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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Tschang - Tschechische Litteratur.

35 km oberhalb Kalkutta, 10 qkm groß mit (1885) 25,842 Einw., steht unter einem von dem Generalgouverneur in Ponditscherri abhängigen Beamten und hatte 1883 eine Einnahme von 210,009, eine Ausgabe von 166,500 Frank. T. erhält von der britisch-indischen Regierung jährlich 300 Kisten Opium unter der Bedingung, daß es selbst kein Opium bereitet. Es wurde 1673 von den Franzosen besetzt, der Ort erlangte schnell große Bedeutung als Handelsplatz, wurde von den Engländern mehrmals erobert, 1815 endgültig zurückgegeben, hat sich aber nicht wieder erholen können. Vgl. Fras, Études sur Chandernagor (Lyon 1886).

Tschang, Längenmaß in China, à 10 Tschih; im Zollamt nach englischen Verträgen = 3,58, nach französischen = 3,55 m.

Tschangscha, s. Hunan.

Tschantabon, Handelsstadt im südöstlichen Siam, an der Mündung des gleichnamigen Küstenflusses in den Golf von Siam, mit angeblich 6000 Einw.

Tschapat (türk.), Post, das Postwesen, auch Postreiter in Persien. T.-Chan, Poststation.

Tschardaken, Wachthäuser an der österreichisch-türk. Militärgrenze für Militär- und Zeltwache und den Pestkordon. Vgl. Karaul.

Tschardas, s. v. w. Csárdás.

Tscharka, Flüssigkeitsmaß, s. Kruschka.

Tscharnikau, s. Czarnikau.

Tschaslau (tschech. Čáslav), Stadt in Ostböhmen, in fruchtbarer Ebene, an der Österreichischen Nordwestbahn, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, einer Finanzbezirksdirektion und eines Bezirksgerichts, hat eine Dechanteikirche mit hohem Turm, eine neue evang. Kirche, ein schönes Rathaus, ein Denkmal Ziskas, ein Theater, ein Untergymnasium, eine tschechische evang. Lehrerbildungsanstalt, eine Rübenzuckerfabrik (außerdem 7 in der Umgebung von T., einem Hauptsitz dieser Industrie), Bierbrauerei, Dampfmühlen, Fabrikation von Spiritus, Preßhefe, Seife und (1880) 7178 Einw. Von T. führt eine Lokalbahn nach Butschitz (mit Zuckerfabrik und Eisenwerk Hedwigsthal) und Zawratetz. T. ist sehr alt, war ein Hauptplatz der Hussiten und litt sehr im Dreißigjährigen Krieg.

Tschataldscha, 1) Städtchen 60 km westlich von Konstantinopel, an der Eisenbahn nach Adrianopel, nach welchem die umfangreichen, 1878 zum Schutz Konstantinopels errichteten Verteidigungswerke benannt werden; Sitz eines Mutessarif. -

2) Früherer türk. Name der jetzt griech. Stadt Pharsalos (s. d.).

Tschatschak, Hauptstadt eines Kreises im Königreich Serbien, rechts an der Morawa, mit Kirche, Untergymnasium und (1884) 3137 Einw. Hier zweimal (1806 und 1815) Sieg der Serben über die Türken. Der Kreis umfaßt 3164 qkm (57,4 QM.) mit (1887) 82,358 Einw.

Tschausch (türk.), ehemals Leibgardist oder Polizist, deren Vorgesetzter (T.-Baschi) mit wichtigen Staatsfunktionen betraut war; jetzt s. v. w. Wachtmeister, auch Vorreiter eines Wesirs; in Persien Unternehmer und Anführer von Pilgerkarawanen; in Serbien der Spaßmacher bei der Hochzeit.

Tschaussy, Kreisstadt im russ. Gouvernement Mohilew, hat eine griechisch-orthodoxe und eine Uniertenkirche, Fabriken in Leder, Wolle, Seife und Talg und (1885) 5202 Einw., zur Hälfte Juden.

Tschautschau, Handelsstadt in der chines. Provinz Fukien, mit katholischer und evang. Mission und angeblich 1 Mill. Einw. T. sollte nach dem Vertrag von Tiëntsin (1858) den Fremden als Vertragshafen geöffnet sein. Da es aber infolge seiner Lage oberhalb der Mündung des Han der Schiffahrt schwer zugänglich ist, so wird das an der Mündung gelegene Swatau (s. d.) als Vorhafen benutzt.

Tschay (Czay), Mischung von Thee, Zucker und Rum oder Rotwein; auch ein aus gestoßenem Mais, heißem Wasser, Zucker und Rum bereitetes, in Rußland und Ungarn sehr beliebtes Getränk.

Tschebokssary, Kreisstadt im russ. Gouvernement Kasan, an der Wolga, mit 12 Kirchen, dem Troizti-Kloster mit wunderthätigem Bilde des heil. Nikolaus und (1885) 5081 Einw., welche Juftengerberei und Handel mit Honig und Wachs treiben.

Tschech, Heinrich Ludwig, geb. 1789 zu Klein-Kniegnitz in Schlesien, studierte die Rechte und wurde Bürgermeister in Storkow. Aus Privatrache machte er 26. Juli 1844 in Berlin einen Mordversuch auf Friedrich Wilhelm IV. und wurde 14. Dez. d. J. in Spandau enthauptet.

Tschechen (Tschechoslawen, Češi]), Volksstamm der Nordslawen in der österreichisch-ungar. Monarchie, vorwiegend in Böhmen und Mähren seßhaft, wohin sie zu Ende des 5. Jahrh. n. Chr. aus dem Karpathenland an der obern Weichsel nebst andern verwandten Stämmen einwanderten. In Böhmen erlangten sie bald ein solches Übergewicht, daß ihr Name bereits im 9. Jahrh. die allgemeine Bezeichnung für sämtliche im Land wohnende Slawen ward und Böhmen selbst die Bezeichnung Tschechy erhielt. Ihr Name stammt nach gewöhnlicher Annahme von ihrem ersten Anführer, Tschech. Der tschechische Stamm umfaßt außer den eigentlichen T. in Böhmen auch die Mähren oder mährischen T. (Moravani) in Mähren (im westlichen Gebirge Horaken, in der Hanna Hannaken, im östlichen Gebirge Walachen genannt), zum Teil auch in Schlesien, ferner die Slowaken im nordwestlichen Teil Ungarns. Sonst sind die T. in einzelnen Ansiedelungen auch in andern Kronländern vertreten. Ein starker Zuzug tschechischer Handwerker und Arbeiter (namentlich Erd- und Bauarbeiter) findet nach Niederösterreich, insbesondere nach Wien statt. Die Gesamtzahl der T. beträgt 7,14 Mill. Die tausendjährige Anstrengung, das eigne Wesen vor dem mächtigern Deutschtum zu retten, hat dem T. manchen Charakterzug aufgedrückt, der sonst den Slawen fremd ist: Mißtrauen, Verschlossenheit und eine gewisse verbitterte nationale Erregtheit, da er sich immer durch den Deutschen gedrückt meint, hinter dem er, mit Vorliebe dem Ackerbau obliegend, in Gewerbe und Handel zurückbleibt. Seine Natur zeigt aber manche schöne Eigenschaften. Er ist arbeitsam, tüchtig als Soldat und Beamter, hat natürlichen Verstand und rege Phantasie, faßt schnell, eignet sich leicht fremde Sprachen an und treibt gern Poesie, Musik und Wissenschaft. Eine gemeinsame Nationaltracht aus älterer Zeit hat sich nicht erhalten; dagegen besitzen einzelne Gegenden, wie die Hanna, malerische Kostüme. Die volkstümliche Bauart des Block- und Pfahlwandbaues mit geringer Breite des Hauses, hohem Dach u. waldkantig behauenen Blöcken, die auf gemauertem Unterbau ruhen, und deren Zwischenräume mit Lehm und Moos verstopft sind, hat sich nur im östlichen Teil Böhmens erhalten. Weiteres s. in den Artikeln "Böhmen", "Österreich", "Slawen" etc. Vgl. Vlach, Die Čecho-Slawen (Teschen 1883).

Tschechische Litteratur. Die t. L. hat sich unter den slawischen Litteraturen am frühsten entwickelt, wurde jedoch in der hussitischen Zeit von theologisch-polemischen Schriften überflutet und durch die Reaktion nach der Schlacht am Weißen Berg (1620) fast voll-^[folgende Seite]