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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schlich - Schliemann.

Bleiweiß, starke Bierbrauerei, Holzhandel und (1885) 3613 fast nur evang. Einwohner. - S. war von 1245 bis 1583 Sitz der Hauptlinie der Grafen von Henneberg und gehörte bis 1815 zum königlich sächsischen Anteil der ehemaligen Grafschaft Henneberg, seitdem zu Preußen. Vgl. Geßner, Geschichte der Stadt S. (Schleusing. 1861); Schott, Statistik des Kreises S. (Suhl 1882).

Schlich (Schlieg), bei der Aufbereitung (s. d.) erfolgendes, gepochtes und durch Waschen völlig gereinigtes mehr oder weniger feines Erz (Sande, Mehle, Schlämme); je nachdem es trocken oder naß gepocht ist, heißt es trockner oder nasser S.

Schlichte, klebrige Flüssigkeit, mit welcher man die Kettenfäden beim Weben zu tränken pflegt, um sie glatt, etwas steif und hart zu machen. Vgl. Weben.

Schlichtegroll, Adolf Heinrich Friedrich, Gelehrter und Schriftsteller, geb. 8. Dez. 1765 zu Waltershausen bei Gotha, studierte in Jena Philologie und Theologie, dann zu Göttingen vorzüglich Altertumswissenschaften, ward 1797 Lehrer am Gymnasium und 1801 auch Bibliothekar sowie Direktor des Münzkabinetts zu Gotha, später Generalsekretär der Akademie der Wissenschaften zu München und starb daselbst als Direktor der Hofbibliothek 4. Dez. 1822. Litterarisch hat er sich besonders durch seinen "Nekrolog der Deutschen" (nebst Supplementen, Gotha 1790 bis 1806, 28 Bde.) und die "Annalen der Numismatik" (das. 1804-1806, 2 Bde.) bekannt gemacht.

Schlichtingsheim, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, Kreis Fraustadt, hat eine altertümliche evang. Kirche mit Holzschnitzereien, zahlreiche Windmühlen, Schuhmacherei und (1885) 922 Einw. S. wurde 1642 für vertriebene Schlesier angelegt.

Schlichtkrull, Aline von, Romanschriftstellerin, geb. 20. Nov. 1832 auf der Insel Rügen als die Tochter eines begüterten Edelmanns, ging zu ihrer weitern Ausbildung gegen den Willen ihres Vaters nach Berlin, wo sie ihren Lebensunterhalt durch Musikunterricht erwarb und sich besonders mit Elise Schmidt, der bekannten dramatischen Vorleserin, befreundete, starb aber daselbst bereits 5. März 1863. Ihre vorzüglichsten Werke sind: "Kardinal Richelieu" (Görl. 1855, 4 Bde.), "Cordelia" (das. 1857, 3 Bde.) und "Der Agitator von Irland" (Berl. 1859, 4 Bde.), worin sie ein bedeutendes Talent für den historischen Roman bekundet. Außerdem veröffentlichte sie die Romane: "Eine verlorne Seele" (Görl. 1853, 4 Bde.) und "Morton Varney" (Berl. 1855, 2 Bde.), "Laterna Magica", Novellen (das. 1860), und den Schwank "Wie ein Staat gerettet wird" (das. 1871).

Schlichtmaschine, s. Weben.

Schlick, s. Marschland.

Schlieben, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, Kreis Schweinitz, hat ein Amtsgericht, Weberei, Hopfenbau und (1883) 1824 Einw. In der Nähe große heidnische Grabstätten.

Schliefer, s. Klippschliefer.

Schlieg, s. v. w. Schlich.

Schliemann, Heinrich, Altertumsforscher, geb. 6. Jan. 1822 zu Neubuckow in Mecklenburg-Schwerin als der Sohn eines Predigers, erhielt seine erste Bildung in Neustrelitz, war fünf Jahre lang Kaufmannslehrling in Fürstenberg, ließ sich dann auf ein nach Venezuela bestimmtes Schiff anwerben, litt aber an der holländischen Insel Texel Schiffbruch und sah sich unter den größten Entbehrungen genötigt, in Amsterdam eine kleine Büreaustelle anzunehmen. Hier gelang es seinem Wissensdurst, sich nach und nach die Kenntnis der modernen europäischen Sprachen anzueignen; Anfang 1846 konnten ihn seine Prinzipale schon als Agenten nach Petersburg schicken, und hier gründete er das Jahr darauf ein Haus auf eigne Rechnung. Nachdem er trotz eines umfangreichen Geschäftsbetriebs seine Sprachenkunde erweitert und sich auch das Altgriechische angeeignet hatte, bereiste er den europäischen Kontinent, Syrien und Ägypten und kam 1859 zum erstenmal nach Griechenland. In den Besitz eines großen Vermögens gelangt, unternahm er 1864 eine Reise um die Welt und ließ sich 1866 in Paris nieder, wo er mit Begeisterung archäologischen Studien oblag. So ausgerüstet, führte er endlich seinen lange gehegten Lieblingsplan aus: er suchte zunächst den klassischen Boden des alten Ithaka auf und wandte sich dann nach der kleinasiatischen Küste, wo er in dem Hügel von Hissarlik die Stätte des alten Troja vermutete und im April 1870 auf eigne Kosten die ersten Nachgrabungen veranstaltete, die in den beiden folgenden Jahren in größerm Maßstab fortgesetzt und, mit Unterbrechungen, erst 1882 beendigt wurden. Die Ausbeute, die allerdings nur durch seine und seiner Gattin, einer gebornen Griechin, Ausdauer möglich wurde, war eine erstaunliche, obgleich die geschichtliche Bestimmung der gewonnenen Funde zunächst nicht möglich war und der Gedanke an das Homerische Troja bei nüchterner Beurteilung nicht Stich hielt. Vgl. L. v. Sybel, Über Schliemanns Troja (Marb. 1875); O. Keller, Die Entdeckung Ilions zu Hissarlik (Freiburg 1875); Frick, Zur trojanischen Frage (in Jahns "Jahrbüchern für Philologie" 1876). Der Prozeß, den die türkische Regierung bei den griechischen Gerichten gegen S. wegen seiner Nachgrabungen anstrengte, wurde dadurch beendigt, daß S. eine Entschädigungssumme von 50,000 Frank zahlte, wogegen er als alleiniger Besitzer seiner Sammlungen anerkannt wurde, die er 1882 dem Deutschen Reich schenkte (im Museum für Völkerkunde zu Berlin). Noch großartiger gestaltete sich das Resultat der Ausgrabungen in Mykenä, der alten Stadt Agamemnons, die er 1876 begann, zunächst in der Akropolis daselbst beim berühmten Löwenthor und dem sogen. Schatzhaus des Atreus. S. entdeckte auf der Burg von Mykenä unter anderm (1877) in tiefen Schächten, welche zu einer Anzahl von Gräbern führten, eine Menge von kostbaren Schmuckgegenständen, Waffen und selbst noch Skelette; schon der materielle Wert der gefundenen Gegenstände (eine Masse derselben aus gediegenem Gold), welche sich jetzt im Polytechnikum zu Athen befinden, beläuft sich auf viele tausend Mark. In Ithaka nahm S. im Herbst 1878 seine frühern Nachforschungen wieder auf und entdeckte auf dem steilen Berg Aktos die Überreste einer uralten Stadt kyklopischer Bauart. Im Herbst 1881 und im Frühjahr 1882 grub S. das sogen. Schatzhaus des Minyas in Orchomenos aus, in den Jahren 1884 und 1885 deckte er die großartige Anlage des Palastes der Könige von Tiryns auf der Akropolis daselbst auf, und 1888 setzte er die Ausgrabungen in Mykenä fort. Im J. 1879 wurde S. von der Universität Rostock zum Ehrendoktor und 1881 von der Stadt Berlin zum Ehrenbürger ernannt. Er hat seinen ständigen Wohnsitz in Athen. Über die Ergebnisse seiner Forschungen berichtete er in folgenden Werken, die größtenteils auch in französischen und englischen Bearbeitung erschienen: "Ithaka, der Peloponnes und Troja" (Leipz. 1869, mit Autobiographie); "Trojanische Altertümer" (das 1874, mit Atlas); "Mykenä" (mit Vorwort von Gladstone u. Atlas, das. 1877); "Ilios" (das. 1881); "Orchomenos" (das. 1881); "Reise in der Troas" (das. 1881); "Troja" (das. 1883); "Tiryns" (das. 1886).