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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Taubenschießen; Taubenschlage; Taubenschwanz; Taubenstößer; Taubenwallnister

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Taubenschießen - Taubenwallnister

tränkten Seiden- oder leinenen Faden befestigten Depesche hat man die Stufenleiter der Entwicklung vor sich. Neuestens hat man den Versuch gemacht, Aluminiumröhrchen statt der Federspule zu verwenden. Die Depeschen werden am Bestimmungsorte wieder photographisch vergrößert. Ein in Vergrößerung photographisch aufgenommenes Blatt von 4,3 cm Länge und 3,2 cm Breite, welches während der Belagerung von 1870 bis 1871 nach Paris gelangt war, enthielt 3500 Depeschen zu je 20 Wörtern, also zusammen 70 000 Wörter. Die Belastung einer Brieftaube beträgt in der Regel 2,10 bis 3,60 g (Fußring aus Aluminium 0,10, aus Messing 1 bis 1,50 g und die in einer Federpose befindliche Depesche 2 g), darf aber bis 10 g betragen. Die Mittel, durch die man Brieftauben vor Raubvögeln zu bewahren sucht, so die in China angewandten Pfeifchen an den Schwanz- und Flügelfedern, oder Glöckchen, auch stark riechende Flüssigkeiten u. dgl., haben sich nicht bewährt. Wirksamer erwies sich das vom Verbände deutscher Brieftaubenliebhaber-Vereine ausgesetzte Raubvögelschußgeld; 1895 sind in Preußen 6911 den Tauben gefährliche Raubvögel getötet worden. Der Vorschlag, feindliche Kriegstauben durch abgerichtete Falken vernichten zu lassen, ist wegen der Schwierigkeiten noch nicht zur Ausführung gelangt; die russ. Militärbehörde läßt Kriegsfalken allerdings abrichten. Neuerdings hat man sich, allerdings mit wenig Erfolg, bestrebt, die hauptsächlichsten Hindernisse für Brieftauben, welche in hohen Gebirgen, großen Wäldern und Gewässern bestehen, durch sachgemäße Abrichtung zu überwinden. Das 28. Mai 1891 erlassene Reichsgesetz, betreffend den Schutz der Brieftauben und den Brieftaubenverkehr im Kriege setzt fest, daß alle landesgesetzlichen Bestimmungen über das Halten und die Aneignung von Tauben, auf Militärbrieftauben und die den Brieftaubenliebhaber-Vereinen gehörigen Brieftauben, sofern über diese der Heeresverwaltung im Kriegsfalle das Verfügungsrecht zugestanden ist, keine Anwendung finden. Als Militärbrieftauben im Sinne des Gesetzes gelten alle mit dem vorgeschriebenen Stempel, das kaiserl. Wappen darstellend, unter einem der Flügel (auf den kurzen Deckfederchen), versehenen Brieftauben. - Die freie Verwendung von Tauben zur Nachrichtenbeförderung hört im Kriegsfalle auf bei Strafe bis zu 3 Monaten Gefängnis für den Übertretungsfall.

Im Altertum wurden als Brieftauben die auch heute noch uns als Luxustauben gezüchteten Bagdetten (s. Orientalische Tauben) verwendet. Die jetzt vorhandenen eigentlichen Brieftauben sind sorgfältig gezüchtete Mischlingsrassen aus Karrier oder engl. Bagdette, Feldtaube, Mövchen und Tümmler: die langschnäbelige oder Antwerpener Brieftaube, die kurzschnäbelige oder Lütticher Brieftaube (s. Tafel: Geflügel, Fig. 19) und die aus Kreuzung beider hervorgegangene Militärbrieftaube. Die Fluggeschwindigkeit der Brieftaube beträgt bis zu 100, im Durchschnitt jedoch nur 50-55 km in der Stunde; die in neuester Zeit erreichten größten Geschwindigkeiten betrugen bei 90 km Luftlinie 1730, bei 100 km 1725, bei 450 km 1580 m in der Minute. Die Flughöhe liegt bei ungünstigem Wetter zwischen 100 und 130, bei ruhigem zwischen 250 und 300 m. Die Flugweiten, welche ältere Brieftauben erreichen können, gehen bis 1000 km und mehr; 1895 wurde die dieser Entfernung etwa entsprechenden Strecken Budapest-Elberfeld und Königsberg-Bochum ohne allzugroße Taubenverluste zurückgelegt. Noch größere Entfernung von Algier (1800 km), Madrid (1300) und Ajaccio (1100) bis Paris sollen von einzelnen Tauben durchflogen sein. Die erste Abrichtung geschieht, indem man die jungen ausreichend kräftigen Tauben im Alter von 4 bis 5 Monaten vom Schlage, anfangs auf geringe (bei günstiger Gegend bis 9 km) Entfernungen hinausbringt und zurückfliegen läßt. Die Entfernung der folgenden Abschnitte werden stufenweise vergrößert, allmählich bis zu 50 km. Einjährige Tauben läßt man nicht über 150, zweijährige nicht über 300 km weit fliegen. Die Pflege und Züchtung der Brieftauben ist dieselbe wie bei den übrigen Haustauben. Ihr Aufenthaltsraum muß schnelles Einfangen heimkehrender Tauben zulassen.

Litteratur. L. du Puy de Podio, Die Brieftaube in der Kriegskunst (Lpz. 1872); K. Ruß, Die Brieftaube (Hannov. 1877); M. Sabbagh, Die Brieftaube, schneller als der Blitz, flüchtiger als die Wolke. Aus dem Arabischen (nebst Anhang: Beiträge zur Geschichte der T., von H. Löper, Straßb. 1879); Bungartz, Modell-Brieftauben-Album (Lpz. 1888); ders., Der Brieftaubensport (ebd. 1889); Experimente über Hin- und Rückflug der Militärbrieftauben (aus dem Italienischen von Fellmer, Berl. 1889); Hörter, Der Brieftaubensport (Lpz. 1890); Roeder, Die Brieftaube und die Art ihrer Verwendung zum Nachrichtendienst (2. Ausg., Heidelb. 1895); Brinckmeier, Anzucht, Pflege und Dressur der Brieftaube (Ilmenau 1891); Neuerungen für den Brieftaubensport von C. Berst (Straßb. 1891); Kalender für Brieftaubenzüchter von J. Lörwald, 1895 und 1896; La Colombophilie Belge von Felix Bodenbach; La Colombophilie moderne von Silvain Wittouck. - Zeitschriften: Die Brieftaube (hg. von Ruß und Düngen, Wien 1882-83); Brieftaubenpost (Dresd. 1883-85); Die Brieftaube (Hannov. 1884-86); Zeitschrift für Brieftaubenkunde (ebd., seit 1886). In Belgien erscheinen 8 Zeitschriften in flämischer, 10 in franz. Sprache, darunter: Diuvenliefhebber (Antwerpen); Des Reisduif (Gent, seit 1876); L'Épervier (Brüssel, seit 1865); La Revue colombophile (Tourcoing).

Taubenschießen, ein namentlich in England, Frankreich und Belgien üblicher Sport, darin bestehend, daß man vor aufgestellten Schützen eine Anzahl Haustauben in die Höhe wirft, die während des Davonfliegens als Ziel zum Herabschießen dienen. In Deutschland ist das T. als Tierquälerei verboten, ebenso wie das Taubenwerfen, wie es bei Korsofahrten ausgeübt wird, wobei die Herren den Damen gefesselte, mit bunten Schleifen und Blumen geschmückte Tauben zuwerfen; trotzdem werden aber in Heiligendamm alljährlich T. veranstaltet.

Taubenschlage, s. Taubenzucht und Haustauben.

Taubenschwanz oder Karpfenschwanz (Macroglossa stellatarum L.), einer der häufigsten Schwärmer, der gegen 44 mm klaftert, mäusegraue Vorder- und gelbe Hinterflügel hat und bei Tage fliegt. Die grüne, weiß punktierte, mit einem Horn auf dem elften Ringe versehene Raupe lebt auf Labkrautarten.

Taubenstößer, Wanderfalke, s. Falken.

Taubenwallnister (Leipoa), Gattung der Großfußhühner (s. d.), von Fasanengröße, mit Bindehaut zwischen der Vorderzehe und der stark verkürzten Hinterzehe. Es giebt nur eine Art in Australien, das Leipoahuhn (Leipoa ocellata Gould), das oben