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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schildkröteninseln - Schilfsänger.

lenken die Kreisbewegungen des Himmels. Später erhielt die Schildkröte auch Bedeutung für das Familienleben; sie ist Sinnbild des Hauses und erscheint auch als solches bei der Venus, dann als Symbol der Frau, auch des Eigentums. Vgl. Schneider, Allgemeine Naturgeschichte der S. (Leipz. 1783); Agassiz, North-American Testudinata and embryology of the turtle (Boston 1857); Strauch, Chronologische Studien (Petersb. 1862); Sowerby und Lear, Tortoises, terrapins and turtles drawn from life (Lond. 1872); Schreiber, Herpetologia europaea (Braunschw. 1875).

Schildkröteninseln, s. Galapagos u. Tortugas.

Schildläuse (Scharlachläuse, Coccina Burm.), Insektenfamilie aus der Ordnung der Halbflügler, parasitisch lebende Tiere, deren Männchen, welche viel seltener als die Weibchen und von manchen Arten gar nicht bekannt sind, borsten- oder schnurförmige Fühler, einen verkümmerten Rüssel, meist verkümmerte Hinterflügel, zweigliederige Tarsen, nicht selten zwei lange Schwanzborsten und zwischen ihnen die Rute besitzen; sie saugen sich als kleine, bewegliche Larven auf der Futterpflanze fest, bohren ihren langen Rüssel tief in deren Gewebe ein und nähren sich von dem Pflanzensaft; sie fertigen im erwachsenen Zustand einen Kokon oder schwitzen ein schützendes Schild aus und verwandeln sich in eine ruhende Puppe, die in kurzer Zeit das geschlechtsreife Insekt liefert, welches nur kurze Zeit lebt und keine Nahrung zu sich nimmt. Die Weibchen zeigen nur als Larven deutlich den Charakter der Ordnung. Ihre Larven saugen sich auf der Futterpflanze fest und verlassen diesen Platz nicht wieder. Die Tiere schwellen bei weiterer Entwickelung und besonders nach der Begattung, die bei einigen Arten fortfällt, stark an, die Gliederung schwindet, Fühler und Beine werden undeutlich, und nun bilden sie ein mit den Rändern an die Epidermis der Pflanze fest anschließendes Schild, unter welchem, oft in einem Filz eingebettet, die Eier abgelegt werden. Manche schwitzen auch auf dem Rücken ein schützendes Schild aus, während die asselförmigen S. nur bereift sind. Meist haftet das Weibchen auch nach dem Tod als schützendes Schild auf den Eiern, und die Jungen verlassen dasselbe erst nach der ersten Häutung. Die meisten S. gehören wärmern Ländern an, mehrere Arten aber werden durch massenhaftes Auftreten auch bei uns auf Eichen, Rosen, Apfel- und Birnbäumen, Pfirsich-, Pflaumen-, Maulbeerbäumen, Oleander, Lorbeer, Ananas, Orangen, am Weinstock etc. schädlich. Zur Entfernung derselben wendet man Tabakwasser und andre ähnliche Flüssigkeiten an und wäscht die getöteten S. mit Pinsel, Bürste oder Schwamm ab. Mehrere Arten gewähren auch Nutzen, wie die Kochenille (Coccus cacti, s. d.), die Kermesschildlaus (C. ilicis, s. Kermes), welche als Farbeware, wie ehemals auch die polnische Kochenille (Johannisblut, Porphyrophora polonica, s. Kochenille), benutzt wird, die Lackschildlaus (Coccus Lacca), welche den Gummilack erzeugt, C. manniparus, die durch das Anstechen von Tamarix die Bildung von Manna veranlaßt, etc.

Schildlehen, s. Fahnenlehen.

Schildmädchen, s. v. w. Walküren (s. d.).

Schildmauer, s. Gewölbe, S. 311, u. Mauerwerk.

Schildpatt (Schildpadd, Schildkrot), die hornartigen, aus verdickter Epidermis bestehenden obern Platten des Rückenschildes mehrerer Seeschildkröten, besonders der Chelonia imbricata, welche durch Erhitzen von dem Rückenschild abgelöst werden. Das S. ist 3-6,5 mm dick; ein ausgewachsenes Tier liefert davon höchstens 4 kg und zwar 13 Blätter, von denen 8 ganz flach und die 4 größten etwa 48 cm lang sind. Das S. ist halbdurchsichtig, heller oder dunkler gelb mit braunen Flecken und Zeichnungen, es ist in der Kälte spröde, aber biegsamer und dichter als Horn, läßt sich in der Wärme erweichen und zusammenschmelzen und nimmt schönere Politur an als Horn; das blasse S. vom Bauchschild wird zwar auch benutzt, hat aber nur geringen Wert. Man verarbeitet das S. wie Horn, vor welchem es sich durch größere Durchsichtigkeit, Dauerhaftigkeit und besonders auch dadurch auszeichnet, daß es nicht abblättert. Das beste S. kommt von den ostindischen Inseln, sehr viel liefert auch das Rote Meer, Westindien und Südamerika. Durch Färben und Beizen von Hornplatten und Gelatinefolien hat man Surrogate des Schildpatts hergestellt; auch wird es aus Horn imitiert. Vgl. Andés, Verarbeitung des Horns, Schildpatts etc. (Wien 1885).

Schildpattinseln, s. Togianinseln.

Schildviper, s. v. w. Brillenschlange.

Schildwache (Schildwacht, franz. Sentinelle, Factionnaire), eigentlich der vor jeder Wache stehende Posten vor dem Gewehr, der ehemals die hier aufgehängten Schilde zu bewachen hatte; im weitern Sinn jeder aufgestellte Einzelposten im Garnison- und Lagerdienst. Die Schildwachen sind, da sie als Vertreter der Staatsgewalt stehen, unverletzlich und können gegen jeden, der sie thätlich angreift oder sich ihren Anordnungen widersetzt, wenn ihnen kein andres Mittel zur Erzwingung des Gehorsams bleibt, ihre Waffen gebrauchen. Eine S. darf nie die Waffe aus der Hand lassen, sich nicht weiter, als ihr ausdrücklich befohlen wird, vom Posten entfernen, mit niemand, soweit es nicht der Dienst erfordert, reden, sich nicht setzen, nicht essen, trinken, keine Geschenke annehmen etc.

Schildzapfen, s. Geschütz, S. 215.

Schilf, hohe, dickhalmige, in Gewässern und an nassen Stellen wachsende Gräser mit schneidenden Blättern, besonders Arundo Phragmites.

Schilffink, s. Amadinen.

Schilfglaserz, s. Freieslebenit.

Schilfmeer, s. Rotes Meer, S. 995.

Schilfsandstein, s. Triasformation.

Schilfsänger (Rohrsänger, Acrocephalus Naum.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel, der Familie der Sänger (Sylviidae) und der Unterfamilie der Schilfsänger (Calamoherpinae), sehr schlank gebaute Vögel mit gestrecktem, schmalem, flachstirnigem Kopf, kleinem, geradem, kegel- oder pfriemenförmigem, auf der Firste sehr leicht gekrümmtem, an den Seiten komprimiertem Schnabel, kurzen, abgerundeten Flügeln, in denen die zweite und dritte Schwinge am längsten sind, mittellangem, keilförmig zugespitztem Schwanz, starken, mittellangen Füßen, kräftigen Zehen und großen, gekrümmten Nägeln. Der Drosselrohrsänger (Rohrdrossel, Wassernachtigall, Rohrsperling, Weidendrossel, A. turdoides Cab.), 21 cm lang, 29 cm breit, oberseits dunkelbraun, unterseits rostgelblichweiß, an der Kehle und Brustmitte heller, Schwingen und Schwanzfedern dunkelbraun, letztere am Ende fahlweißlich gesäumt; das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel hornbraun, unten gelblich, der Fuß bräunlich. Er findet sich in allen wasserreichen Gegenden Süd- und Mitteleuropas und Westasiens, weilt bei uns von Ende April bis September und geht im Winter bis Südafrika. Er lebt an Gewässern, in