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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Siemianowitz; Siemieński; Siemiradzki; Siena

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Siemianowitz - Siena.

davontrug. In den folgenden Jahren schuf er eine sitzende Marmorfigur des Königs Wilhelm für die Börse in Berlin und eine in Terrakotte ausgeführte Statue von Leibniz für die Akademie der Wissenschaften in Pest, die wie seine spätern monumentalen Arbeiten von einem gesunden, kräftigen Realismus bei strenger Durchbildung der Form und imponierender Wirkung zeugen. 1871 entstand bei der Einzugsfeier in Berlin das meisterhafte Relief, darstellend die Erhebung des Volkes infolge des königlichen Aufrufs, 1872 der mit dem zweiten Preis gekrönte Entwurf zu einem Kriegerdenkmal für Hamburg und der genial erfundene Entwurf für ein Goethedenkmal in Berlin, der jedoch nicht zur Ausführung gelangte. Seine nächsten Arbeiten waren das Denkmal Friedrichs d. Gr. für Marienburg, mit vier den Sockel umgebenden, höchst energisch charakterisierten Gestalten von Hochmeistern (in Bronze gegossen, 1877 enthüllt) und zwei Reliefs mit der Darstellung in den Krieg ziehender und heimkehrender hessischer Soldaten für das Author in Kassel. 1882 vollendete er das Gräfedenkmal für Berlin (s. Tafel "Bildhauerkunst X", Fig. 3), die Bronzestatue des Augenarztes, und zwei Reliefs in farbiger Majolika, Heilung Suchende und Geheilte darstellend, und 1883 das Lutherdenkmal für Eisleben, die bronzene Gestalt des Reformators und vier malerisch behandelte Reliefs am Sockel. Sein Hauptwerk ist das 1888 enthüllte Siegesdenkmal auf dem Markt zu Leipzig, welches aus der stehenden Figur der Germania als Bekrönung, der sitzenden Porträtstatue Kaiser Wilhelms I., den vier kolossalen Reiterfiguren König Alberts von Sachsen, Kaiser Friedrichs, Bismarcks und Moltkes und acht Soldatenfiguren besteht. Während er an diesem umfangreichen Werk arbeitete, schuf er noch das kolossale, ebenfalls in Bronze gegossene Reiterstandbild Washingtons für Philadelphia mit Sockelfiguren und -Reliefs. Auch hat er zahlreiche Porträtbüsten und Entwürfe für die Kunstindustrie angefertigt. Er ist königlicher Professor und Direktor des Rauch-Museums in Berlin.

Siemianowitz, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Kattowitz, hat eine kath. Kirche, Steinkohlenbergbau und (1885) 4481 meist kath. Einwohner. Dazu das Rittergut S., Herrschaft des Grafen Henckel von Donnersmark-S., mit Schloß und 1440 Einw., das Zinkwerk Georgshütte und die Laurahütte (s. d.).

Siemieński, Lucyan, poln. Schriftsteller, geb. 1809 zu Kamionna Gora in Galizien studierte seit 1828 im Collegium Richelieu zu Odessa orientalische Sprachen und beteiligte sich an dem Freiheitskrieg von 1831. Bis 1846 hielt er sich teils in Frankreich, teils im Posenschen auf und ließ sich in dem genannten Jahr dauernd in Krakau nieder, wo er die Zeitung "Czas" ("Die Zeit") gründete, Mitglied der Akademie der Wissenschaften wurde, eine mehr ins Breite als ins Tiefe gehende litterarische Thätigkeit entwickelte und 27. Nov. 1877 starb. Als Dichter machte er sich zuerst bekannt durch eine vortreffliche Übersetzung der tschechischen "Königinhofer Handschrift" (Krak. 1836). Unter seinen eignen Dichtungen (zuerst Krak. 1844, dann öfter gedruckt) verdient die Romanze "Trąby w Dnieprze" Erwähnung; in seinen "Legendy polskie, ruskie i litewskie" (Pos. 1845) schlägt er den Ton des Volksliedes mit großem Geschick an. Ihm verdankt auch die polnische Litteratur gelungene Übersetzungen der Horazischen Oden (Krak. 1869) und der "Odyssee" (das. 1873). Das historische Gebiet betrat er mit der kurzen Geschichte Polens: "Wieczory pod lipą" ("Abende unter der Linde", Pos. 1845), welche zu den populärsten Büchern in Polen gehört. Unter seinen Romanen verdient Erwähnung: "Muzamerit" (Pos. 1843). Zahllos sind seine zerstreuten litterarhistorischen und kritischen Abhandlungen; sie erschienen zum Teil gesammelt unter dem Titel: "Portrety literackie" (Pos. 1865-75, 5 Bde.).

Siemiradzki, Heinrich, poln. Maler, geb. 15. Nov. 1843 im Gouvernement Grodno, bildete sich auf der Akademie zu Petersburg, ging 1870 nach Frankreich und Deutschland, wo er sich eine Zeitlang in München aufhielt und hier Schüler Pilotys war, und ließ sich dann in Rom nieder. Er wählt die Motive zu seinen Geschichts- und Genrebildern vorzugsweise aus dem griechischen und römischen Altertum, gelegentlich auch aus dem Neuen Testament und sucht höchsten Glanz und Reichtum der Farbe mit genauer Nachbildung des Stofflichen zu verbinden. Er strebt zumeist nach sinnlicher Wirkung, die er durch das Spiel des Sonnenlichts noch zu erhöhen sucht, und schreckt auch nicht vor dem Wollust- und Grauenerregenden zurück, wofür besonders sein Hauptwerk, die lebenden Fackeln des Nero (1876, Verbrennung christlicher Märtyrer vor Nero und seinem Hof), bezeichnend ist. Von seinen übrigen Werken sind zu nennen: Alexanders Vertrauen zu seinem Arzt Philippus (1870), Christus und die Ehebrecherin (1871), das Weib oder die Vase und der bettelnde Schiffbrüchige (zwei Genrebilder aus dem altrömischen Leben, 1879), der Schwertertanz (1880), Christus bei Maria und Martha (1886), Glühwürmchen, ein Liebespaar in Pompeji, und Phryne (1888).

Siena, ital. Provinz in der Landschaft Toscana, grenzt im N. an die Provinz Florenz, im O. an Arezzo und Perugia, im Süden an Rom, im SW. an Grosseto, im W. an Pisa und hat einen Flächenraum von 3794, nach Strelbitsky 3826 qkm (69,5 QM.) mit (1881) 205,926 Einw. Sie ist hügelig, von schönen, fruchtbaren Thälern durchzogen, wird vom Ombrone und dessen Nebenflüssen Mersa und Orcia bewässert und von der Eisenbahn von Empoli (Linie Florenz-Livorno) über Orvieto nach Rom mit Seitenlinie von Asciano nach Grosseto durchschnitten. Haupterwerbszweige sind Ackerbau (besonders auf Weizen, 1886: 621,400 hl), Weinbau (509,000 hl), Öl- und Seidenproduktion. Von Bedeutung ist die Schaf- (177,699 Stück) und Schweinezucht, weniger Industrie und Handel. Die Provinz zerfällt in zwei Kreise: Montepulciano und S.

Die gleichnamige Hauptstadt, 405 m ü. M., an der Eisenbahn von Empoli nach Rom gelegen, ist von alten Mauern mit einer Citadelle und neun Thoren umgeben und unregelmäßig gebaut mit engen und steilen Straßen, aber für die Kunstgeschichte durch ihre schönen gotischen und Renaissancebauten, als Heimat und Arbeitsstätte von Architekten (Peruzzi), Bildhauern (Jacopo della Quercia) und einer eignen wichtigen Malerschule (Duccio, Simone Martini, Lorenzetti, Soddoma, Beccafumi), von hoher Bedeutung. Der Dom von S. wurde im 13. u. 14. Jahrh. vollendet und bildet namentlich mit seiner reich dekorierten Westfassade den Höhepunkt italienischer Gotik (s. Tafel "Baukunst X", Fig. 6). Der viereckige Glockenturm erhebt sich unverjüngt in sechs Geschossen. Das dreischiffige Innere hat eine Länge von 89 m, eine Breite von 24,5 m und ist mit horizontalen schwarzen und weißen Marmorplatten verkleidet. Der Fußboden besteht aus herrlichen Marmormosaiken von 1369 bis 1550 (meistens Darstellungen aus