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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Stradivari; Stradivāri; Strafabteilungen; Strafanstalten; Strafantrag; Strafaufschub; Strafbefehl

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Stradivari - Strafbefehl

ermordet, nachdem er in frühern Jahren zweimal ähnlichen Mordversuchen glücklich entgangen war. Den ersten Vorfall dieser Art, der sich zu Rom ereignete, hat Flotow auf Grund von Bourdelots «Historie de la musique» (1715) ziemlich wahrheitsgetreu in seiner Oper «Stradella» (1844) behandelt. S. Werke weisen ihm eine Stelle unter den bedeutendsten Meistern des 17. Jahrh. an. Seine Oratorien (vier auf der Biblioteca Estense zu Modena), seine Opern (ebd.), seine Kantaten und Madrigale fesseln durch Liebenswürdigkeit und große Kunst.

Stradivāri, oder Stradivarĭus, Antonio, Geigenmacher, geb. 1644 zu Cremona, Schüler des Nicola Amati (s. d.), arbeitete anfangs ganz in der Manier seines Meisters und bezeichnete seine Instrumente auch mit dessen Namen. Erst seit 1670 bediente er sich seines Namens; 1700 errichtete er eine eigene Fabrik. Seine besten Instrumente baute er 1700‒25; ihre hohe Vollendung ist ebenso bewundernswert wie ihre große Zahl. In neuerer Zeit werden enorme Preise für sie bezahlt; auf der Londoner Erfindungsausstellung 1885 sah man Geigen von S., die die jetzigen Besitzer mit 100000 M. bezahlt hatten. S. starb 18. Dez. 1737 in seiner Vaterstadt. – Seine Söhne Francesco (geb. 1671, gest. 1743) und Omobono (geb. 1679, gest. 1742) waren ebenfalls tüchtige Geigenmacher. – Vgl. Fétis, Antoine S. (Par. 1856); Niederheitmann, Cremona (3. Aufl., Lpz. 1897).

Strafabteilungen, Strafcompagnien, Strafsektionen, militär. Organisationen in Festungen oder Kolonien zu dem Zweck, einesteils solche Leute aufzunehmen, mit Arbeiten zu beschäftigen und unter strenger Zucht zu halten, die sich durch ihre Führung des Dienstes in der Truppe unwürdig bewiesen haben, und andernteils solche Mannschaften, denen eine längere Freiheitsstrafe zuerkannt ist. Abteilungen ersterer Art heißen auch Disciplinarcompagnien u. s. w. Zur Zeit bestehen in Deutschland nur zwei solcher Abteilungen, nämlich in Spandau und Koblenz, in welche die in die zweite Klasse des Soldatenstandes versetzten Mannschaften des Gardekorps eingestellt werden und welche die Bezeichnung erste und zweite Disciplinarabteilung des Gardekorps führen. Für dieselben kommen die Festsetzungen der §§. 31‒35 der Dienstvorschrift für die Arbeiterabteilungen zur entsprechenden Anwendung.

Strafanstalten, Gefangenhäuser, Gefängnisse. Die modernen Anschauungen über das Gefängniswesen (s. d.) haben einen vollständigen Wandel im Bau der S. hervorgerufen. Während im Mittelalter und bis in das 18. Jahrh. hinein die Aufmerksamkeit allein darauf gelenkt wurde, die Gefangenen am Entweichen zu verhindern, fordert die jetzt allgemeine Rücksicht auf ihre gesundheitliche und geistige Lage besondere Vorkehrungen im Bauwesen. Die Türme des Mittelalters hatten ihren Eingang meist mehrere Meter über dem Boden, so daß man sie über beim Angriffe leicht abzubrechende Brücken betreten mußte. So entstand im Erdgeschoß ein fenster- und thürloser überwölbter Raum, in den die Gefangenen von oben hereingelassen wurden (Verließ). (Vgl. A. Schultz, Höfisches Leben, 2. Aufl., Lpz. 1889.) Im 17. und 18. Jahrh. benutzte man vorzugsweise die Kasematten (s. d.) der Festungen zu S. Die ersten für ihren Zweck eigens erbauten S. dürften jenes unter Maria Theresia zu Gent (1771) errichtete und Newgate Prison in London (1770‒82 von G. Dance) sein. Jetzt sind alle Staaten gleichmäßig bestrebt, die S. aus den alten Schlössern, die man zu ihrer Unterbringung oft benutzte, in zweckmäßige Neubauten zu verlegen. Die Grundsätze für diese legte 1883 der Verein der deutschen Strafanstaltsbeamten fest. Es handelt sich hierbei um billige und praktische Herstellung der S., damit die Kosten der Erhaltung und Überwachung thunlichst herabgemindert werden. Allgemein ist man für größere Anstalten zum Strahlensystem gekommen; in diesem fügen sich mehrere (bis zu 6) langgestreckte Arme um einen mittlern domartigen Raum (Panoptikon). Jeder Arm hat an den Außenseiten Zellen in mehrern Stockwerken übereinander, in der Mitte aber eine durch das ganze Gebäude reichende Halle. Zu den Zellenthüren führen eiserne balkonartige Umgänge. Somit wird bewirkt, daß der wachhabende Beamte vom Panoptikon aus alle Thüren (oft deren 4‒500) übersehen kann. Die Größe einer Zelle setzen die Grundsätze auf 16 cbm fest, in der Praxis wird diese aber meist erheblich überschritten. Die Anlage der Fenster, Heizungen, Reinigungsvorrichtungen, Aborte bedarf in S. besonderer Vorsicht, ebenso die Anlage von Plätzen zur Erholung in freier Luft und von Kapellen, da überall auf das System der Strafvollziehung Rücksicht zu nehmen ist. – Vgl. von Pettenkofer und von Ziemssen, Handbuch der Hygieine und Gewerbekrankheiten, Tl. 2, Abteil. 2 (Lpz. 1882); Ch. H. Boehme, Grundzüge der Gefängniswissenschaft (Weiden 1879); Handbuch der Architektur, Tl. 4, 7. Halbband (Darmst. 1887).

Strafantrag. Welche strafbare Handlungen nur auf Antrag verfolgt werden, von wem und in welcher Frist der S. zu stellen ist, ist in den Strafgesetzen bestimmt (s. Antragsdelikte). Hinsichtlich der Form der S. bestimmt §. 156 der Deutschen Strafprozeßordnung, daß dieselben bei Gericht oder Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll, bei andern (Polizei- und Sicherheits-) Behörden schriftlich angebracht werden müssen. In andern Fällen, wo der S. nicht Voraussetzung der Strafverfolgung ist, können S. oder Anzeigen auch mündlich angebracht werden. Wegen der Rechte des Verletzten bei Ablehnung seines S. s. Privatklage.

Strafaufschub, s. Aufschub der Strafvollstreckung; vgl. auch Verurteilung, bedingte.

Strafbefehl, in der Deutschen Strafprozeßordnung eine amtsrichterliche Verfügung, durch welche in den zur Zuständigkeit der Schöffengerichte gehörigen Übertretungen und nur mit Gefängnisstrafe von höchstens 3 Monaten oder Geldstrafe von höchstens 600 M. oder Haft gedrohten Vergehen auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft ohne vorgängige Verhandlung eine Geldstrafe von höchstens 150 M. oder eine Freiheitsstrafe von höchstens 6 Wochen sowie eine etwa verwirkte Einziehung festgesetzt werden kann. Der Beschuldigte kann durch Erhebung des Einspruchs binnen einer Woche nach Zustellung eine Verhandlung vor dem Schöffengericht erwirken, welches an den im S. enthaltenen Ausspruch nicht gebunden ist, insbesondere also eine höhere Strafe erkennen kann. Wird Einspruch nicht erhoben, so tritt der S. in Rechtskraft. Wurde Einspruch erhoben, so kann sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen. Bleibt er ohne genügende Entschuldigung aus, so wird der Einspruch ohne