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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Tempeltey; Tempelverein; Tempelweihe; Tempera; Temperament; Temperantia; Temperanzgesellschaften

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Tempeltey – Temperanzgesellschaften

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Tempeln'

denen je eins für die Asse, die Könige u. s. w. bestimmt ist, nehmen die Einsätze der Spielenden aus. Der Bankier legt darauf die Karten in zwei Haufen auf: links gewinnt er, rechts die Pointeure.

Tempeltey, Eduard, geb. 13. Okt. 1832 in Berlin, studierte an der Universität daselbst Philologie und Geschichte, redigierte 1860–61 das Feuilleton der Nationalzeitung und war bei Gründung der Deutschen Fortschrittspartei Schriftführer im Zentralkomitee der Partei. 1862 trat er als Kabinettsrat in die Dienste des Herzogs von Coburg, führte gleichzeitig 1868–74 die Hofkapell- und Theaterintendanz, wurde 1871 Kabinettschef und 1887 Präsident. 1863 begleitete T. den Herzog zum Frankfurter Fürstenkongreß, 1864–65 weilte er in diplomat. Sendung in Kiel beim Herzog Friedrich von Augustenburg. Nach Auflösung des coburg-gothaischen Geheimkabinetts 1. Okt. 1896 wurde T. in den Ruhestand versetzt. Als Dichter hatte T. einen durchschlagenden Erfolg mit der Tragödie «Klytämnestra» (Berl. 1857), die 1856 zuerst im Wiener Hofburgtheater aufgeführt wurde und über die meisten deutschen Bühnen ging. Günstige Aufnahme fanden später noch das vaterländische Schauspiel «Hie Welf–Hie Waiblingen» (Lpz. 1858: 2. Aufl. 1861; zuerst aufgeführt 1883 im Leipziger Stadttheater) und das Drama «Cromwell» (1883). Ferner schrieb T. ein modernes Schauspiel «Daheim» (1861), den Text zu der vom Grafen Redern komponierten großen Oper «Christine» (1860) und einen Liedercyklus «Mariengarn» (Lpz. 1860 u. ö.), veröffentlichte einen Vortrag über «Theodor Storms Dichtungen» (Kiel 1867), eine Festrede «Friedrich Rückert» (Coburg 1869) u. a.

Tempelverein, s. Tempelgesellschaft.

Tempelweihe, jüd. Fest, s. Chanukka.

Tempĕra (ital.), die vor Erfindung der Ölmalerei (bis gegen Ende des 15. Jahrh.) für Staffeleibilder und auch noch jetzt besonders in der Dekorationsmalerei angewandte Maltechnik. Baron Alfons von Pereira hat erkannt, daß die alten Meister, wenn sie Ölfarben gebrauchten, beinahe ohne Ausnahme mit T. untermalt und zu diesem Zwecke ihre Farben nur mit dünnem Leim und Honig angesetzt und erst beim Malen das für die jeweiligen Zwecke passende Malmittel (Leim, Gummi, Eigelb oder Feigenmilch) frisch beigemischt haben. Zum Vollenden des Bildes nahmen sie zuweilen noch Harz- oder Ölfarben. Nachdem es ihm gelungen, die Farben, Malmittel und Leinwanden in der richtigen, den Vorschriften der ältern Meister entsprechenden Weise herzustellen, hat er die Temperatechnik in ein neues System gebracht. Das Farbenmaterial für die Temperamalerei besteht nach ihm aus Temperafarben (feinste, geschlämmte Erd- und Mineralfarben) und Majolikafarben (so benannt, weil sie mit einem Teil Majolikaerde gemischt sind). Diese beiden Farben werden mit klarem Honig oder Leimwasser angerieben und mit klaren Malmitteln, wie Hausenblasenlösung oder Schnitzelleim oder wässeriger Lösung von Gummiharzen, verwendet; sie dienen sowohl zur Untermalung als zur Fertigstellung des Bildes, während die Harzfarben zur Übermalung und Vollendung von Temperabildern benutzt werden. Ein derart a tempera gemaltes Bild besitzt ungefirnißt den feinen Zauber des Pastells und erhält gefirnißt, da die Temperafarbe den Firnis vollständig aufsaugt und bis auf den Grund eindringen läßt, die größte Leuchtkraft und Transparenz. Die Farben, Malmittel, Leinwanden u. s. w. werden hergestellt ↔ von J. G. Müller in Stuttgart. 1894 wurde von Schlichtegroll in Berlin eine Malschule für das Pereirasche Malverfahren eingerichtet. – Vgl. A. von Pereira, Leitfaden für die Temperamalerei (2. Aufl., Stuttg. 1893).

Temperamént (lat.), die individuelle Disposition zur Entstehung von Gemütsbewegungen. Von alters her unterscheidet man vier T., das cholerische, phlegmatische, sanguinische und melancholische. (S. die Einzelartikel.) Die Alten leiteten die T. von dem Vorherrschen der gelben Galle (grch. cholĕ), des Blutes (lat. sanguis), der schwarzen Galle (grch. melaina cholĕ) und der Lymphe oder des Schleims (grch. phlegma) ab. Natürlich giebt es auch viele Mittelstufen und gemischte, d. h. aus zweien zusammengesetzte T. Temperamentstugenden und Temperamentsfehler nennt man Tugenden und Fehler, zu denen der Mensch schon vermöge seines T. geneigt ist. (S. auch Konstitution, medizinisch.)

Temperantĭa (lat.), s. Kühlende Mittel.

Temperánzgesellschaften, freiwillige Vereinigungen in den Vereinigten Staaten und in England, die ihren Mitgliedern, den sog. Temperenzlern, die völlige oder teilweise Enthaltsamkeit von allen geistigen Getränken zur Pflicht machen und dem Laster des Trunks entgegenarbeiten. In den Vereinigten Staaten lassen sich ihre ersten Spuren bis 1808 zurückverfolgen. Doch traten sie bis zum Anfang der dreißiger Jahre nur vereinzelt auf und gewannen erst in dem zweiten Drittel des 19. Jahrh, eine größere polit. und sociale Bedeutung. Der Staat Maine führte 1851 das erste absolute Verbot aller geistigen Getränke ein, und wenn dieses Gesetz, das sog. Maine Liquor Law, auch 1856 wieder aufgehoben wurde, so ging es doch mehr oder minder in die Gesetzgebung fast aller Staaten der Union über. So gilt unter anderm auch das absolute Verbot im Staate Massachusetts. Ein Ausfluß der Temperanz ist die Gesetzgebung für die strikte Beobachtung des Sonntags (Sunday Laws), an dem kein Wirtshaus geöffnet und kein berauschendes Getränk verkauft werden darf, wie z. B. in den Neuengland-Staaten Neuyork, Pennsylvanien und selbst in einigen der westl. Staaten. Wenn auch keine besondere Partei, so bilden die Temperenzler doch in den Vereinigten Staaten ein mächtiges polit. Element, das besonders von der Geistlichkeit und den Frauen gestützt wird. In einer Anzahl von Staaten wurde das sog. Local Option Law zum Gesetz erhoben, wonach es jeder Stadt freisteht, den Verkauf berauschender Getränke zu verbieten. Die bedeutendste Organisation in der Union ist die National National Temperance Society, die fast in allen Staaten Hilfsgesellschaften errichtet hat, und auch die Woman’s Christian Temperance Union (s. Frauenvereine) ist eine weitverbreitete und einflußreiche Verbindung.

In Irland bildete sich die erste Temperanzgesellschaft 1829; Schottland und England folgten bald nach, 1831 wurde die British and foreign Temperance Society gebildet, die jahrelang der Mittelpunkt aller Mäßigkeitsbestrebungen in England war. 1832 entstand in Preston der erste sog. Teetotal-Verein, dessen Mitglieder sich nicht nur des Branntweins, sondern überhaupt aller berauschenden Getränke (des Weins, Biers u. s. w.) enthalten. Die Schreibart Tea-totaler (von Thee), die häufig gebraucht wird, ist unrichtig, obwohl die

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 693.