 ist S. Mitglied der französischen Akademie der schönen Künste.

Saint-Sauveur (spr. ssäng-ssowör), Badeort im franz. Departement Oberpyrenäen, Arrondissement Argelès, bei Luz, am Gave de Pau 770 m ü. M. gelegen, mit moderner Kirche, imposanter Brücke, zwei Badeetablissements und Schwefelquellen (22 u. 33° C.), die namentlich als Heilmittel gegen Neuralgien und Dyspepsie in hohem Ruf stehen.

Saint-Savinien (spr. ssäng-ssawiniäng), Stadt im franz. Departement Niedercharente, Arrondissement St.-Jean d'Angély, an der Charente und der Eisenbahn Rochefort-Coutras, mit Steinbrüchen, Schiffbau und (1881) 1419 Einw.

Saint-Servan (spr. ssäng-sserwang), Seestadt im franz. Departement Ille-et-Vilaine, Arrondissement St.-Malo, an der Mündung der Rance in den Kanal La Manche und der Bahnlinie Rennes-St. Malo, wird durch eine Bucht mit Hafenbassin von letzterer Stadt getrennt, hat einen Kriegs- und einen Handelshafen, einen festen Turm aus dem 14. Jahrh. (Solidor), ein Kommunalcollège, besuchte Seebäder, Fabrikation von Seilerwaren, Schiffszwieback, Brauerei, starken Schiffbau, Handel mit Obst, Cider, Salz und Stockfisch und (1886) 9202 Einw. 1886 sind im Hafen 381 beladene Schiffe mit 52,004 Ton. eingelaufen (hiervon 33 Schiffe mit 4247 T. vom Stockfischfang).

Saint-Sever (spr. ssäng-ssöwähr), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Landes, auf einer aus der Adourebene jäh emporsteigenden Anhöhe gelegen, mit Collège, Mineralquellen, Steinbrüchen, Fabrikation von Leinöl, Kerzen und Thonwaren, Weinbau, Handel und (1886) 2458 Einw. Die Stadt verdankt ihren Ursprung einer berühmten, 982 gegründeten Benediktinerabtei und war ehemals die Hauptstadt der Gascogne.

Saint-Simon (spr. ssäng-ssimóng), 1) Louis de Rouvroy, Herzog von, franz. Memoirenschriftsteller, geb. 16. Jan. 1675, trat als Patenkind Ludwigs XIV. in die königlichen Haustruppen, machte 1692 seinen ersten Feldzug unter dem Marschall von Luxembourg mit und focht mit Auszeichnung bei Fleurus und Neerwinden. 1693 folgte er seinem Vater in der Herzogs- und Pairswürde sowie im Gouvernement von Blaye und wurde zum Brigadegeneral befördert. Gegen Ende der Regierung Ludwigs widmete er sich dem Hofdienst und erlangte die Gunst des Herzogs von Orléans, der ihn als Regent 1715 zum Regentschaftsrat ernannte. Er war die Seele der Hofpartei gegenüber der des Parlaments. Nach dem Tode des Regenten zog er sich auf seine Güter zurück und starb 2. März 1755 in Paris. Seine "Mémoires" (Par. 1756-58, 20 Bde.) sind eine Hauptquelle für die Geschichte seiner Zeit und verschafften ihm den (allerdings unverdienten) Namen des "französischen Tacitus". Allein sie enthielten durchaus nicht die ganze litterarische Hinterlassenschaft des Schriftstellers; den größern Teil hatte der Staat in Beschlag genommen und verweigerte die Herausgabe, bis Karl X. der Familie S. die Papiere zustellen ließ. Es erschienen nun die vervollständigten "Mémoires complets et authentiques du duc de S. etc." (Par. 1829-30, 21 Bde.), von denen Chéruel (das. 1856-58, 20 Bde.; neue Ausg. 1873-81, 21 Bde.) und Boislisle (das. 1884 ff., 30 Bde.) noch sorgfältigere Ausgaben veranstalteten; einen Auszug gab Lanneau heraus ("Scènes et portraits etc.", das. 1876, 2 Bde.). Weitere Schriften veröffentlichte Faugère ("Écrits inédits de S.", Par. 1886-88, Bd. 1-7). S. ist einer der kühnsten, unerbittlichsten und geistreichsten Memoirenschreiber. Seine Gemälde sind düster, seine Striche schwarz; da er aber seine Mitteilungen erst nach seiner Entfernung vom Hof asl ^[richtig: als] ein in Ungnade gefallener Edelmann niederschrieb, so scheint er nicht mit der Unparteilichkeit des wahren Geschichtschreibers verfahren zu sein. Vgl. Chéruel, S. considéré comme historien de Louis XIV (Par. 1865); Baschet, Le duc de S. (das. 1874); Cannan, The duke of S. S. (Lond. 1885).

2) Claude Henri, Graf, Gründer der ersten sozialistischen Schule und Begründer des modernen Sozialismus, Enkel des vorigen, geb. 17. Okt. 1760 zu Paris, wurde in glänzenden Verhältnissen erzogen, von hervorragenden Lehrern, unter ihnen von d'Alembert, unterrichtet, trat mit 17 Jahren in den militärischen Dienst und ging mit Bouillé nach Amerika, um unter Washington für die Freiheit der Neuen Welt zu kämpfen. Nachdem er hierauf Amerika bereist und unter anderm vergeblich versucht hatte, den Vizekönig von Mexiko für einen großen Kanalbau zur Verbindung der beiden Weltmeere zu interessieren, kehrte er 1783 nach Frankreich zurück. Hier wurde er Oberst eines Regiments, nahm aber bald seinen Abschied, weil der militärische Beruf ihm nicht zusagte. In den nächsten Jahren beschäftigten ihn die Pläne großartiger Unternehmungen. 1785 reiste er nach Holland, um eine französisch-holländische Expedition gegen die englischen Kolonien in Indien zu stande zu bringen; sein Plan fand die Zustimmung der holländischen Regierung, scheiterte aber an der ungeschickten Behandlung der Sache durch den französischen Gesandten in Holland. 1787 ging er nach Spanien, um die Regierung zu dem Bau eines Kanals zu veranlassen, der Madrid mit dem Meer verbinden sollte; die Regierung zeigte sich dem Projekt geneigt, die Ausführung wurde durch den Ausbruch der französischen Revolution verhindert. Diese wurde für S. verhängnisvoll. Er verlor teils durch die Gesetzgebung über die Vermögensrechte der Grundherren, teils durch direkte Konfiskation, trotzdem er sich von jeder politischen Thätigkeit fern hielt, sein ganzes Vermögen, dessen Rente eine halbe Million Frank betrug. Um seine Existenz zu sichern und ein neues Vermögen zu erwerben, associierte er sich mit einem Grafen Redern und betrieb mit diesem geschäftsmäßig den Verkauf von Nationalgütern. Scheinbar ganz dem Erwerb hingegeben, beschäftigte ihn aber bei seinem großen Ehrgeiz und ungestümen Thatendurst mehr und mehr der Gedanke, etwas Großes für das Wohl der Menschheit zu wirken, die sozialen und moralischen Übelstände im Volksleben zu beseitigen und das allgemeine Völkerglück herzustellen. Schon damals trug er sich mit der Vorstellung, daß man zur Lösung dieser Aufgabe eine neue allgemeine, eine physiko-politische Wissenschaft schaffen müsse. Er fühlte sich berufen, ein neuer Messias der Menschheit zu werden. 1797 schied er aus dem Geschäft mit einer Abstandssumme von 144,000 Fr., um sich fortan dieser Aufgabe zu widmen. Zunächst wollte er sich dafür durch wissenschaftliche Studien und weitere Erfahrungen befähigen. Er studierte mehrere Jahre an der Universität in Paris Naturwissenschaften und Geschichte und bereiste dann England und Deutschland, teils um diese Länder kennen zu lernen, teils um zu sehen, ob hier schon die Anfänge seiner neuen Wissenschaft vorhanden seien. Er fand diese nicht. Nach Paris zurückgekehrt, beschloß er aus eigner Erfahrung auch noch das eheliche Leben und das Dasein eines nur dem Vergnügen und dem Sinnengenuß sich hingebenden Menschen kennen zu lernen. Zu diesem Zweck verheiratete er