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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Samodershez; Samogitien; Samojeden; Samojedenhalbinsel; Samos

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Samodershez - Samos.

fangen genommen und nach Camerun gebracht. Doch blieb Tamasese nicht lange im unbestrittenen Besitz der königlichen Macht. Schon Mitte 1888 riefen die Anhänger Malietoas den Häuptling Mataafa zum König aus. In dem darauf ausbrechenden Bürgerkrieg wurde Tamasese geschlagen und hart bedrängt. Da sich Mataafas Anhänger Ausschreitungen gegen die ansässigen Deutschen sowie Beraubung ihrer Pflanzungen zu schulden kommen ließen, wurden von den beiden im Hafen anwesenden Kriegsschiffen Mannschaften gelandet, von denen eine kleine Abteilung von starken samoanischen Streitkräften überfallen und fast vernichtet wurde, worauf stärkere deutsche Abteilungen landeten und die Rebellen vertrieben. Wie Deutschland, so entsandten auch England und die Vereinigten Staaten Kriegsschiffe zum Schutz ihrer Angehörigen nach S. Der Zustand der öffentlichen Sicherheit ist ein unbefriedigender.

Samodershez (Ssamodershez, russ., Übersetzung des griech. Autokrat), Selbstherrscher; Titel der russischen Kaiser seit Iwan III.

Samogitien (Schamaiten oder Shmud bei den Litauern), eine russ. Landschaft südlich von Kurland, im heutigen Gouvernement Kowno, gehörte seit dem 14. Jahrh. dem Deutschen Orden, kam später an Polen und hat Bewohner, die ihre litauische Volkseigentümlichkeit rein bewahrt haben.

Samojeden ("Selbstesser", d. h. Kannibalen, so von den Russen genannt, während sie sich selbst als Chasowa, Hasawa, d. h. Menschen, bezeichnen) waren früher ein zahlreiches Volk, bewohnen aber jetzt nur noch in einer Zahl von 16,000 Seelen die Küsten des Eismeers vom Weißen Meer bis zur Chatangabucht, während sie früher an der Sajanischen Gebirgskette und am Ob und Jenissei saßen, bis sie von ostjakischen und tatarischen Stämmen zersprengt und nach Norden gedrängt wurden. Sie zerfallen in vier Stämme: den jurakischen, den tawgyschen (Awamsche S.), den jenisseischen und den ostjakischen. Davon sind die beiden ersten Stämme Renntiernomaden, der vierte Stamm ernährt sich vorwiegend durch Jagd und Fischfang, während der dritte an beiden Beschäftigungen teilnimmt. Die nomadisierenden Stämme wohnen unter Zelten, die Jagd und Fischfang treibenden in kleinen Hütten. Außerdem gehören zu den S. noch die Sojoten, Matoren, Koibalen, Karagassen und Kamassinzen an beiden Abhängen des Sajanischen Gebirges und am obern Jenissei. Alle diese Stämme haben ihre eigentümliche Sprache und ihre Sitten bereits aufgegeben und sind größtenteils türkisiert, zu einzelnen Teilen auch burätisiert worden. Sie sind Heiden, die an ein höchstes Wesen (Num) glauben und hölzernen Götzenbildern Opfer bringen. Ihre mächtigen und einflußreichen Schamanenpriester, Tadebi genannt, sind zugleich Ärzte und genießen als Vermittler zwischen den Göttern und Menschen großes Ansehen. Die Behandlung der Frauen ist eine unmenschliche; sie gelten den S. als unreine Personen, die gewisse Teile des Tschum (konisches Zelt aus Renntierhäuten mit einem Loch im Dach zur Ableitung des Rauchs von dem in der Mitte auf dem Boden befindlichen Feuerplatz) gar nicht betreten dürfen. Die Tracht der Männer besteht aus einem weiten und langen Päsk, welcher um den Leib herum durch einen mit Knöpfen und Messingbeschlägen reichverzierten Gürtel zusammengehalten wird. Stiefel und Kopfbedeckung bestehen aus Renntierfell. Die Tracht der Frauen ist ein ziemlich langes, am Leib eng anschließendes Kleid aus Renntierhaut, welches so dünn ist, daß es von der Mitte an in hübschen regelmäßigen Falten herunterfällt; der Rock ist mit Volants oder Fransen von Hundefell besetzt. Das schwarze struppige Haar wird nach hinten in zwei mit Riemen zusammengeflochtene Haarbüschel eingeteilt. Beide Geschlechter sind klein von Wuchs und wetteifern in Unreinlichkeit miteinander (s. Tafel "Asiatische Völker", Fig. 5). Castrén lieferte eine Grammatik ihrer Sprache (Petersb. 1854) sowie ein Wörterbuch (das. 1855). Vgl. Le Bruyn, Historische Nachricht von den S. (Riga 1769); Castrén, Ethnologische Vorlesungen (Petersb. 1857); Friedr. Müller, Grundriß der Sprachwissenschaft, Bd. 2 (Wien 1882).

Samojedenhalbinsel, niedrige, zu Asien gehörige Halbinsel zwischen dem Obischen Busen und der Karasee, nördlich vom Polarkreis bis fast 73° nördl. Br., auch samojedisch Jalmal (Landbande) und (irrtümlich) nach einem Begleiter des Holländers de Vlaming Jelmertland genannt. Im N. vorgelagert die Weiße Insel (Beli-Ostrow), die durch den von Nordenskjöld benannten Malyginsund vom Festland getrennt ist.

Samos (Samo, türk. Sisam Adasy), eine der ansehnlichsten Inseln des Ägeischen Meers, nahe der ionischen Küste, von Kleinasien und dem Gebirge Mykale (Samsun Dagh) nur durch einen kaum 2 km breiten Sund getrennt, umfaßt 468 qkm. Der Osten der Insel ist hügelig, die Mitte wird von N. nach Süden von einem Gebirge durchzogen, das im N. Assoron (jetzt Karvuni, 1140 m), südlich davon Ampelos (jetzt auch Pevka, 750 m) genannt wird. Den Westen erfüllt der 1440 m hohe, ziemlich bewaldete Kerketeus (heute Kerki). An nutzbaren Mineralien kommen Eisenerze, Bleiglanz und Schmirgel vor. Reich ist S. an landschaftlichen Reizen und im Verhältnis zu andern Inseln auch an Wasser, wiewohl der längste Fluß noch nicht 14 km mißt. Die Westspitze der Insel hieß Kantharion (Kap Domenikos), die östliche Poseidion (Kap Gatos); die südliche wird jetzt Kap Kolonna genannt. S. brachte im Altertum Öl, Feigen, Trauben und andre Früchte zur Ausfuhr. Auch heute noch wird bis zu bedeutender Höhe Wein gebaut und ausgeführt; während jedoch im Altertum der samische Wein wenig geschätzt ward, gehört jetzt der weiße Muskatwein aus S. zu den besten der Inselweine. Von sonstigen Naturprodukten werden genannt: der "samische Stein" zum Polieren des Goldes, die bei verschiedenen Krankheiten Heilkraft bewährende "samische Erde" und vor allen der Thon, woraus die in Rom hochgeschätzten samischen Gefäße gefertigt wurden. - Karer und Leleger bewohnten zuerst S., welche frühzeitig durch flüchtige Ionier aus Epidauros verdrängt wurden. Unter ihnen erreichte S. eine hohe Stufe in der Kultur: Architektur und Plastik blühten dort schon im 7. Jahrh. v. Chr. in den Schulen des Rhökos und Theodoros; von ihnen ward die Kunst, das Erz zu gießen und den Edelstein zu bearbeiten, wenn nicht erfunden, so doch wesentlich gefördert. Mit Korinth wetteiferte S. in der Schiffbaukunst, und ein Samier, Koläos, war der erste, welcher angeblich die Säulen des Herkules durchfuhr. Besonders mächtig war die Insel unter Polykrates (532-522), der dort eine bedeutende Seeherrschaft gründete, schließlich aber von dem persischen Satrapen Orötes durch trügerische Versprechungen nach Kleinasien gelockt und hingerichtet wurde. Sein Bruder Syloson unterjochte später die Insel mit persischer Hilfe und beherrschte sie nach grausamer Verwüstung als persischer Satrap, bis sie 479 durch die Schlacht von Mykale frei wurde. Dem Attischen Seebund gehörte sie als nicht steuerzahlendes Glied an,