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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schiffsvermögen - Schiiten.

letzteres nicht der Fall ist, so bedarf es, um vom Deplacement auf das Schiffsgewicht zu schließen, noch der Multiplikation mit dem spezifischen Gewicht des Wassers, in welchem das Schiff schwimmt. Das Gewicht an Ladung, die ein Schiff bei normaler Wasserlinie an Bord hat, oder dessen Tragfähigkeit in Tonnen ist demnach gleich der Differenz seines Deplacements mal dem spezifischen Gewicht des Seewassers und seines Eigengewichts, und dies würde ein geeignetes Maß für die Tragfähigkeit sein, wenn das Schiff stets bis zur normalen Wasserlinie beladen würde. Letzteres ist jedoch nur selten der Fall, ausgenommen bei Kriegsschiffen, bei denen infolge dessen die sogen. Deplacementstonne zweckmäßig und üblich ist. Bei Handelsschiffen, die oft stärker, aber auch schwächer beladen werden, bestimmt man die Ladefähigkeit durch die Angabe seines innern Volumens oder seines Stauvermögens. Ursprünglich gab man die Anzahl Tonnen oder Fässer von bestimmter Größe an, welche bei vorteilhaftester Packung in dem Schiff untergebracht werden konnten (Tonnengehalt). Später kombinierte man gewisse Abmessungen des Schiffs zu einer Formel, die unter Benutzung von empirisch festgestellten Koeffizienten die Maßzahl für den Tonnengehalt ergaben. Die wichtigste dieser Formeln war die sogen. builder's old measurement rule oder die ältere Regel nach den vom Erbauer gegebenen Abmessungen (B. O. M). In der BOM-Formel kommt außer einigen Koeffizienten nur die Länge und Breite des Schiffs vor und zwar letztere im Quadrat, da für das Verhältnis zwischen Breite und Tiefgang ein gewisses Verhältnis angenommen wurde. Da jedoch die Innehaltung dieses Verhältnisses nicht obligatorisch war, so pflegte man die in der BOM-Formel nicht vorkommende vertikale Dimension möglichst groß zu wählen, so daß zwei Schiffe von derselben Länge und Breite, aber verschiedener Höhe denselben Tonnengehalt haben, während dasjenige mit der größern Höhe in der That das größere Stauvermögen besitzt. Bei den andern Nationen waren ähnliche Formeln im Gebrauch, von denen einige die vertikale Dimension berücksichtigten, ohne indessen das Stauvermögen des Schiffs wirklich genau anzugeben. Durch die Ungenauigkeit der lange gebräuchlichen BOM-Formel fanden die Schiffsbesitzer ihre Rechnung, während dem Fiskus bedeutende Ausfälle an den Gebühren erwuchsen, welche nach der Größe des offiziellen Stauvermögens zu berechnen waren, und gleichzeitig die Entwickelung des Schiffbaues auf abschüssige Bahnen gelenkt wurde. Da nun auch die Verschiedenheit der Vermessungsmethoden als ein bedeutendes Hindernis im internationalen Verkehr empfunden wurde, führte die englische Regierung das rationellere System für die S. von Moorsom ein, welches von fast allen seefahrenden Nationen acceptiert worden ist. Nach demselben wird das Stauvermögen eines Schiffs durch Ausmessung seines innern Volumens fast mathematisch genau in englischen Kubikfußen ermittelt; die erhaltene Anzahl Kubikfuß, geteilt durch 100, liefert die Anzahl der Brutto-Registertonnen. Hiernach ergibt sich als Einheit für die Registertonne oder Moorsomsche Tonne ein Volumen von 100 Kubikfuß englisch. In Deutschland und Frankreich erfolgt die Vermessung nach Metern und die Reduktion der erhaltenen Anzahl Kubikmeter zu Registertonnen durch Division mit 2,83. Die Schiffsräume, welche zur Unterbringung von Waren nicht benutzt werden können, werden vom Bruttotonnengehalt abgezogen, und dadurch ergibt sich der Nettotonnengehalt, und dieser wird jedem Schiff in seinem Meßbrief (Schiffscertifikat) amtlich attestiert, nachdem dessen Vermessung durch Beamte nach gesetzlich vorgeschriebenem speziellen Verfahren stattgefunden hat. Da unter Umständen die Tonnengelder indessen auch nach dem Bruttotonnengehalt erhoben werden, so figuriert letzterer ebenfalls im Meßbrief eines Schiffs. Dem vollständigen Vermessungsverfahren steht ein abgekürztes gegenüber, welches dann für zulässig erachtet wird, wenn der innere Schiffsraum aus irgend welchen Gründen, z. B. durch das Vorhandensein von Ladung, für die vollständige Vermessung nicht zugänglich ist und ein Meßbrief etwa wegen Verlustes desselben nicht vorgelegt werden kann. Sobald jedoch der Grund für die Zulässigkeit des abgekürzten Verfahrens beseitigt ist, muß dasselbe durch das vollständige Verfahren ersetzt werden. Nach der Schiffsvermessungsordnung für das Deutsche Reich vom 20. Juni 1888 erfolgt die S. durch die von den einzelnen Landesregierungen bestellten Vermessungsbehörden (Steuer- und Zollämter), die Revision der Schiffsvermessungen und die Aufsicht über das Schiffsvermessungswesen ist Sache des kaiserlichen Schiffsvermessungsamtes in Berlin, welches dem Reichskanzler unterstellt ist. Zwischen Deutschland einerseits und Dänemark, Österreich-Ungarn, Nordamerika, Frankreich, England, Rußland, Schweden, Italien und Spanien anderseits findet wechselseitige Anerkennung der Schiffsmeßbriefe statt. Vgl. "Vermessung der Seeschiffe" (hrsg. im Reichsamt des Innern, Berl. 1889).

Schiffsvermögen, Bezeichnung für Schiff u. Fracht, d. h. bei einer Seereise das dabei in Betracht kommende Schiff und die damit auf ebendieser Reise vom Reeder verdienten Frachtgelder. Den Gegensatz zum S. (Fortune de mer) bildet das Landvermögen (Fortune de terre) des Reeders. Insoweit der Reeder dritten Personen für den Schaden verantwortlich ist, welcher diesen von einer Person der Schiffsbesatzung durch deren Verschulden zugefügt wird, haftet derselbe nur mit dem S. Der Schiffsgläubiger (s. d.) hat am S. ein privilegiertes Pfandrecht. Vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 452 ff.

Schiffswerftkäfer, Eichenwerftkäfer, s. Holzbohrer.

Schiffswurm, s. Bohrmuscheln.

Schiffszwieback, s. Zwieback.

Schifftrüb, s. v. w. Kühlgeläger, s. Bier, S. 916.

Schiff und Geschirr, das ganze Inventarium, insbesondere das Fuhrwerk und dessen Bespannung auf einem Landgut.

Schiften (Anschiften, Schmiegen), zwei Hölzer ohne besondere Verbindung, nur durch Nägel und meist in schräger Richtung, aneinander befestigen.

Schigatze, Stadt, s. Digardschi.

Schiiten (Mehrzahl von "Schiä"), mohammedan. Sekte, welche im Gegensatz zu den Sunniten Ali, den Sohn Abu Talebs, den Schwiegersohn des Propheten, als den rechtmäßigen Nachfolger Mohammeds anerkennen und die ersten drei Kalifen: Abu Bekr, Osman und Omar, als Usurpatoren betrachten und verdammen. Bald nach dem Tod Mohammeds entstanden, trat die Sekte erst dann öffentlich auf, als die Verfolgung der Aliden durch die ersten Omejjaden einen Teil der Moslemin zum Rachekampf herausforderte. In Persien, wohin die Aliden sich zuerst flüchteten, und wo das verletzte Nationalgefühl den Arabismus besonders haßte, fand der Schiismus die größte Ausbreitung und wurde durch den Schah Ismael al Safi (s. Persien, S. 873) zur Staatsreligion erhoben. Aus dem Successionsstreit hat sich mit der Zeit auch eine Differenz der Dogmen ergeben: