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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sif; Sifan; Si fecisti nega; Sifflieren; Sigamber; Sigean; Sigebert von Gembloux; Sigeion; Sigel

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Sif - Sigel.

les privilèges" und das Pamphlet "Qu'est-ce que le tiers-état?" (Jan. 1789; neu hrsg. Von F. Koppel, Dresd. 1876), übten eine gewaltige Wirkung auf die Menge aus. Von der Stadt Paris in die Nationalversammlung gesandt, gewann er hier, obschon kein ausgezeichneter Redner, einen bedeutenden Einfluß. Er wirkte für die Vereinigung der drei Stände und redigierte im Ballhaus den berühmten Eid, durch welchen die Deputierten 20. Juni 1789 alle bis auf einen schwuren, sich nicht eher wieder zu trennen, als bis sie Frankreich eine Konstitution gegeben hätten. Seine Schrift "Reconnaissance et exposition des droits de l'homme et du citoyen" (Juli 1789) war der Vorläufer der Erklärung der Menschenrechte. Den Antrag, konstitutioneller Bischof von Paris zu werden, wies er zurück. In den Konvent gewählt, stimmte er im Januar 1793 für den Tod des Königs. In der Schreckenszeit hielt er sich sehr zurück und entging dadurch der Guillotine. Nach Robespierres Sturz ward er Mitglied des Wohlfahrtsausschusses und nahm an den Baseler Friedensverhandlungen teil. Eine Mitwirkung am Verfassungswerk des Jahrs III verweigerte er; ebensowenig trat er in das Direktorium. Dagegen ließ er sich in den Rat der Fünfhundert wählen. Ein vom Abbé Poulle gegen ihn versuchter Meuchelmord hatte bloß eine Verwundung an der Hand und an der Brust zur Folge. 1798 als bevollmächtigter Minister nach Berlin gesandt, entfaltete S. hier eine große diplomatische Gewandtheit. Nach seiner Rückkunft trat er 1799 für Rewbell ins Direktorium und ließ sich dann von Bonaparte für den Staatsstreich vom 18. Brumaire gewinnen, nach welchem er die neue komplizierte Verfassung ausarbeitete. Auch war er provisorischer Konsul, wurde aber von Bonaparte aus aller Macht verdrängt und durch die Ernennung zum Senator und die einträgliche Staatsdomäne Crosne entschädigt. Ferner erhielt er den Grafentitel. Nach der zweiten Restauration wurde er als Königsmörder verbannt. Er begab sich nach Brüssel und kehrte von da erst nach der Revolution von 1830 nach Paris zurück, wo er Mitglied der französischen Akademie wurde und 20. Juni 1836 starb. Vgl. (Ölsner) Notice sur la vie de S. (Par. 1795); Mignet, Notice historique sur la vie et les travaux de S. (das. 1836); Beauverger, Tableau historique des progrès de la philosophie politique, suivi d'une étude sur S. (das. 1858).

Sif, in der nord. Mythologie Gattin des Thor, dem sie eine Tochter, die Thrud ("Kraft"), gebar und einen Stiefsohn, den schnellen Bogenschützen Uller (s. d.), in die Ehe brachte. Als ihr Loke einst das schöne, goldglänzende Haar hinterlistigerweise abgeschoren hatte, zwang ihn Thor, ihr von den kunstreichen Zwergen einen neuen Haarschmuck von Gold machen zu lassen, der dann wie andres Haar wuchs, ein Zug, der vielleicht auf das Ährenfeld deutet, dessen goldener Schmuck in der Glut des Spätsommers abgeschnitten, dann aber von unsichtbar wirkenden Erdkräften neu gewoben wird. Die Etymologie des Namens S. ist aber unsicher.

Sifan, s. Tanguten.

Si fecisti nega (lat.), s. Si quid etc.

Sifflieren (franz.), auspfeifen, zischen.

Sigamber (Sugamber), german. Volksstamm, wohnte am Rhein zwischen Sieg und Ruhr (s. Karte "Germanien"), machte schon zu Cäsars Zeit Einfälle in Gallien, wurde aber von Drusus 12 v. Chr. zur Ruhe gebracht und von Tiberius zum Teil an das linke Rheinufer verpflanzt. Später werden die S. im großen Bunde der Franken genannt. Vgl. Essellen, Geschichte der S. (Leipz. 1868, Anhang 1871).

Sigean (spr. -schang), Flecken im franz. Departement Aude, Arrondissement Narbonne, am gleichnamigen Strandsee des Mittelländischen Meers, welcher durch den Kanal von La Nouvelle mit dem Meer kommuniziert und durch den von der Eisenbahn Narbonne-Perpignan befahrenen Damm vom Strandsee von Gruissan getrennt wird, hat (1881) 3764 Einw., welche Weinbau, Seesalzgewinnung und Branntweinbrennerei betreiben.

Sigebert von Gembloux (Sigebertus Gemblacensis), mittelalterlicher Geschichtschreiber, geboren um 1030 zu Brabant, trat in das Kloster Gembloux, folgte 1050 einem Ruf an die Klosterschule des heil. Vinzenz nach Metz und kehrte 1070 in das Kloster Gembloux zurück, wo er, als Lehrer und Schriftsteller allgemein verehrt und bewundert wegen seiner ausgezeichneten Bildung, mit großem Erfolg wirkte und 5. Okt. 1112 starb. Er verfaßte mehrere Schriften gegen die Anmaßung und Herrschsucht des Papsttums, Lebensbeschreibungen des Bischofs Dietrich von Metz (in Pertz' "Monumenta", Bd. 4, S. 461), des Abtes Wichert von Gembloux, ein Heldengedicht über das Martyrium der thebäischen Legion, eine Geschichte des Klosters Gembloux (das., Bd. 8, S. 504) und mehrere Legenden. Sein Hauptwerk ist sein "Chronicon" (das., Bd. 6), welches den Zeitraum von 381 bis 1111 behandelt und wegen der übersichtlichen, geschmackvollen und für die damalige Zeit auch sachlich sorgfältigen Darstellung im Mittelalter viel gelesen wurde, als Grundlage vieler andern Chroniken diente und hohes Ansehen genoß, aber wegen der verhältnismäßig kurzen Behandlung seiner eignen Zeit und der Geringfügigkeit originaler Nachrichten jetzt von keinem erheblichen Wert mehr ist. Vgl. Hirsch, De vita et scriptis Sigiberti (Berl. 1841).

Sigeion (Sigeum), nordwestliches Vorgebirge in der Landschaft Troas, am Eingang des Hellespont, wo heute das Fort Kumkalé steht. Südlich davon lag die Stadt S., mit Hafen, die aber bald nach dem Sturz der Perserherrschaft zerstört ward. In der Nähe der Ruinen befindet sich der sogen. Grabhügel des Achilleus. Berühmt ist die sigeische Inschrift, an einer Hermensäule ohne Kopf (jetzt in London), die abwechselnd links und rechts laufend geschrieben ist.

Sigel, Franz, nordamerikan. General, geb. 18. Nov. 1824 zu Sinsheim in Baden, trat 1844 als Leutnant in die badische Infanterie, nahm aber 1847 seinen Abschied, um zu Heidelberg die Rechte zu studieren. Er beteiligte sich 1848 an der Revolution im badischen Oberland und ward beim Wiederausbruch der Bewegung in Baden 18. Mai 1849 von der provisorischen Regierung zum Kriegsminister und Kommandanten der Insurrektionsarmee ernannt. Infolge seiner Niederlage durch die Hessen-Darmstädter bei Laudenbach (30. Mai) wieder abgesetzt, diente er nun unter Mieroslawski, befehligte bei Waghäusel den rechten, bei Sinsheim, Durlach und Steinmauern den linken Flügel und leitete nach Mieroslawskis Rücktritt (10. Juli) den Rückzug der Revolutionstruppen nach der Schweiz. 1851 ging er nach New York, wo er kaufmännische Geschäfte trieb, dann als Lehrer nach St. Louis. Beim Ausbruch des Kriegs zwischen den Süd- und Nordstaaten 1861 warb er für letztere eine deutsche Freiwilligenlegion und focht mit ihr unter General Lyons in Missouri. Nachdem dieser 10. Aug. bei Wilson's Creek gefallen, rückte er in seine Stelle auf. Vom 6. bis 9. März 1862 focht er als Brigadekommandant mit Auszeichnung bei