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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Saturnalien; Saturnia; Saturninus; Saturnischer Vers; Saturnismus; Saturnus; Saturnzinnober; Sátyrdrama

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Saturnalien - Satyrdrama.

Sonne durchgeht; so im Oktober 1891 und 1907. In neuester Zeit will Lamey noch vier weitere Ringe entdeckt haben, deren äußerster zwischen dem vierten und fünften Mond liegen soll; doch bedarf diese Entdeckung noch der Bestätigung. Über die Entdeckung der acht Monde des S., die Abstände dieser Monde vom Hauptplaneten und ihre Umlaufszeiten s. Planeten. Merkwürdig ist der Umstand, daß die Umlaufszeit des dritten Mondes (Tethys) ziemlich genau doppelt so groß als die des ersten (Mimas), die des vierten (Dione) doppelt so groß als die des zweiten (Enceladus) ist. Über die materielle Beschaffenheit des S. kann man sich nur eine sehr unsichere Vorstellung machen. Theoretische Untersuchungen über die Stabilität des Ringsystems haben Peirce zu der Annahme geführt, daß die (hellen) Ringe aus einer Flüssigkeit von wahrscheinlich größerer Dichte als Wasser bestehen, während die Ringe nach Maxwell und Hirn aus kleinen, selbständig um den Planeten laufenden Körpern bestehen. Der Planet selbst zeigt parallel dem Äquator Streifen, ähnlich wie Jupiter, doch weniger deutlich, die für die Anwesenheit einer Wasserdampf enthaltenden Atmosphäre sprechen; auch die Beschaffenheit des allerdings nur schwachen Spektrums des Planeten spricht dafür, denn es treten in ihm atmosphärische, dem Wasserdampf zugehörige Absorptionsstreifen auf, und zwar weniger stark in der Nähe der Ringe. Auf meteorologische Vorgänge deutet auch die Änderung der Lichtreflexion in den Polarregionen des S. während des (dort nahezu 15jährigen) Winters. - Mit dem Namen und dem Zeichen (♄) des S. bezeichneten die alten Chemiker das Blei. Vgl. Proctor, S. and its systems (2. Aufl., Lond. 1882); W. Meyer, Le système de S. (Genf 1884).

Saturnalien (Saturnalia), Fest der alten Latiner, welches der Sage nach zum Andenken an den glücklichen Naturzustand der Menschen in Freiheit und Gleichheit zur Zeit der Regierung des Saturnus (s. d.) eingesetzt wurde. Ohne Zweifel waren die S. ursprünglich ein Fest der Sonnenwende und zugleich eine Art von Neujahrsfest. Regelmäßig gefeiert wurden sie erst seit 497 v. Chr.; der eigentliche Festtag war ursprünglich der 17. Dezember, doch scheint die Feier sieben Tage gedauert zu haben. Augustus setzte drei Tage (17.-19. Dez.) dafür an, unter Tiberius kam noch ein vierter und unter Caligula ein fünfter hinzu. Während der ganzen Festdauer waren alle öffentlichen und Privatgeschäfte eingestellt, die Arbeit ruhte, und ungezügelte Freiheit herrschte überall. Den Gefangenen wurden die Ketten abgenommen, die Sklaven durften mit ihren Herrschaften zu Tische sitzen und wurden sogar von diesen bedient. Die Wohlhabenden hielten offene Tafel, und die Schmausenden bekränzten sich mit Myrtenlaub und beschenkten einander mit Rosen und andern Gaben; auch im häuslichen Kreis fanden gegenseitige Bescherungen statt (daher wohl unsre Weihnachtsgeschenke). Auch Spiele, namentlich Wettrennen im Zirkus, Gladiatorengefechte und Mummenschanz (der dem spätern römischen Karneval seine Entstehung gab), waren mit diesem Fest verbunden.

Saturnia Schrank, Schmetterlingsgattung aus der Familie der Spinner (Bombycidae), ausgezeichnet durch sehr große und breite Flügel, welche in der Mitte mit einem runden Augen- oder einem großen, keilförmigen Glasfleck geschmückt sind. Die fast nackten, nur mit behaarten Warzen versehenen Raupen spinnen sehr dichte, flaschenförmige Kokons. Die Gattung ist in allen Erdteilen, besonders zahlreich in Amerika, vertreten. Europäische Arten sind: das Wiener Nachtpfauenauge (S. piri), das kleine Nachtpfauenauge (S. carpini); von mehreren außereuropäischen Arten benutzt man die Kokons zur Gewinnung von Seide.

Saturninus, Lucius Apulejus, röm. Volkstribun 100 v. Chr., der im Verein mit dem Prätor Servilius Glaucia und anfangs unter dem Schutz des Gajus Marius, der in diesem Jahr sein sechstes Konsulat bekleidete, eine Reihe aufrührerischer Gesetze gab, endlich aber von den Senatoren und einer Menge ordnungsliebender Bürger unter Führung des Marius genötigt wurde, mit seinem Anhang erst auf dem Kapitol, dann im Tempel des kapitolinischen Jupiter eine Zuflucht zu suchen. Hier wurden aber die Aufrührer dadurch, daß man ihnen das Wasser abschnitt, zur Übergabe gezwungen und dann in der Hostilischen Kurie erschlagen.

Saturnischer Vers (Saturninischer Vers), Versmaß, in welches nach dem Schema:

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das aber mit großer Freiheit behandelt ward, die ältesten Volksdichtungen der Römer eingekleidet waren. Man findet es in den Liedern der Arvalischen Brüder, der Salier und in andern alten Schriftdenkmälern (z. B. den Grabschriften der Scipionen etc.), auch in der Übersetzung der Odyssee von Livius Andronicus, in dem "Ersten Punischen Krieg" des Nävius und in Varros Satiren. Zwar haben sich schon die alten Metriker über das eigentliche Wesen dieses Verses nicht zu einigen vermocht; doch scheint sicher, daß der Accent keineswegs (wie man meist annimmt) das alleinige Regulativ dieses Verses war. Vgl. Bartsch, Der saturnische Vers und die altdeutsche Langzeile (Leipz. 1867); Luc. Müller, Der saturnische Vers und seine Denkmäler (das. 1885), und die Schriften von O. Keller (2 Abhandlungen, Prag 1883 u. 1886), Thurneysen (Halle 1885).

Saturnismus, s. Bleivergiftung.

Saturnus ("Säer"), ein altitalischer Saat- und Erntegott, mit einer Sichel als Symbol, Gemahl der Ops, Vater des Picus. Die spätere Zeit identifizierte ihn mit dem griechischen Kronos, der, von Zeus gestürzt, übers Meer nach Latium kam, von Janus aufgenommen, sich als König unter dem nachmaligen Kapitol ansiedelte und den Einwohnern den Ackerbau und seine Segnungen brachte, dann aber wieder verschwand. Unter seiner Regierung dachte man sich das goldene Zeitalter. Mit seiner Gemahlin Ops, die später mit Rhea identifiziert wurde, hatte er am Fuß des Kapitols einen von dem letzten Tarquinius an Stelle eines uralten Altars erbauten Tempel, unter dem sich der römische Staatsschatz (aerarium Saturni) befand, und von dem noch acht Säulen übrig sind. Das Bild des S. war das ganze Jahr hindurch, mit Ausnahme seines Festes, an den Füßen mit wollenen Binden umwickelt; man opferte ihm nach griechischem Ritus mit entblößtem Haupt. Sein eigentliches Fest waren die Saturnalien (s. d.).

Saturnzinnober, s. Mennige.

Sátyrdrama (Satyrspiel), eigentümliche Gattung des griechischen Dramas, welche seit Äschylos' Zeit in Verbindung mit der tragischen Trilogie, gleichsam als deren erheiterndes Nachspiel, vornehmlich auf der attischen Bühne Eingang fand, und bei welcher Satyrn den Chor bildeten (daher der Name). Die Erfindung und erste Ausbildung des Satyrdramas als einer besondern Dichtungsart wird dem Pratinas zugeschrieben, welchem Chörilos, Phrynichos, Äschylos u. a. folgten. Von den sämtlichen dieser