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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Thymeleen - Tiara.

stand und die Bewegung des Reigens beherrschte (s. Tafel "Baukunst IV", Fig. 11, u. Theater, S. 623).

Thymeleen (Daphnoideen), dikotyle, etwa 300 Arten umfassende, der gemäßigten und warmen Zone angehörige Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Thymeläinen, welche sich von den nächstverwandten Eläagnaceen hauptsächlich durch die nahe dem Gipfel des ein-, selten mehrfächerigen Ovariums entspringenden, hängenden Samenknospen unterscheidet. Vgl. Meißners Monographie in De Candolles "Prodromus", Bd. 14. Eine Anzahl von Arten aus den Gattungen Daphne L. und Pimelea Banks kommen fossil in Tertiärschichten vor.

Thymelīnae, Ordnung im natürlichen Pflanzensystem unter den Dikotyledonen, charakterisiert durch nebenblattlose Blätter, viergliederige Blüten, ein röhrenförmiges, blumenkronartig gefärbtes Perigon, die fehlende Korolle, perigynische Staubgefäße, einen oberständigen, einfächerigen und meist einsamigen Fruchtknoten, umfaßt die Familien der Thymeleen, Eläagneen, Proteaceen.

Thymĭan, Pflanzengattung, s. Thymus.

Thymĭanöl, ätherisches Öl, welches aus dem blühenden Kraute des Thymians durch Destillation mit Wasser gewonnen wird. Es ist farblos oder gelblich, vom Geruch und Geschmack des Thymians, spez. Gew. 0,87-0,90, löst sich schwer in Wasser, in gleichen Teilen Alkohol, leicht in Äther, enthält Thymen C10H16 ^[C_{10}H_{16}], Cymol C10H14 ^[C_{10}H_{14}] und Thymol C10H14O ^[C_{10}H_{14}O]. Es wird in der Parfümerie häufig angewandt.

Thymōl (Thymiankampfer) C10H14O ^[C_{10}H_{14}O] findet sich im ätherischen Thymianöl und in einigen andern ätherischen Ölen und wird daraus gewonnen, indem man die Öle mit Natronlauge schüttelt und die von dem Öl getrennte wässerige Flüssigkeit mit Salzsäure übersättigt. Es bildet farblose Kristalle, riecht thymianähnlich, schmeckt brennend gewürzhaft, ist leicht löslich in Alkohol und Äther, schwer in Wasser, schmilzt bei 44°, siedet bei 230° und wird aus seiner Lösung in wässerigen Alkalien durch Kohlensäure abgeschieden. Das T. wurde als Ersatz der Karbolsäure (Phenol) beim Wundverband, als Arzneimittel, zu Mundwässern und zum Konservieren des Fleisches etc. empfohlen. Es wirkt antiseptisch, aber nicht in der Weise schädlich auf den Organismus wie Karbolsäure, hinter welcher es freilich auch in seinen antiseptischen Eigenschaften bedeutend zurücksteht. In der Wundbehandlung hat es daher nur vorübergehend eine Rolle gespielt. Vgl. Ranke, Über das T. (Leipz. 1878).

Thymus Tourn. (Thymian, Quendel), Gattung aus der Familie der Labiaten, Halbsträucher oder kleine Sträucher mit kleinen, ganzrandigen, gegenständigen Blättern, meist wenigblütigen Scheinquirlen, die bald entfernt voneinander, bald zu dichten oder lockern Ähren oder Köpfchen zusammengedrängt sind, und meist rötlichen Blüten. 40 (80) Arten, besonders in den Mittelmeerländern. T. Serpyllum L. (Feldthymian, Feld-, Hühnerpolei, Quendel), in ganz Europa, im mittlern und südwestlichen Asien, in Afrika und Nordamerika, kleiner Halbstrauch mit niederliegendem, verästeltem Stengel, linealischen oder elliptischen, meist drüsig punktierten und am Grund borstig gewimperten Blättern und blaß purpurroten Blüten, variiert stark in Behaarung und Blattform, riecht, besonders gerieben, angenehm gewürzig und liefert ein ätherisches Öl (bis 0,4 Proz.). Das Kraut ist offizinell. T. vulgaris L. (Gartenthymian, römischer Quendel), ein niedriger Halbstrauch in Südeuropa, in Deutschland und noch in Norwegen häufig in den Gärten zum Küchengebrauch und der Bienen wegen kultiviert, hat einen aufsteigenden, ästigen Stengel, linealisch-lanzettliche bis länglich-eiförmige, drüsig punktierte, sehr kurz behaarte oder kahle, am Rand umgerollte Blätter und weißliche oder rötliche Blüten in ährig bis kopfig zusammengerückten Scheinquirlen. Das Kraut enthält ätherisches Öl (bis 0,6 Proz.) und ist offizinell.

Thymusdrüse (Milchfleisch, Brustdrüse, Briesel, Glandula Thymus), bei den Wirbeltieren ein drüsiges Gebilde im obern Teil der Brusthöhle und des Halses. Sie ist sehr langgestreckt bei den Krokodilen und Vögeln, wo sie vom Herzbeutel bis zum Unterkiefer reicht, kürzer bei den Säugetieren. Fast immer ist sie in der Jugend stärker entwickelt und erleidet im Alter Rückbildungen. Bei den Fischen steht sie noch in naher Beziehung zu den Kiemen und scheint auch aus ihnen hervorgegangen zu sein. Ihrem Bau nach ist sie eine Lymphdrüse (s. d.) ohne Ausführungsgang. Beim Menschen liegt sie hinter dem Handgriff des Brustbeins, wiegt 4-34 g, ist graurötlich, platt, meist dreieckig und besteht aus zwei seitlichen Lappen, welche durch einen schmälern mittlern Teil untereinander verbunden sind. Ungefähr im zweiten Jahr nach der Geburt hört sie auf, sich zu vergrößern. Von da an bleibt sie, meist bis etwa zum 15. Jahr, stationär und erleidet dann allmählich eine Umwandlung in Fettgewebe.

Thynnus, Thunfisch.

Thyōne, Beiname der Semele (s. d.), daher auch Dionysos hin u. wieder als Thyoneus verehrt wurde.

Thyreotomīe (griech.), operative Spaltung des Schildknorpels zur Entfernung unzugänglicher Neubildungen aus dem Kehlkopf.

Thyrsos (griech.), der mit Epheu u. Weinranken umwundene, oben mit einem Fichtenzapfen versehene Stab des Dionysos u. seiner Begleiter (s. Abbild.); in der Botanik (Thyrsus) s. v. w. sehr zusammengedrängte Rispe.

^[Abb.: Thyrsos.]

Thysanuren (Thysanura), Gruppe der Insekten, welche früher zu den Geradflüglern gestellt wurde, jetzt aber als selbständige Ordnung aufgefaßt wird; flügellose Tiere mit behaarter oder beschuppter Körperbedeckung, rudimentären kauenden Mundteilen und borstenförmigen Fäden, bez. Springapparat am Ende des zehngliederigen Hinterleibs. Die T. scheinen den ursprünglichen Charakter der ältesten Insektenformen am meisten bewahrt zu haben u. erinnern besonders in den langgestreckten Kampodiden an gewisse Myriopoden, zumal sie auch am Hinterleib Fußstummel tragen können. Die T. leben an feuchten, moderigen Orten und ernähren sich von verwesenden organischen Substanzen. Man teilt sie in drei Familien: Campodidae. Springschwänze (Poduridae) und Borstenschwänze (Lepismidae), zu welchen der Zuckergast (Lepisma saccharina) gehört. Vgl. Lubbock, Monograph of the Collembola and Thysanura (Lond. 1873).

Ti, in der Chemie Zeichen für Titan.

Tiahuanāco, Dorf in der südamerikan. Republik Bolivia, in der Nähe des Titicacasees, bekannt durch seine Altertümer, die von den Vorfahren der Aymara herstammen sollen.

Tiāra (griech.), nach Herodot die bei feierlichen Gelegenheiten getragene Kopfbedeckung der Orientalen, namentlich der Perser, von aufrecht stehender Form mit darum geschlungenem Diadem; dann die hohe päpstliche Kopfbedeckung, anfangs weiß ohne Kronenrand, dann gestreift mit goldenem Stirnreif.