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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schröder; Schröder-Devrient

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Schröder - Schröder-Devrient.

eine evangelische und eine kath. Kirche, Synagoge, ein Kollegiatstift, ein Amtsgericht, eine Zuckerfabrik, 3 Öl- und 14 Windmühlen und (1885) 4865 meist kath. Einwohner.

Schröder, 1) Friedrich Ludwig, ausgezeichneter Schauspieler und Theaterdirektor, bekannter Dramatiker, geb. 3. Nov. 1744 zu Schwerin, durchzog mit seiner Mutter, die sich in zweiter Ehe mit dem Schauspieler Ackermann verheiratet hatte, Kurland, Preußen und Polen und trat mehrfach in Kinderrollen auf, kam dann auf das Friedrichskollegium zu Königsberg, ward aber hier von seinen Eltern 1756 verlassen und fand bei einem Schuhflicker, dann bei einem Seiltänzer ein Unterkommen. 1759 ging er wieder zu seinen Eltern in die Schweiz, wo er sich zum Schauspieler und Tänzer ausbildete. Nachdem er die Schweiz und die Rheingegenden durchzogen, trat er mit der Ackermannschen Gesellschaft 1764 wieder in Hamburg auf und glänzte anfangs besonders als Ballettmeister und im Lustspiel, ging aber dann zum tragischen Fach über und gelangte darin zu hoher Meisterschaft. Nach Ackermanns Tod (1771) übernahm er mit seiner Mutter die Direktion der Hamburger Bühne und machte sich durch sein Lustspiel "Der Arglistige", dem bald mehrere andre folgten, als dramatischer Schriftsteller einen Namen, während er durch seinen Einfluß auf die Verbesserung des deutschen Theaters überhaupt einwirkte, indem er auf Einheit und kräftiges Zusammenwirken aller Teile zur Erreichung des Gesamtzwecks hinarbeitete und auf Sittlichkeit und Ordnung unter der Gesellschaft hielt. Besondere Verdienste erwarb er sich um die Einbürgerung Shakespearescher Trauerspiele auf der deutschen Bühne. 1780 unternahm S. eine große Kunstreise durch Deutschland, besuchte auch Paris und folgte 1781 einem Ruf an das Wiener Hoftheater, kehrte aber bald nach Hamburg zurück und leitete das dortige Theater wieder bis 1798, wo er sich auf ein erkauftes Landgütchen, Rellingen, zurückzog, um als dramatischer Schriftsteller thätig zu sein. 1811 übernahm er die Leitung der Bühne von neuem; starb 3. Sept. 1816 in Rellingen. Als tragischer Schauspieler zeichnete er sich besonders als Lear, als Philipp in "Don Karlos" und Otto von Wittelsbach aus, war aber auch in komischen Rollen von hervorragender Bedeutung und wirkte besonders durch die Wahrheit und Einfachheit seines Spiels. Seine "Dramatischen Werke", mit Einleitung von Tieck, gab Bülow heraus (Berl. 1831, 4 Bde.). Vgl. Meyer, F. L. Schröder (Hamb. 1819, 2 Bde.); Brunier, F. L. Schröder (Leipz. 1864); Litzmann, S. und Gotter (Briefe, Braunschw. 1887).

2) Sophie, berühmte Schauspielerin, geb. 23. Febr. 1781 zu Paderborn, Tochter des Schauspielers Gottfried Bürger, trat schon 1793 bei der Tyllischen Gesellschaft in Petersburg als Lina in der Oper "Das rote Käppchen" mit Beifall auf und heiratete in Reval 1795 den Schauspieler Stollmers (eigentlich Smets). Auf Kotzebues Empfehlung erhielt sie 1798 eine Anstellung am Wiener Hoftheater, ging aber bald nach Breslau, wo sie für die Oper engagiert wurde. Von Stollmers geschieden, ward sie 1801 nach Hamburg berufen und vertauschte hier das naive Rollenfach mit dem tragischen, in welchem sie bald als Stern erster Größe glänzte. 1804 heiratete sie den Tenoristen Friedrich Schröder und lebte bis 1813 in Hamburg, wo sie floh, da der Marschall Davoût sie wegen ihrer patriotischen Gesinnung in das Innere Frankreichs bringen lassen wollte. Nachdem sie eine glänzende Kunstreise gemacht, spielte sie anderthalb Jahre in Prag und ward 1815 am Wiener Hoftheater engagiert. Nach ihres zweiten Gatten Tod ging sie 1825 eine neue Ehe mit dem Schauspieler Kunst ein, trennte sich aber bald wieder von ihm, machte bedeutende Kunstreisen, ward 1831 am Münchener Hoftheater engagiert, kehrte aber im Frühjahr 1836 an das Wiener Hoftheater zurück. Seit 1840 pensioniert, lebte sie lange in Augsburg, später in München und starb 25. Febr. 1868 daselbst. S. war in der deutschen Kunst eine der ersten, die im Gegensatz zum Realismus der Ifflandschen Schule einer mehr idealistischen Spielweise zum Sieg verhalfen; statt allzu strenger Natürlichkeit fand man bei ihr großartige Auffassung und Ausmalung gewaltiger Leidenschaften. Ihre bedeutendsten Rollen waren: Phädra, Medea, Lady Macbeth, Merope, Sappho, Johanna von Montfaucon und Isabella in der "Braut von Messina". Vgl. Ph. Schmidt, Sophie S. (Wien 1870).

3) Karl, Gynäkolog, geb. 11. Sept. 1838 zu Neustrelitz, studierte seit 1858 in Würzburg und Rostock, ging 1864 mit Veit als dessen Assistent nach Bonn, habilitierte sich hier 1866 als Privatdozent, wurde 1868 als Professor der Geburtshilfe und Direktor der Entbindungsanstalt nach Erlangen und 1876 in gleicher Eigenschaft nach Berlin berufen, wo er 8. Febr. 1887 starb. S. hat die operative Technik mit zahlreichen neuen Methoden bereichert und die Ovariotomie in Deutschland eingebürgert. Er schrieb: "Kritische Untersuchungen über die Diagnose der Haematocele retrouterina" (Bonn 1866); "Lehrbuch der Geburtshilfe" (das. 1870; 10. Aufl. von Olshausen und Veit, 1888); "Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane" (Leipz. 1874, 9. Aufl. 1889); "Der schwangere und kreißende Uterus, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Geburtskunde" (Bonn 1886). Vgl. Hofmeier, Gedächtnisrede (Leipz. 1887); Löhlein, Zur Erinnerung an Karl S. (Stuttg. 1887).

4) Marie, Sängerin, s. Hanfstängl 2).

Schröder-Devrient, Wilhelmine, Opernsängerin, Tochter von Schröder 2), geb. 6. Okt. 1804 zu Hamburg, betrat schon in ihrem fünften Jahr die Hamburger Bühne als tanzende Amorine, ward im zehnten Mitglied des Horscheltschen Kinderballetts in Wien, ging dann vom Ballett zum Schauspiel über und trat, 15 Jahre alt, zuerst als Aricia in Racines "Phädra" auf. Gleichzeitig machte sie unter Leitung Mozattis eifrige Studien im dramatischen Gesang, und als sie im folgenden Jahr (1821) als "Pamina" debütierte, wurde ihr ein solcher Beifall zu teil, daß sie sich von nun an ausschließlich der Oper widmete. Bei einem Aufenthalt in Berlin 1823 verheiratete sie sich mit Karl Devrient und ward mit demselben gemeinschaftlich an der Dresdener Bühne engagiert, der sie, mit wenigen Unterbrechungen, bis 1847 als Mitglied angehörte. Hier studierte sie noch eine Zeitlang unter Mieksch' Leitung den Kunstgesang und brachte es auf diesem Gebiet zu hoher Meisterschaft; ihre eigentliche Größe jedoch zeigte sich im dramatischen Gesang, und ihre glänzendsten Erfolge, sowohl in allen Städten Deutschlands als auch in Paris, wo sie 1830 zum erstenmal auftrat, und in London (1833 und 1837) dankt sie der hinreißenden Gewalt ihrer Darstellung, welche sie übrigens nicht nur auf der Bühne, sondern auch als Liedersängerin (z. B. in Schuberts "Erlkönig") bewährte. Nachdem ihre Ehe mit Devrient bereits 1828 getrennt war, verheiratete sie sich 1850 zu Gotha mit dem livländischen Gutsbesitzer v. Bock, dem sie in seine Heimat folgte, kehrte aber schon 1852 nach Deutschland zurück, lebte abwechselnd in Berlin und Dresden und starb 26. Jan. 1860 in Koburg. Vgl. v. Glümer, Erinnerungen