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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Seißer Alp - Seja.

durch, daß er das Pendel mit drei aus lauter kleinen Segmenten zusammengesetzten hölzernen Kreisen umgab. Das durch den Stoß in Schwingungen versetzte Pendel wirft je nach der Stärke des Stoßes einander gegenüberliegende Segmente des engsten, zweier oder aller dreier Kreise von der Unterlage herab, und die Holzstückchen werden, um die Reihenfolge des Wegdrückens zu bestimmen, in einem unter dem Apparat befindlichen Trichter, resp. dessen Röhre aufgefangen. Behufs einer exakten Zeitbestimmung des Eintritts eines Stoßes konstruierte Knop eine Erdbebenuhr mit horizontalem Zifferblatt. Der Zeiger, eine kleine aufgeschlitzte Rinne, mit feinstem Quarzsand gefüllt, steht im Gegensatz zu den gewöhnlichen Uhren fest, während sich zwei konzentrische, mit der Stunden- und Minuteneinteilung versehene Kreise unter ihm hindurch mit entsprechend verschiedener Geschwindigkeit bewegen. Durch das Schütteln bei einem Stoß stäubt aus dem Zeiger eine kleine Sandlinie über beide konzentrische Ringe, für welche die Zeit des Zusammenfallens beider Teile in eine Richtung auch bei nachträglicher Beobachtung eruiert werden kann. Lasaulx' Seismochronograph arretiert bei eintretendem Stoß eine Pendeluhr. Zu dem Zweck wird ein kleiner, ausgelöst senkrecht zur Uhrwand stehender und das Pendel am Weiterschwingen verhindernder Hebel durch ein kleines, der Empfindlichkeit wegen halb aus Holz, halb aus Blei konstruiertes Gewicht angedrückt zur Uhrfläche erhalten; wird das Gewicht durch einen Stoß herabgeworfen, so springt der Hebel vor, und die Uhr wird arretiert. Das kleine Instrument war jahrelang an vielen Telegraphenuhren des Deutschen Reichs offiziell angebracht, wurde aber 1887 wieder entfernt, weil es sich zu wenig empfindlich erwies.

Seißer Alp, s. Grödner Thal.

Seïstan (Sedschestan), pers. Landschaft im SW. von Afghanistan, zur Provinz Chorasan gehörig, 210,780 qkm (3828 QM.) groß mit etwa 150,000 Einw., ist großenteils Steppe, nur längs der Flüsse kulturfähig und bewohnbar, wird vom Fluß Hilmend bewässert und von verschiedenen persischen Stämmen und Belutschen bewohnt. Die Landschaft, einst die Wiege des iranischen Volkes und reich an Denkmälern der alten Zeit, erholte sich nie von den Verwüstungen, welche sie im 14. Jahrh. durch Tamerlan erlitt. Seit 1862 machte sich Persien seine in steter Fehde lebenden Fürsten unterthan; 1870-72 bestimmte eine englische Schiedsrichterkommission die Grenzen des persischen Besitzes gegen Afghanistan und Belutschistan.

Seitenabweichung, die seitliche Abweichung der Geschosse aus der Schußebene.

Seitendeckungen, s. Sicherheitsdienst.

Seitengewehr, s. Gewehr.

Seitenkräfte, s. Parallele Kräfte und Parallelogramm der Kräfte.

Seitenstechen (Seitenschmerz, Seitenstich), stechende Schmerzen in der Rippengegend, tritt besonders bei Neuralgie, Verletzung der Muskeln, Sehnen, Rippenbruch, Rheumatismus, Entzündung des Brustfells (Seitenstich auch s. v. w. Brustfellentzündung), des Herzbeutels, des serösen Überzugs der Leber oder Milz etc. auf. Das sogen. Milzstechen (in der linken Seite unter den falschen Rippen) tritt ein, wenn man mit vollem Magen läuft oder sich sonst körperlich anstrengt. Es hört sofort auf, wenn die Ursache wegfällt.

Seitenstetten, Marktflecken in der niederösterreich. Bezirkshauptmannschaft Amstetten, hat eine 1112 gestiftete Benediktinerabtei mit Obergymnasium und Konvikt, bischöflichem Knabenseminar, Bibliothek, Naturalienkabinett, archäologischer Sammlung etc. und (1880) 2050 Einw.

Seitenstimme, bei der Orgel, s. Grundstimme.

Seitenverwandtschaft, s. Verwandtschaft.

Seitz, 1) Alexander Maximilian, Maler, geb. 1811 zu München als Sohn des Kupferstechers Joh. Baptist S., wurde dort Schüler von Cornelius. Nachdem er 1829 mit einem Bild: Joseph von seinen Brüdern verkauft, einen glücklichen Erfolg gehabt und in der Allerheiligenkirche einige der Fresken nach Heinrich Heß' Entwurf ausgeführt hatte, ging er 1835 nach Rom, wo er sich den Nazarenern anschloß, seinen dauernden Wohnsitz nahm und 18. April 1888 starb. Seine Hauptbilder sind: eine Madonna auf dem Thron, die heil. Katharina von Alexandria von Engeln übers Meer getragen, Mater amabilis, Christus segnet die Kindlein, der heil. Joseph mit dem Christuskind, Christus (sacré cœur), die fünf klugen und fünf thörichten Jungfrauen und die Rückkehr des verlornen Sohns (in der Kirche Santa Trinità de' Monti). - Sein Sohn Ludwig, geb. 1843 zu Rom, verfolgte eine ähnliche Richtung der Malerei im Sinn der Quattrocentisten.

2) Anton, Maler, geb. 23. Jan. 1829 zu Roth bei Nürnberg, wurde 1845 Schüler des Kupferstechers Friedr. Wagner, dann des Direktors Reindel an der Kunstschule in Nürnberg und widmete sich seit 1850 in München der Malerei bei G. Flüggen. Bereits in den 50er Jahren trat er mit Genrebildern kleinen Formats auf, deren Stoffe dem Leben der Kleinbürger entlehnt waren. Er behandelte die Figuren mit solcher Feinheit, daß er sich schnell zu dem ersten Kleinmaler der Münchener Schule emporschwang. Mit Schärfe der Charakteristik verbindet er ein zartes, namentlich in der Behandlung des Helldunkels der Innenräume ausgezeichnetes Kolorit und einen glücklichen Humor. Seine Hauptwerke sind: Bettelmusikant und seine Tochter, Polizeimann und Landmädchen, Würfelspieler, Bauern beim Quacksalber, Kegelbahn im Gebirge, der Photograph auf dem Lande, Dilettantenquartett, der Gipsfigurenhändler, Wilderer im Versteck, die Kannegießer.

3) Rudolf, Maler und Zeichner, geb. 15. Juni 1842 zu München, war Schüler seines Vaters, des Dekorationsmalers und Illustrators Franz v. S., und trat dann in die Schule Pilotys. Er begann mit Genrebildern (Peter Vischer zeigt den Bestellern das vollendete Sebaldusgrab, noble Passionen) und wandte dann seine Thätigkeit vorzugsweise der Illustration, dem Kunstgewerbe und der dekorativen Malerei zu. Er hat unter anderm für eine Prachtausgabe von Schillers "Glocke" und Goethes "Faust", deren Illustrationen von Liezen-Mayer herrühren, die ornamentalen Umrahmungen und Druckverzierungen im Rokokostil geliefert. Er bevorzugt den Stil der deutschen Spätrenaissance und des Rokoko. In seinen dekorativen Malereien (im Kunstgewerbemuseum und an den Fassaden von Münchener Gasthäusern) hat er sich von einer gewissen Manieriertheit nicht freihalten können. 1883 wurde er Konservator des Nationalmuseums in München.

Seja, Fluß in dem sibir. Gouvernement Amurprovinz, entspringt im Jablonoigebirge und strömt erst in südöstlicher, dann in südlicher Richtung dem Amur zu, nachdem sie eine Reihe kleinerer Flüsse, Dschalinda, Selindscha, Gilui u. a., aufgenommen hat, die alle mehr oder weniger reichhaltigen Goldsand führen. Das reißende, trübe, gelbliche Wasser der S. bringt den schwarzen Fluten des Amur be-^[folgende Seite]