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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Semipalatinsk; Semipelagianer; Semiramis; Semiretschinsk; Semisch; Semiten

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Semipalatinsk - Semiten.

tation und Perkussion, den Inhalt der ärztlichen Diagnostik, sie ist die Grundlage für die Vorhersage (Prognose) u. das Heilverfahren (Therapie).

Semipalatinsk, russ. Gebiet in Russisch-Zentralasien, an der Grenze gegen die Mongolei, wird vom Irtisch durchflossen und im Süden vom Balchaschsee begrenzt; im O. reicht der Altai hinein. S. ist teils Hügel-, teils Steppenland u. 474,469 qkm (8617 QM.) groß mit (1885) 574,132 Einw. (meist Kirgisen), wovon 92 Proz. Mohammedaner, 8 Proz. orthodoxe Russen. Im Sommer herrscht große Hitze, im Winter fällt das Thermometer bis -40° C. Die gleichnamige Hauptstadt am rechten Ufer des Irtisch, mit (1881) 17,817 Einw., hat mehrere höhere Schulen, 7 Moscheen, 2 Kirchen, einen großen Bazar und ist ein wichtiger Stapelplatz für den Handel mit Zentralasien. Jährlich werden 2 Messen abgehalten.

Semipelagianer ("halbe Pelagianer"), Name einiger Kirchenlehrer in Südfrankreich, wie des Cassianus (s. d.), Faustus, Vincentius (s. d.), Gennadios (s. d.), welche seit 425 zwischen Augustinus und Pelagius (s. Pelagianer) auf die Weise zu vermitteln suchten, daß sie eine durch die Sünde des ersten Menschen geschwächte, aber nicht aufgehobene menschliche Freiheit als mitwirkend annahmen neben der göttlichen Gnade. Dieses System, Semipelagianismus genannt, auf den Synoden zu Arelate und Lugdunum (475) gebilligt, dagegen auf denen zu Arausio und Valencia (529) verworfen, bildet thatsächlich die Grundlage der römisch-katholischen Heilslehre.

Semiramis (assyr., "Name der Höhe"), sagenhafte Königin von Assyrien, Tochter der Göttin Derketo (s. d.), wurde ausgesetzt, aber von einem Hirten, Simmas, aufgefunden und erzogen, ward nach Ktesias' Bericht die Gemahlin des Onnes, Statthalters von Syrien, sodann nach dessen Selbstmord des Königs Ninos, dessen Bewunderung sie durch ihre Teilnahme an dem Kriege gegen Oxyartes von Baktra und Ersteigung der Mauer dieser Stadt erregt hatte. Sie gebar dem Ninos den Ninyas und übernahm nach des erstern Tode die Regierung. Als Königin erbaute sie Babylon, wo großartige Bauwerke (hängende Gärten der S.) ihr Andenken erhielten, ließ Gebirge durchbrechen, um Straßen anzulegen, und in den Ebenen Berge und Felsen aufrichten. Der Wollust ergeben, ließ sie die, welche ihre Liebe genossen hatten, heimlich umbringen. Sie unternahm Feldzüge nach Persien, dann nach Ägypten, Libyen, Äthiopien und endlich mit 3 Mill. Fußgängern, ½ Mill. Reitern und 100,000 Streitwagen nach Indien, ward aber vom König Stabrobates geschlagen und entkam nur mit einem Drittel ihres Heers. Da Ninyas ihr nach dem Leben stellte, verschwand sie in Gestalt einer Taube oder tötete sich selbst im 42. Jahr ihrer Herrschaft und ward fortan als Gottheit verehrt. Dieses ist S., welche in der Geschichte nicht existiert, in der That gewesen, und zwar die Göttin des Kriegs und zugleich der Liebeslust, welche bei den Assyrern sonst Istar hieß, und der die Taube geheiligt war. Vgl. Lenormant, La légende de S. (Brüssel 1873). - S. des Nordens wurde von Schmeichlern die Kaiserin Katharina II. von Rußland genannt.

Semiretschinsk ("Siebenstromland"), Provinz des russ. Generalgouvernements Turkistan, zwischen dem Balchaschsee im N. und dem Thianschangebirge im Süden, ist im nördlichen Teil Steppe mit dem Balchasch, in welchen sich der Ili in sieben Armen ergießt (daher der Name des Landes), im südlichen waldiges Gebirgsland mit dem See Issi-kul und umfaßt 381,600 qkm (6204 QM.) mit (1887) 758,258 Ew., darunter 595,000 Kirgisen, 75,000 Dunganen und Tarantschen und nur 44,000 Russen und Kosaken. Die Bevölkerung treibt meist Viehzucht (Pferde, Kamele, Schafe), da der Boden nicht ergiebig ist. Hauptstadt und Sitz des Gouverneurs ist Wernoje, mit 11,584 Einw. Der Steppenteil wurde von den Russen nach Aufnahme der Großen Horde der Kasak in den Unterthanenverband (1847) besetzt; im SW. wurde die Provinz sodann abgerundet durch die russischen Fortschritte in Turkistan 1864. S. Karte "Zentralasien".

Semisch, Karl Änotheus, protest. Theolog, geb. 31. Dez. 1810 zu Prettin (Provinz Sachsen), studierte 1829-32 Theologie in Leipzig, wurde 1838 Geistlicher zu Trebnitz (Schlesien), 1844 ordentlicher Professor in Greifswald, 1855 zu Breslau, 1866 in Berlin und zugleich Mitglied des Brandenburger Konsistoriums; starb 20. April 1888. Unter seinen Schriften sind zu nennen: "Justin der Märtyrer" (Bresl. 1840-42, 2 Bde.); "Die apostolischen Denkwürdigkeiten des Märtyrers Justin" (Gotha 1848); "Julian der Abtrünnige" (Bresl. 1862).

Semiten. Mit diesem biblischen Namen (s. Sem) werden in neuern Werken über Völkerkunde diejenigen Völker des Altertums und der Neuzeit bezeichnet, bei welchen die nahe untereinander verwandten semitischen Sprachen heimisch sind. Dieser wichtige Sprachstamm läßt sich in eine nord- und südsemitische Abteilung zerlegen. Zu der fast erloschenen nördlichen Abteilung gehören die erst kürzlich durch die Entdeckung und Entzifferung der Keilinschriften ans Licht gezogenen Schwesterdialekte von Assyrien und Babylonien, das Hebräische nebst dem Samaritanischen und Moabitischen und das Phönikische nebst dem Punischen der Karthager, ebenfalls sehr nahe untereinander verwandte Sprachen, endlich das Aramäische, ursprünglich die Sprache der semitischen Bergvölker, die sich als Handelssprache früh beinahe über ganz Vorderasien verbreitete und etwa vom 8. Jahrh. v. Chr. ab nach und nach alle vorgenannten Sprachen verdrängte. Zuerst in Assyrien in den Keilinschriften beigefügten Übersetzungen auftretend, findet sich das Aramäische als Chaldäisch bei den Hebräern in der Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft und als Schriftsprache bis ins 10. Jahrh. n. Chr. herab, als Syrisch (zuerst auf den Inschriften von Palmyra) bei den christlichen Syrern und als Mandäisch bei der Sekte der Mandäer. Von allen nordsemitischen Sprachen sind heutzutage nur noch einige verderbte syrische Volksdialekte der Nestorianer und Jakobiten und das Neuhebräische übrig, eine modernisierte Form des Hebräischen, die von den Juden teilweise als Schriftsprache gebraucht wird. Das Terrain der nordsemitischen Sprachen wird jetzt größtenteils durch das Arabische eingenommen, die wichtigste Sprache der südlichen Abteilung, in seiner jetzigen Form Vulgärarabisch genannt, das in die vier nahe untereinander verwandten Mundarten von Arabien, Syrien, Ägypten und der Berberei zerfällt, wozu man noch die auf der Insel Malta herrschende Mischsprache rechnen kann, außerdem das ausgestorbene Mozarabisch der spanischen Araber. Nach Süden hin macht das Arabische noch immer Fortschritte und ist mit dem Islam weit bis nach Zentralafrika vorgedrungen. Auch die andre Hauptgruppe der südsemitischen Sprachen war in Arabien heimisch, jedoch im Süden der Halbinsel, wo die zum Teil sehr alten himjaritischen (sabäischen) Inschriften gefunden worden sind; von dem Himjaritischen scheint das jetzige Ekhili in Südarabien abzustammen. Schon früh