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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Tschili - Tschitschagow.

liches Gericht, das aber weniger fett in luftdichtem Gefäß durch Dampf gekocht wird; es vertritt bei Mahlzeiten die Stelle des Brots.

Tschili, chines. Provinz, s. Petschili.

Tschilka (Chilka), See (richtiger Lagune) in der britisch-ind. Provinz Orissa, an der Westküste des Bengalischen Meerbusens, hat bei 1-2½ m Tiefe je nach der Jahreszeit 891-1165 qkm (16-21 QM.) Umfang und steht mit dem Meer durch einen an 300 m breiten Kanal in Verbindung. Bei Hochwasser frisch, wird das Wasser später ganz salzig.

Tschille (pers.), die 40 Tage der strengen Winterkälte (in Konstantinopel sehr gefürchtet); auch die 40 Tage, welche die Frau nach der Niederkunft in Zurückgezogenheit zu verbringen hat.

Tschimin (türk.), Wasserpfeife in Mittelasien, plumper als der persische Kalian (s. d.), besteht aus einem länglichen Kürbis oder einer Holzflasche mit kurzem Rohr; der Tabak wird nicht in benetztem, sondern in trocknem Zustand geraucht.

Tschin (russ.), Rang; Bezeichnung für die russischen Rangstufen (Tschiny), in welchen die Zivil- und Militärbeamten gemeinschaftlich rangieren. Mit der vierten Klasse (Wirklicher Staatsrat, Generalmajor) ist der Adel verbunden.

Tschinab, Fluß, s. Tschenab.

Tschindana (Tjindana), früher Name der Insel Sumba (s. d.).

Tschinghai, lebhafter Vorhafen der chines. Stadt Ningpo, links am Yungfluß, nahe der Mündung desselben, seit 1842 dem europäischen Handel geöffnet. Eine verfallene Citadelle und eine neuerbaute Batterie von zehn Geschützen verteidigen die Reede. Im Krieg Frankreichs mit China wurde T. 1885 von den Franzosen wiederholt beschossen und das Fort Siaokung zerstört.

Tschingkiang (Chinkiang), Name verschiedener chines. Städte, darunter am wichtigsten die für den europäischen Handel geöffnete Hafenstadt in der Provinz Kiangsu, an der Mündung des Jantsekiang, Sitz eines deutschen Konsuls, mit einer katholischen und evang. Mission und etwa 135,000 Einw. Im Hafen verkehrten 1886: 3526 Schiffe von 2,328,052 Ton., davon 126 deutsche von 72,540 T.; die Einfuhr wertete 1887: 98,000 Haikuan Tael. Die Stadt wurde 1842 von der britischen Flotte bombardiert, 1853 von den Taiping zerstört, später aber wieder aufgebaut.

Tschingtu, Hauptstadt der chines. Provinz Setschuan, an einem Nebenfluß des Jantsekiang, hat breite Straßen, schöne Häuser, einen immer bedeutender werdenden Handel und 350,000 Einw.

Tschintschotscho (Chinchoxo), Faktorei und ehemalige Station der Deutschen Afrikanischen Gesellschaft, im portugiesischen Teil der Loangoküste an der Mündung des Lukulu.

Tschippewäer, Indianerstamm der Algonkin, s. Odschibwä.

Tschirch, Wilhelm, Männergesangskomponist, geb. 8. Juni 1818 zu Lichtenau (Schlesien), machte seine Studien am Lehrerseminar zu Bunzlau und von 1839 an auf Staatskosten am königlichen Institut für Kirchenmusik zu Berlin, wo er gleichzeitig den Kompositionsunterricht von Marx genoß. 1843 wurde er in Liegnitz als städtischer Musikdirektor und 1852 in Gera als fürstlicher Kapellmeister angestellt. Seine Männergesangskompositionen verbreiteten sich in die weitesten Kreise, selbst nach Amerika, woselbst T. auch persönlich enthusiastisch gefeiert wurde, nachdem er einer Einladung zu dem 1869 in Baltimore veranstalteten Sängerfest gefolgt war. Außer seinen Männerchören, unter denen die von der Akademie der Künste zu Berlin mit dem ersten Preis gekrönte Tondichtung "Eine Nacht auf dem Meere" Erwähnung verdient, komponierte er noch eine Oper: "Meister Martin und seine Gesellen" (aufgeführt 1861 zu Leipzig), sowie kleinere Sachen für Orgel und Klavier.

Tschirmen, Flecken im türk. Wilajet Adrianopel, rechts an der Maritza, westlich von Adrianopel, mit Citadelle und 2000 Einw., welche Seidenzucht treiben.

Tschirnau (Groß-T.), Stadt im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Guhrau, an der Linie Breslau-Stettin der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Präparandenanstalt, ein adliges Fräuleinstift, Spiritusbrennerei und (1885) 758 meist evang. Einwohner.

Tschirnhaus (Tschirnhausen), Ehrenfried Walter, Graf von, Naturforscher, geb. 10. April 1651 auf Kieslingswalde bei Görlitz, studierte zu Leiden Mathematik, war 1672 und 1673 Freiwilliger in holländischen Diensten, bereiste seit 1674 Frankreich, Italien, Sizilien und Malta und zog sich später auf sein Gut Kieslingswalde zurück; starb 11. Okt. 1708 in Dresden. Er errichtete in Sachsen drei Glashütten und eine Mühle zum Schleifen von Brennspiegeln von außerordentlicher Vollkommenheit. Er experimentierte mit einem Brennspiegel von 2 Ellen Brennweite und beschrieb die erhaltenen Resultate (1687 und 1688). Ein nicht geringes Verdienst gebührt ihm bei der Erfindung des Meißener Porzellans. Als Philosoph erwarb er sich eine gewisse Bedeutung durch seine "Medicina mentis" (Amsterd. 1687, Leipz. 1695). Auch als Mathematiker hat er sich namhafte Verdienste erworben, und die "Acta Eruditorum" aus den Jahren 1682-98 enthalten von ihm eine Reihe von Arbeiten über Brennlinien, das Tangentenproblem, Quadraturen, Reduktion von Gleichungen u. a. Vgl. Kunze, Lebensbeschreibung des E. W. v. T. ("Neues Lausitzisches Magazin", Bd. 43, Heft 1, Görl. 1866); Weißenborn, Lebensbeschreibung des E. W. v. T. (Eisenach 1866).

Tschirokesen, s. Tscherokesen.

Tschistopol, Kreisstadt im russ. Gouvernement Kasan, an der Kama, hat ein weibliches Progymnasium, Ackerbau, Viehzucht, Fischerei, lebhaften Handel und (1885) 24,288 Einw.

Tschita, Hauptstadt des sibir. Gebiets Transbaikalien, mit (1885) 5728 Einw.

Tschitah, s. Gepard.

Tschitraga, ein hieroglyphisches Zeichen, das die Inder mit rotem Sandelholz oder Asche von Kuhmist oder heiliger Erde auf Brust und Stirn malen, um die religiöse oder philosophische Sekte anzudeuten, zu der sie sich bekennen. Am Stoff der Farbe erkennt man den Gott, den man verehrt. Das Malen selbst wird jeden Tag nach den gewöhnlichen Abwaschungen unter Hersagung eigner Gebetsformeln vorgenommen.

Tschitschagow, Wasilij Jakowlewitsch, russ. Admiral, geb. 1726, nahm 1765 und 1766 an großen Expeditionen im Eismeer teil, befehligte im Türkenkrieg 1773-75 die donische Flottille und wurde 1788 während des schwedisch-russischen Kriegs nach S. Greighs Tod Oberbefehlshaber der baltischen Flotte; er siegte 1790 über die Schweden bei Reval und beschleunigte durch die Erfolge der Russen zur See den Abschluß des Friedens. Er starb 1809. -

Sein Sohn Paul Wasiljewitsch, geb. 1762, ward 1802 zum Vizeadmiral und Dirigierenden des Seeministeriums und 1812 zum Admiral ernannt. Im Mai d. J. übernahm er an Kutusows Stelle den Oberbefehl über die russische Moldauarmee und schloß 28. Mai den