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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schluchsen - Schlupfwespen.

schen und historischen Studien, machte sich besonders durch die Werke: "Les premiers habitants de la Russie" (Par. 1846), "Choiseul und seine Zeit" (Berl. 1849, 2. Aufl. 1857), "Livland und die Anfänge deutschen Lebens im baltischen Norden" (das. 1850), "Die Hansa und der Deutsche Ritterorden in den Ostseeländern" (das. 1851), "Verfall und Untergang der Hansa etc." (das. 1853), "Friedrich d. Gr. und Katharina II." (das. 1859), "Die Familie von Meyern" (das. 1855), "General v. Chasot. Zur Geschichte Friedrichs d. Gr. und seiner Zeit" (das. 1856, 2. Aufl. 1878) bekannt, trat dann in den diplomatischen Dienst Preußens, ward Geschäftsträger in Rom, dann Ministerresident des Norddeutschen Bundes in Mexiko, 1871 Gesandter des Deutschen Reichs in Washington und 1882 preußischer Gesandter beim päpstlichen Stuhl zu Rom.

Schluchsen (Schlucken, Singultus), plötzliche unwillkürliche Zusammenziehung des Zwerchfellmuskels, wobei die Luft mit lautem gluckenden Geräusch von außen durch die Stimmritze in die Luftröhre eindringt. Dieser Zwerchfellkrampf tritt in der Regel symptomatisch zu Krankheiten benachbarter Organe, besonders des Magens und Darms, sowie bei schwerer Bauchfellentzündung, kann aber auch als selbständige und hartnäckige Neurose oder als Begleitungserscheinung der Hysterie auftreten. Gegen das S. sind mannigfache Mittel in Gebrauch. In erster Linie müssen die betreffenden Organerkrankungen behandelt werden. Symptomatisch sind Narkotika anzuwenden, oft ist der Genuß eiskalten Champagners von guter Wirkung.

Schlüchtern, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, an der Kinzig und an der Linie Frankfurt a. M.-Bebra-Göttingen der Preußischen Staatsbahn, 208 m ü. M., hat eine evang. Kirche, ein Schullehrerseminar (im ehemaligen Benediktinerkloster, aus dem 8. Jahrh.), ein Amtsgericht, Bierbrauerei und (1885) 2635 meist evang. Einwohner. In der Nähe die Burgruinen Brandenstein und Steckelberg (Geburtsort Ulrichs von Hutten). Vgl. Rullmann, Urkundliche Geschichte des Klosters S. (Kassel 1878).

Schlucken, s. Schlingen.

Schluckenau, Stadt im nördlichen Böhmen, an der Eisenbahnlinie Rumburg-Nixdorf, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft u. eines Bezirksgerichts, mit Schloß, Dechanteikirche, Webschule, Sparkasse, bedeutender Baumwoll- und Wollweberei, Appretur, Leder-, Knopf-, Kunstblumen- und Sparteriewarenerzeugung und (1880) 4623 Einw.

Schlund (Faux), s. Speiseröhre; in der Botanik der obere, erweiterte Teil der Röhre einblätteriger Blumenkronen und Perigone (s. Blüte, S. 66).

Schlundkiefer, s. Fische, S. 298.

Schlundkopf (Pharynx), beim Menschen der oberste, weitere Teil des Schlundes oder der Speiseröhre, stellt einen länglichen, von vorn nach hinten platt gedrückten, von oben nach unten sich verengernden muskulösen und mit einer Schleimhaut ausgekleideten Sack dar, welcher seine Lage hinter der Nasen-, Mund- und Kehlkopfhöhle und unmittelbar vor den fünf obern Halswirbeln hat. Vgl. Rachen und Schlingen, auch Tafel "Eingeweide des Menschen II", Fig. 3. Die Entzündung des Schlundkopfes (Pharyngitis) zeigt im wesentlichen dieselben Symptome wie die des mittlern Teils desselben, des Rachens, allein. Das Nähere s. Bräune.

Schlundring, s. Gliederfüßler.

Schlundstößer (Detrusorium), ein aus Fischbein verfertigtes sondenförmiges Instrument mit einem Schwammstückchen an der Spitze, welches dazu bestimmt ist, fremde, im Schlund festsitzende, nicht ausziehbare, dem Magen und Darmkanal unschädliche Körper in den Magen hinabzustoßen.

Schlüpfer (Troglodytidae), Familie der Sperlingsvögel (s. d.).

Schlupfwespen (Ichneumonen, Ichneumonidae Latr.), Familie aus der Ordnung der Hautflügler, Insekten mit meist dünnem, langgestrecktem Körper, bei der Mehrzahl dicht über den Hinterhüften entspringendem, gewöhnlich aus sieben Segmenten bestehendem Hinterleib, borsten- oder fadenförmigen, meist ungebrochenen und verlängerten, vielgliederigen Fühlern, drei Nebenaugen, zwei rücklaufenden Adern im Vorderflügel, die Weibchen mit einem von zwei seitlichen Klappen umgebenen Legebohrer, welcher meist frei aus der Hinterleibsspitze hervorragt und oft eine bedeutende Länge erreicht. Die Weibchen legen ihre Eier in die Eier, Larven, Puppen oder Imagines andrer Insekten ab, in deren Leibeshöhle die fuß- und afterlosen Larven sich entwickeln. Hauptsächlich sind Raupen den Angriffen der S. ausgesetzt und werden durch deren Larven zu Grunde gerichtet, so daß diese im Haushalt der Natur eine sehr wichtige Rolle spielen. Viele S. sind in dieser Beziehung auf bestimmte Insektenfamilien, Gattungen und Arten angewiesen; im übrigen aber richtet sich die Wahl der Wirte nach der Größe der zu ernährenden Larven. Letztere verzehren in Eiern den ganzen Inhalt derselben, während sie in Larven wesentlich von deren Fettkörper sich nähren, dabei aber das Gedeihen der Wirte so wenig stören, daß diese völlig auswachsen und sich verpuppen. In letzterm Fall schlüpft dann aus der Puppe des Wirtes statt des letztern ein oder mehrere Ichneumonen aus. Ebenso häufig erliegt aber die Larve den Parasiten, indem diese sich aus der Haut derselben hervorbohren und die Leiche ihrer Ernährerin mit den alsbald gefertigten Kokons bedecken. Sehr häufig schmarotzen auch S. in andern S. Der Legestachel der Weibchen zeigt eine der Lebensweise entsprechende, sehr verschiedene Entwickelung; er ist kurz bei den Arten, welche frei lebende, glatte Raupen anstechen, dagegen sehr lang bei denjenigen, welche die Raupen in Bohrlöchern aufsuchen müssen. Man teilt die S. in fünf Gruppen: Ichneumonen (Ichneumones), mit niedergedrücktem, lanzettförmigem, gestieltem Hinterleib, verborgenem Bohrer, sehr bunt, legen in Raupen nur ein Ei, und die Wespe schlüpft aus der Puppe aus; Kryptiden (Cryptides), mit gestieltem Hinterleib und hervortretendem Bohrer; Pimplarier (Pimplariae), mit sitzendem, niedergedrücktem Hinterleib und oft sehr langem Bohrer; Sichelwespen (Ophionidae), mit meist geradstieligem, seitlich zusammengedrücktem Hinterleib und kaum hervorragendem Bohrer; Tryphoniden (Tryphonides), mit sitzendem oder gestieltem, drehrundem, nach hinten etwas verdicktem Hinterleib mit kaum sichtbarem Bohrer oder durch Fühler- und Flügelbildung von den übrigen Gruppen abweichend. Die Zahl der bekannten Arten beträgt gegen 5000, welche über die ganze Erde verbreitet sind. Die Kiefernspinnersichelwespe (Anomalon circumflexum L., s. Tafel "Hautflügler"), 2-3 cm lang, mit gelbrotem, schwarz gespitztem Hinterleib, rötlichgelben Beinen mit hellern Schenkelringen, schwarzen Hüften, an den hintern mit schwarzen Schenkelspitzen und Schienen, braunroten Fühlern, rotgelb geflecktem Kopf und gelbem Schild, legt ihre Eier in Kiefernspinnerraupen, in welchen sich die Larven entwickeln und verpuppen, wenn sich die Raupe verpuppt, so daß sich die Wespe erst aus der abge-^[folgende Seite]