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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Treiber - Treitschke

Blechplatte sowie die Überführung einer ebenen Blechscheibe in die Schalenform durch Hämmern. Im weitern Sinne umfaßt das T. auch das Schweifen, d. i. das Ausdehnen und Erweitern des Randes blecherner Hohlkörper (Cylinder, Kegel u. a.) und damit die Bildung geschweifter Formen mittels des Hammers. Zur Unterstützung des Bleches während des T. dient eine Unterlage aus Stahl (Treibstock, Schweifstock, Liegamboß), Blei, Holz oder Treibpech, einer Mischung von Pech mit Ziegelmehl; die Bearbeitung erfolgt mit Hilfe von Hämmern mit ebener, kugeliger, ellipsoidischer oder halbcylindrischer Bahn (Spannhämmer, Treib-, Teller-, Schweifhämmer), und bei der Anfertigung feiner Treibarbeiten mittels Punzen (s. d.) und Punzenhammer. Dem T. geht zuweilen eine bestimmte Vorarbeit voraus, durch welche die herzustellenden Körperformen vorgebildet werden und das Blech durch Stauchung verdickt, also für die folgende Streckarbeit günstig vorbereitet wird. Diese Arbeit wird Aufziehen genannt, wenn sie dazu dient, durch Einhämmern des Randes einer ebenen Blechscheibe in eine muldenförmige Vertiefung eines Blei- oder Hartholzblockes, diesen Rand emporzuheben; Einziehen, wenn sie die Verengung eines Hohlkörpers bezweckt.

Treiber, ein Teil des Webstuhls, s. Weberei.

Treiberameise, s. Wanderameise.

Treibereien, s. Gewächshäuser.

Treibermast, der hintere kleine Mast bei der Kuttertakelung: er trägt als Segel den sog. Treiber.

Treibhammer, s. Treiben (des Bleches).

Treibhäuser, s. Gewächshäuser.

Treibherd, s. Silber und Tafel: Silbergewinnung, Fig. 3.

Treibholz oder Füllholz, im Forstwesen ein Holzwuchs, der in einem licht stehenden jungen Bestand die Zwischenräume ausfüllen und diesen zu kräftigerm Höhenwuchs gewissermaßen antreiben soll. Meist wendet man das T. an, wenn eine Kultur in weitläufigem Verband mit kostspieligen Heisterpflanzen ausgeführt worden ist, z. B. mit Eichenheistern. Man erzieht dann den anfänglich unentbehrlichen, später in der Hauptsache zu entfernenden Nebenbestand auf billigere Weise. Als T. in solchen Heisterpflanzungen eignen sich Buche, Erle, Kiefer, Fichte u. s. w. Droht das T. den eigentlichen Bestand zu überwachsen, so wird es allmählich entfernt, oft auch nur geköpft. Nebenher erfüllt das T. auch die Aufgabe des Bodenschutzes.

T. heißt auch das auf dem Wasser treibende, z. B. das von den Meeresströmungen mitgeführte Holz.

Treibjagd, eine Jagdart, bei der das durch eine Treibwehr (eine Reihe von Menschen, die das Wild zutreiben) aufgescheuchte Wild den Schützen zugetrieben wird. (S. Klopfjagd und Kesseltreiben.)

Treibkette, Ewartsche, s. Kette.

Treibkolben, s. Kolben.

Treibnetz, s. Netzfischerei.

Treibofen, s. Abtreiben.

Treibrad oder Triebrad, bei Maschinen das bewegende Rad, bei Lokomotiven das Rad, an dem die Pleuelstange direkt angreift, bei Velocipeden (Bi- und Tricycles) das Rad, an dessen seitlich verlängerter Achse die Tretkurbeln befestigt sind, oder das durch Kettengetriebe die Antriebsbewegung empfängt.

Treibriemen, s. Riemen.

Treibsätze, Feuerwerkssätze, die so heftig verbrennen, daß die Verbrennungsgase zum Forttreiben von Körpern (Raketen, Schwärmern) dienen können (s. Feuerwerk und Sätze).

Treibscheibe, eine hölzerne oder metallene Scheibe, die bei Kartätschen oder Bodenkammer-Shrapnels dazu dient, die gesamte Kugelfüllung auf einmal vorwärts zu treiben und so die Wirkung der Pulvergase (bei Kartätschen der Geschütz-, bei Shrapnels der Sprengladung) zu vereinigen. (S. auch Hebespiegel und Treibspiegel.)

Treibschnur, s. Transmission.

Treibseil, s. Seilebenen.

Treibspiegel, bei den Kartätschen der glatten Kanonen eine hölzerne Scheibe zur Verbindung von Geschoß und Kartusche; ersteres war an den T. aufgenagelt, letztere wurde über den T. übergezogen und an ihm festgeschnürt. Bei den Kartätschen der gezogenen Geschütze ist der metallene T. am Boden der Kartätschenhülse und dient als Stoßboden für die Kugeln. (S. Hebespiegel und Treibscheibe.)

Treibstange, soviel wie Pleuelstange (s. d.).

Treibstock, ein kleiner Amboß zum Treiben (s. d.).

Treibströmungen, s. Driften.

Treideln, Treidelweg, s. Leinpfad.

Treidern-Aa, Fluß in Livland, s. Aa.

Treitschke, Friedr., Entomolog, s. Tr.

Treitschke, Heinr. von, Geschichtschreiber und Publizist, geb. 15. Sept. 1834 zu Dresden, Sohn des sächs. Generalleutnants von T. (gest. 1867), widmete sich zu Bonn, Leipzig, Tübingen und Heidelberg staatswissenschaftlichen und histor. Studien. Nach seiner Promotion lebte er in Göttingen und siedelte 1857 nach Leipzig über, wo er sich Ende 1858 mit der Schrift "Die Gesellschaftswissenschaft" (Lpz. 1859) an der Universität habilitierte. Die Erfolge, die er hier mit seinen histor. Vorlesungen erzielte, veranlaßten ihn, seine Studien ganz dem geschichtlichen Fache zuzuwenden. Im Herbst 1863 folgte er einem Rufe als außerord. Professor nach Freiburg i. Br., legte aber im Juni 1866 aus polit. Gründen dieses Amt nieder und ging nach Berlin, wo er die Redaktion der "Preuß. Jahrbücher" übernahm, von deren Leitung er 1889 zurücktrat. Im Herbst 1866 erhielt er eine ordentliche Professur der Geschichte an der Universität Kiel, 1867 in Heidelberg, wurde Ostern 1874 an die Universität in Berlin berufen und nach Rankes Tod zum Historiographen des preuß. Staates ernannt. Im Okt. 1895 wurde T. an Stelle Sybels in die Berliner Akademie der Wissenschaften gewählt und übernahm die Redaktion der "Histor. Zeitschrift". Er starb 28. April 1896 in Berlin. Von 1871 bis 1888 war T. als Abgeordneter des Wahlkreises Kreuznach-Simmern Mitglied des Reichstags, schloß sich hier an die nationalliberale Partei an und zeigte sich in allen großen polit. Fragen als einen der entschiedensten Kämpfer für Befestigung der deutschen Einheit und für Herstellung einer starken Reichsgewalt. Sowohl seine Reden als seine Schriften zeichnen sich durch Lebendigkeit und Frische, durch klares und offenes Erfassen des Ziels, durch vollständige Beherrschung des ganzen histor. Apparates, durch glänzende Darstellung, aber auch durch scharfe Hervorkehrung seiner Parteiansicht aus. Außer seinen zahlreichen Abhandlungen, besonders in den "Preuß. Jahrbüchern", sind von T.s Schriften hervorzuheben: die tagespolit. Abhandlungen, die in dem Buche "Zehn Jahre deutscher Kämpfe 1865-74" (3. Aufl., Berl. 1897) und in "Deutsche Kämpfe, Neue Folge" (Lpz. 1896) gesammelt sind; die "Histor. und