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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tontīnen; Tōnus; Tonverwandtschaft; Tonwechselmaschine; Tooke; Toowoomba; Top; Topana

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Tontinen - Topana.

Büßende ließen sich schon früh das Haupt ganz kahl scheren; von ihnen nahmen die Mönche diese Sitte an, und von diesen ging sie im 6. Jahrh. auf alle christlichen Geistlichen über, denen sie 633 auf der vierten Synode zu Toledo gesetzlich vorgeschrieben ward. Man unterschied aber ein kahl geschornes Vorderhaupt als T. des Apostels Paulus von der kreisförmigen Platte auf dem Scheitel, der T. des Apostels Petrus. Jene war in der griechischen Kirche sowie in etwas andrer Form, als T. des Jacobus, bei den Briten und Iren üblich, diese in der abendländischen Kirche Priestern und Mönchen gemein. Die eben erst in den geistlichen Stand Eingetretenen tragen sie im Umfang einer kleinen Münze, die Priester im Umfang einer Hostie, die Bischöfe noch größer, und bei dem Papst bleibt nur ein schmaler Kreis von Haaren über der Stirn stehen.

Tontīnen, Anstalten, welche gegen Entgelt Einzahlungen unter der Verpflichtung annehmen, dieselben mit Zinsen nach Ablauf bestimmter Zeit denjenigen der Einleger, welche dann noch am Leben sein werden, als Kapital oder Rente zurückzugewähren. Sie erhielten ihren Namen nach ihrem Erfinder, dem italienischen Arzt Lorenzo Tonti, welcher auf Veranlassung des Kardinals Mazarin 1653 die erste Tontine in Paris einrichtete. Sie hatten vornehmlich in den romanischen Ländern großen Anklang gefunden. In Frankreich wurde das Tontinengeschäft bald nach seiner Erfindung vom Staat betrieben, verwickelte denselben aber in arge Finanzschwierigkeiten und wurde deshalb wieder aufgegeben; die letzte größere Tontine wurde 1759 eingerichtet. Die T., welche sehr verschieden gestaltet sein können, gehören nicht zu den Versicherungsanstalten, wenn nicht der Unternehmer ein Risiko dabei zu tragen hat (z. B. wenn die Auszahlungen in Form von Leibrenten bis zum Tode des letzten Überlebenden erfolgen). Die oft und noch neuerdings versuchte Verbindung der T. mit einer Lotterie ist auch in romanischen Staaten meistens ausdrücklich verboten, z. B. in Italien. Vgl. Versicherung. - Tontine heißt auch ein französisches Kartenglücksspiel, das mit der vollständigen Whistkarte von 12-15 Personen gespielt werden kann.

Tōnus (lat., "Spannung"), eine während des Lebens bestehende schwache, unwillkürliche, aber vom Nervensystem abhängige Kontraktion der Muskulatur. Während man früher den T. als eine automatische Funktion auffaßte, haben neuere Beobachtungen ergeben, daß er reflektorischer Natur sei, und daß die Muskeln erst infolge einer gewissen Spannung in tonische Kontraktion geraten. Da der Muskel in letzterm Zustand unzweifelhaft einen größern Stoffverbrauch aufweist als im Zustand der Ruhe, so dürfte der T. für die Erhaltung und Regulierung der Körperwärme eine hohe Bedeutung besitzen. Von außerordentlichem Wert ist der T. für die Mechanik der Ortsveränderung; durch den T. wird es nämlich ermöglicht, daß bei der Arbeit der Muskeln sofort eine Annäherung der Befestigungspunkte bewirkt wird, ohne daß erst Zeit und Kraft zur Anspannung des schlaffen Muskels erforderlich wären. Nach dem Tod erlischt der T., und infolgedessen erscheinen die Gesichtszüge der Leichen welk und schlaff.

Tonverwandtschaft, ein moderner musikalischer Begriff, welcher sich auf die Zusammengehörigkeit der Töne zu Klängen bezieht. Verwandt im ersten Grade, direkt verwandt sind Töne, welche einem und demselben Klang angehören (s. Klang). Mit c im ersten Grad verwandt sind g, f, e, as, a und es, denn c:g gehört dem C dur-Akkord oder C moll-Akkord an, c:f dem F dur-Akkord oder F moll-Akkord, c:e dem C dur-Akkord oder A moll-Akkord, c:as dem As dur-Akkord oder F moll-Akkord, c:a dem F dur-Akkord oder A moll-Akkord, c:es dem As dur-Akkord oder C moll-Akkord. Im ersten Grad verwandte Töne sind konsonant (vgl. Konsonanz). Verwandt im zweiten Grad sind Töne, welche nicht demselben Klang angehören, daher nicht direkt aufeinander bezogen werden, sondern durch Vermittelung von Verwandten ersten Grades. Es ist müßig, Verwandte dritten und vierten oder noch fernern Grades anzunehmen, da alle Töne, welche nicht direkt verwandt sind, gegeneinander dissonieren. Die verschiedene Qualität der Dissonanzen hängt allerdings von der Art der Vermittelung ab, welche das Verständnis des Intervalls ermöglicht; diese Vermittelung geschieht aber nicht durch Töne, sondern durch Klänge, so daß die Klangverwandtschaft in Frage kommt. Töne, die im ersten Grad verwandten Klängen angehören, sind leichter gegeneinander verständlich als solche, die auf im zweiten Grad verwandte Klänge bezogen werden müssen. Im ersten Grad verwandte Klänge sind: 1) solche gleichartige (beide Dur oder Moll), von denen der Hauptton des einen im ersten Grad verwandt ist mit dem Hauptton des andern; 2) solche ungleichartige, von denen einer der Wechselklang eines Akkordtons des andern ist, d. h. für den Durakkord der Mollklang (Unterklang) des Haupttons, Quinttons und Terztons, für den Mollakkord der Durklang des Haupttons, Quinttons und Terztons, also allgemein: Hauptwechselklänge (Ober- und Unterklang desselben Tons), Quintwechselklänge und Terzwechselklänge; dazu kommen noch die Leittonwechselklänge. Mit dem C dur-Akkord sind also im ersten Grad verwandt der G dur-, F dur-, E dur-, As dur-, A dur-, Es dur-, F moll-, C moll-, A moll- und E moll-Akkord; mit dem A moll-Akkord dagegen der D moll-, E moll-, E moll-, Cis moll-, C moll-, Fis moll-, E dur-, A dur-, C dur- und F dur-Akkord. Alle übrigen sind nicht direkt verständlich, sondern bedürfen der Vermittelung oder nachträglichen Erklärung. Da die Tonartenverwandtschaft abhängt von der Verwandtschaft der Toniken (Hauptklänge), so sind alle die Tonarten mit C dur, resp. A moll im ersten Grad verwandt, deren Tonika einer der Klänge ist, welche hier als im ersten Grad verwandt mit dem C dur-, resp. A moll-Akkord aufgeführt sind. Im zweiten Grad verwandt mit der C dur-Tonart sind dagegen z. B. D dur, B dur, H dur, Des dur, D moll, H moll und alle noch ferner stehenden; mit der A moll-Tonart: G moll, H moll, B moll, Gis moll, G dur, B dur etc.

Tonwechselmaschine, s. Pistons.

Tooke (spr. tuk), 1) Thomas, engl. Nationalökonom, geb. 1774 zu St. Petersburg als der Sohn des Historikers William T., erwarb sich als Teilnehmer eines großen Handelshauses reiche Erfahrungen im Handels- und Finanzwesen. Von 1820, wo er die berühmte Merchant's petition in favour of free trade verfaßte, war er bis zu seinem Tod, 1858, an allen kommerziellen Enqueten und an der Gesetzgebung auf allen Gebieten wirtschaftlicher Natur beteiligt. Er veröffentlichte eine sechsbändige "History of prices" (Lond. 1838-57, Bd. 5 u. 6 von Newmarch bearbeitet), welche den englischen Handel von 1793 bis 1856 schildert; "Inquiry into the currency principle" (1844); "On the bank charter act of 1844" (1855).

2) J. Horne, Schriftsteller, s. Horne Tooke.

Toowoomba, s. Tuwumba.

Top (Topp), s. Takelung.

Topana, eine Wurzel, s. Bunium.