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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Seidenbau - Seidenspinner.

an Händen und Füßen gelblichbraun. Der Pelz ist rötlichgelb, die Mähne dunkelbraun. Es bewohnt die Waldungen der Ostküste Brasiliens zwischen dem 22. und 23.° südl. Br., lebt familienweise, zeigt sich ängstlich, mißtrauisch, leicht erregbar, wird aber in der Gefangenschaft einigermaßen zahm. Der Uistiti (Marmoset, Saguin, H. Jacchus L.), 22-27 cm lang, mit 30-35 cm langem, geringeltem Schwanz, rostgelb, mit schmalen, schwarzen und weißen Querbinden, unterseits weißlichgrau, mit dunkelbraunem Kopf, dunkelfleischfarbenem Gesicht und weißem Ohrpinsel; er bewohnt die Umgegend von Bahia und die Waldungen der Ostküste zwischen dem 14. und 17.° südl. Br., kommt nicht selten nach Europa und hat sich hier auch fortgepflanzt.

Seidenbau, s. Seidenspinner.

Seidenberg, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz, Kreis Lauban, Knotenpunkt der Linie Nikrisch-S. der Preußischen Staats- und der Österreichschen Südnord-Verbindungsbahn, 252 m ü. M., hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht, Tuchmanufaktur, Schirmstock- und Ofenfabriken und (1885) 2022 meist evang. Einwohner.

Seidendarm (englisches Gras, Gut), der durch Einlegen in Essig gehärtete, dann zu weißen Fäden ausgezogene und getrocknete Inhalt der Spinndrüsen der Seidenraupe, besteht aus derselben Substanz wie die Seide und dient zu Angelschnuren.

Seidengrün, s. Chromgrün.

Seidenhase, s. Kaninchen.

Seidenholz, s. Atlasholz.

Seidenleim, s. Seide, S. 824.

Seidenpflanze, Pflanzengattung, s. Asclepias.

Seidenraupe, s. Seidenspinner.

Seidenschwanz (Ampelis L., Bombycilla Vieill.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel und der Familie der Seidenschwänze (Ampelidae), welche den Fliegenfängern am nächsten steht. Die Seidenschwänze sind gedrungen gebaut, mit kurzem Hals, ziemlich großem Kopf, mittellangen und spitzigen Flügeln, in denen die erste und zweite Schwinge am längsten sind, kurzem, an der Wurzel etwas breitem, an der Spitze sanft herabgebogenem und vor derselben mit einem kleinen Ausschnitt versehenem Schwanz, kurzem, geradem Schnabel, ziemlich kurzen, starken Füßen, reichhaltigem, seidenweichem Gefieder, auf dem Kopf mit einer Holle und mit roten, hornigen Spitzen an den Armschwingen und Steuerfedern. Der europäische S. (Winterdrossel, Kreuz-, Pest-, Sterbevogel, Ampelis garrula L., s. Tafel "Sperlingsvögel II"), 20 cm lang, 35 cm breit, rötlichgrau, unterseits heller, am Kinn und an der Kehle schwarz, mit schwarzem Zügel und Augenstreifen, außen gelb gefleckten, innen weiß gekanteten Handschwingen und schwärzlichen, an der Spitze gelben Schwanzfedern, bewohnt als Strichvogel im N. Europas, Asiens und Amerikas Fichtenwälder, wandert, durch Nahrungsmangel gezwungen, südwärts und weilt bisweilen in größern Gesellschaften bei uns von November bis März. Er ist träge, friedfertig, gesellig, einfältig und dreist, er singt leise und unbedeutend, klettert geschickt, fliegt leicht und schnell, nährt sich von Beeren und Insekten und ist ungemein gefräßig. Er nistet nicht hoch über dem Boden, aber sehr versteckt auf Fichten und legt im Juni 5-7 bläuliche, dunkel gefleckte und punktierte Eier. Man fängt den S. sehr leicht in Dohnen oder auf dem Vogelherd. Er wird in der Gefangenschaft bald zahm, wird aber durch seine Gefräßigkeit lästig. Das Fleisch ist schmackhaft. Ehemals galt der S. wegen seines unregelmäßigen Erscheinens als Vorbote von allerlei Landplagen.

Seidenspinner (Bombyx mori L., hierzu Tafel "Seidenspinner"), Schmetterling aus der Familie der Spinner (Bombycidae), 32-38 mm breit, mehlweiß oder perlgrau, mit blaß gelbbraunen Querstreifen auf den Flügeln und schwärzlich gekämmten Fühlern, ist wahrscheinlich in China heimisch und wird behufs der Gewinnung von Seide in China, Japan, Indien und in Südeuropa gezüchtet. Das Ei des Seidenspinners (s. Tafel, Fig. 1) ist oval, flach gedrückt, 1-1,5 mm lang, schiefergrau, ins Bläuliche, Violette oder Grünliche spielend und überwintert. Die ausschlüpfende Raupe ist schwarzbraun, wird aber nach der ersten Häutung perlgrau, ins Bräunliche oder Gelbliche neigend. Einige Rassen sind schwärzlichgrau oder samtschwarz oder am ganzen Körper dunkel quer gestreift. Der elfte Körperring besitzt auf der Rückenseite einen Hautzapfen (Sporn), und vom Kopf bis zu diesem Zapfen verläuft ein bläulichgraues Band, dem Rückengefäß oder Herzen entsprechend. Auf der Rückenseite des dritten und achten Ringes finden sich zwei halbmondförmige Flecke, welche aber bei einigen Rassen fehlen. Die Spinndrüsen der Raupe (Textfig. 1) bestehen aus einem vielfach gewundenen Schlauch, dessen hinterer Teil die Seidenmaterie absondert, welche durch dünne Ausführungsgänge zu der im Kopf gelegenen Spinnwarze und von da aus dem Körper geleitet wird. Die Raupe häutet sich viermal, und 30-35 Tage nach dem Ausschlüpfen ist sie spinnreif (s. Tafel). Indem sie die an der Luft sofort zu einem Faden erhärtende Spinnmaterie austreten läßt und dabei mit dem Kopfe Bewegungen ähnlich einem ∞ macht, legt sie um sich herum Fadenwindung an Fadenwindung, und in kurzer Zeit ist sie von einem dichten Seidengespinst (Kokon), bestehend aus einem einzigen langen Faden, eingeschlossen. Der Kokon (s. Tafel) ist länglich-oval, bei den einheimischen Rassen strohgelb, bei den japanischen Rassen grünlich, bei den Weißspinnern weiß. Durch Kreuzungen erhält man goldgelbe und andre Nüancen. Acht Tage nach dem Einspinnen verpuppt sich die Raupe (Fig. 2 u. 3), und nach weitern acht Tagen schlüpft der Schmetterling aus, indem er den Kokon durchbohrt. Sehr bald darauf beginnt die Paarung, welche 6-8 Stunden dauert, und nach derselben legt das Weibchen in wenigen Tagen ca. 400 Eier, worauf die Schmetterlinge sterben. Die gelben Eier werden bald dunkler und schließlich grau, unbefruchtete Eier bleiben gelb und trocknen aus. Bei den sogen. Zweispinnern kriechen die Räupchen noch in demselben Sommer aus u. machen eine zweite Generation durch. Man kann solches außerzeitige Ausschlüpfen künstlich

^[Abb.: Fig. 1. Spinndrüsen der Raupe. Fig. 2. Rückenseite der Puppe. Fig. 3. Bauchseite der Puppe.]