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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schiffahrtskunde – Schiffbaukunst

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Schiffahtrskanäle'

Weichselregulierung, der Hauptsache nach im Landeskulturinteresse, bestimmt waren. Die Einnahmen der preuß. Wasserbauverwaltung, die größtenteils, da die Schiffahrt auf offenen Strömen frei ist, aus Kanal-, Schleusen- und Brückengeldern herrühren, wurden 1894/95 auf 3,3 Mill. M. taxiert.

Die Benutzung von S. ist in den meisten Staaten nach Maßgabe der Gewerbegesetzgebung geordnet. Im Deutschen Reiche werden außerdem Schifferpatente für gewisse Stromgebiete erteilt. Ziemlich zahlreiche deutsche Interessentenkreise haben sich für Einführung des Befähigungsnachweises für Schiffer ausgesprochen. Für das Deutsche Reich ist ein Binnenschiffahrts- und ein Flößereigesetz dem Reichstage in der Session 1894/95 vorgelegt worden, das namentlich die schwierigen und vielumstrittenen Fragen der Haftpflicht regeln soll. Bis zum Erlaß dieses Gesetzes werden von den Gerichten neben den lokalen Gesetzgebungen die Vorschriften des Allgemeinen Handelsgesetzbuches angewendet.

Geschichte. Die ältesten S. finden sich in China, wo sie Abzweigungsgerinne der Flüsse bilden, die meist in Aufdämmungen die Landfläche überragend quer durch diese geführt sind. Der erst im 7. Jahrh. n. Chr. vollendete Kaiserkanal (s. d.) ist 250 Meilen lang, 60–300 m breit, bis 3 m tief, verbindet den Pei-ho mit dem Hoang-Ho und Jang-tse-kiang und ist die Hauptverkehrsader dieses Reichs. Zur Überwindung der Höhenunterschiede finden sich geneigte Ebenen von etwa 2 m Höhe, an welchen durch eine Schütze das Wasser der höher liegenden Wasserhaltung rückgestaut, durch Aufziehen der Schütze das untere Fahrwasser gehoben, das obere gesenkt und so ein vorübergehender Übergang aus einem Wasserspiegel in den andern ermöglicht wird. Die Bewegung der wohl nur kleinen Fahrzeuge auf denselben erfolgt durch Aufziehen mittels Seilen, wozu 16–20 Mann verwendet werden. Weitere Bauten findet man in Ägypten (s. Sueskanal). Herodot giebt fünf natürliche und zwei künstliche Kanäle des Nildeltas an, die er als Hauptwege bezeichnet. An und neben den Hafenbauten der Römer finden sich Kanäle. Ein solcher verband den Hafen von Ostia (630 v. Chr. erbaut) mit der Tiber. Ein anderer verband die Donau zwischen Cernavoda und Küstendže mit dem Meere. Sie planten und begannen die Durchbrechung der Landenge von Sues. Marius (104 v. Chr.) setzte durch einen Kanal die Rhône mit dem Golf von Fos in Verbindung. Claudius Drusus (12 v. Chr.) ließ als Hilfsmittel zur Besiegung der Friesen am untern Rhein eine künstliche Wasserstraße in die Yssel und eine solche zur Verbindung des Rheins mit der Nordsee ausführen. In Deutschland plante und begann Karl d. Gr. (768-814) die Verbindung der Donau mit dem Rhein. Großartiges leisteten später die ital. Republiken, die Holländer, ihnen folgten die Franzosen, Engländer und Nordamerikaner.

Litteratur. Kurs, Tabellarische Nachrichten über die schiffbaren und die flößbaren Wasserstraßen im Deutschen Reich (Berl. 1894); Wochenschrift «Das Schiff» (Dresden-Berlin); Wochenschrift «Danubius» (Wien); Schlichting, Die Wasserstraßen Frankreichs (Berl. 1889); Statistiek der Scheepvaartbeweging op de Rivieren en Kanalen in Nederland (Haag); Annuaire de l’Association mutuelle du commerce et de l’industrie (Brüssel).

Schiffahrtskunde, s. Nautik; in weiterm Sinne rechnet man auch die Seemannschaft (s. d.) zur S. ↔

Schiffahrtsordnung, Benennung für die Polizeiverordnungen, welche den Schiffsverkehr, besonders innerhalb der Häfen, regeln.

Schiffahrtsprämien, Subventionen von seiten eines Staates zur Hebung der Schiffahrt der eigenen Flagge. S. werden in verschiedenen Ländern, z. B. in Frankreich, in Deutschland, in Nordamerika, Österreich, Italien, gezahlt. In England wird nur eine geringe Schiffsprämie an solche Dampferlinien gezahlt, deren Schiffe als Hilfskreuzer für den Kriegsfall eingerichtet sind; sie beträgt 15 Sh. für die Registertonne. In Frankreich werden S. als Bauprämien für im Inlande erbaute Schiffe, als Reiseprämien für in Frankreich gebaute und auf langer Fahrt gebrauchte Dampfer, und als Postprämien für bestimmte Postdampferlinien gewährt. Die Postprämien sind sehr hoch, sie legen den Schiffen aber auch bestimmte Forderungen auf, z. B. Innehalten einer Fahrgeschwindigkeit und Bereitsein zum Kriegsdienste als Hilfskreuzer.

In Deutschland ist vom Reichskanzler 1886 ein Vertrag mit dem Norddeutschen Lloyd abgeschlossen und 1893 ergänzt worden, der die Unterhaltung deutscher Postdampferlinien nach Ostasien und Australien bezweckt. Die genannte Gesellschaft empfängt jährlich für den Betrieb der Linien nach Hong-kong und Jokohama sowie nach Sydney und nach den deutschen Südseekolonien 4090000 M. aus der Reichskasse. Außerdem erhält die Deutsche Ostafrikalinie (Aktiengesellschaft, vormals Woermann) für die Postdampferverbindung mit Ostafrika seit 1891 jährlich 900000 M. aus der Reichskasse. Die Verträge enthalten nur sehr mäßige Anforderungen an die Geschwindigkeit der Schiffe. Die neuen Dampfer der subventionierten Linien müssen in Deutschland gebaut und zur höchsten Klasse beim Germanischen Lloyd klassifiziert sein. Kriegsdienstverpflichtungen sind ihnen nicht auferlegt.

Schiffahrtsschulen, Schulen, in denen die Schiffahrtskunde (s. Nautik) gelehrt wird. Für Seeleute heißen diese Schulen Navigationsschulen (s. d.), für Flußschiffer Schifferschulen (s. d.).

Schiffahrtsverträge, gewöhnlich in Verbindung mit Freundschafts- und Handelsverträgen (s. d.) vorkommende Vereinbarungen über gegenseitige Eröffnung des Seegebietes (s. d.) und der Flußläufe und Erleichterung der auf der Schifffahrt ruhenden Lasten. Nachdem als Niederschlag dieser nach allen Seiten eingegangenen und stetig erneuerten Vereinbarungen die Freiheit des überseeischen Verkehrs allgemeiner Grundsatz des europ. Völkerrechts geworden und die Freiheit der Schifffahrt auf den mehrere Staaten durchströmenden Flüssen durch allgemeine Vereinbarungen positiv geordnet ist, bleiben als Gegenstände der S. nur Zugeständnisse über die Küstenschiffahrt und die Benutzung der territorialen Flüsse sowie über die von der Schiffahrt als solcher erhobenen Abgaben, während Bestimmungen über die Warenzölle unter die Handelsverträge fallen. Eine weitere Bedeutung aber haben die S. immer noch im Verhältnis zu denjenigen außereurop. Staaten, welche der Gemeinschaft des Europäischen Völkerrechts (s. d.) nur durch positive Vereinbarungen angegliedert sind.

Schiffbau, s. Schiff und Schiffbaukunst.

Schiffbaukunst, die Kunst, zweckentsprechende Schiffe zu bauen. Sie beruht darauf, aus einem Material von größerm specifischem Gewicht als Wasser dauerhafte Gebäude zu konstruieren, die nicht

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 442.