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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Tschita – Tschorlu

Tschitá. 1) Bezirk im mittlern Teil des russ.-sibir. Gebietes Transbaikalien, im Gebiet der Ingoda und des Onon, hat 93241,3 qkm, 101418 E., darunter Burjaten (54 Proz.) und Verbannte (9,4); Ackerbau, Viehzucht, Jagd, Fischerei und 4 Goldwäschereien. – 2) Hauptstadt des Gebietes Transbaikalien und Bezirksstadt im Bezirk T., unter 52° 1′ nördl. Br. und 113° 30′ östl. L. von Greenwich, am Fluß T., 2 km nördlich von der Ingoda und an der im Bau begriffenen Sibir. Eisenbahn, ist Sitz des Gouverneurs und hat (1897) 11032 E., Post, Telegraph, 4 russ., 1 kath. Kirche, 1 Synagoge, Gymnasium, Mädchenprogymnasium, Centralmissionsschule, Feldscher-, Hebammenschule, Theater, Wochenblatt, Buchdruckerei, Buchhandlung, Filiale der Russischen Reichsbank, bedeutenden Transithandel (jährlich 2½ Mill. Umsatz) von und nach dem Amur.

Tschitah, s. Gepard und Tafel: Katzen Ⅰ, Fig. 3.

Tschitraka (im Sanskrit citraka), Bezeichnung der verschiedenartigen Zeichen, die sich die Inder auf Brust oder Stirn malen, um sich dadurch als Mitglieder einer bestimmten Sekte zu kennzeichnen. Häufigere Namen solcher Zeichen sind im Sanskrit pundraka und tilaka.

Tschitrāl, engl. Chitral, Gebiet in Kafiristan in Centralasien (s. Karte: Westasien Ⅱ, beim Artikel Asien), einem die engl. Oberherrschaft anerkennenden Herrscher unterstehend, umfaßt das Thal des Tschitralflusses, eines Nebenflusses des Kabul, zwischen dem Lahorigebirge im O. und dem Hindukusch im W., grenzt im N. an Wachan auf dem Pamir (s. d., Bd. 12 und 17 nebst Textkarte), im O. an die Gebiete Jaßin und Swat, im S. und W. an das eigentliche Kafiristan und weiter im W. und NW. an das afghan. Badachschan. Der fruchtbare Boden des Tschitralthals, nach der Sage «Afrasiabs Weinkeller», bringt viel Wein, Weizen, Gerste, Hirse, Obst und Gemüse hervor. Das Klima ist kühl. Außer dem Hauptort T., in 1585 m Höhe, ist wichtig das 77 km nordöstlich gelegene Mastudsch. Die Bewohner, der Abstammung nach meist der kaukas. Rasse angehörend, sind teils Kafir, die vielfach das ind. Kastenwesen besitzen, teils Schiiten und Sunniten; die Kafir und Mohammedaner befehden sich fortwährend. Überall finden sich Reste von Götzendienst; fast jedes Dorf hat einen heiligen Stein, bei dem geschworen wird. Der Sklavenhandel ist eine der Haupteinnahmequellen des Herrschers. Der Handel ist meist Tauschhandel.

In neuester Zeit ist T. wichtig geworden als Teil der Grenzgebiete zwischen Engländern und Russen in Centralasien. Seit 1893/94 suchen die Engländer sich hier, ebenso wie östlich davon im Gebiete von Gilghit (s. d.), mit Erfolg festzusetzen, um so ihr Grenzgebiet gegen das Pamir militärisch zu stärken. Unruhen, die nach der Ermordung des den Engländern günstig gesinnten Herrschers Nizam al-Mulk von dessen jüngerem Bruder Umra Chan hervorgerufen wurden, nötigten die Engländer im Frühling 1895 zu einer Expedition zum Entsatz eines im Fort von T. belagerten engl. Truppenkorps. Am 18. April vereinigte sich die von Gilghit aus vorgehende Kolonne des Oberst Kelly mit der Besatzung von T., worauf Umra Chan nach Kabul entfloh. Nach Eintreffen der engl. Hauptkolonne in T. im Mai wurde das Land von der ind. Regierung in Besitz genommen.- Vgl. Rob. Shaw, Visits to High Tartary, Yarkhand and Kashgar (Lond. 1871); Drew, The Northern barrier of India (ebd. 1877); Biddulph, Tribes of the Hindoo Koosh (Kalkutta 1880); Younghusband, The relief of Chitral (Lond. 1897).

Tschitschagow, Insel, s. Alexanderarchipel.

Tschitschágow, Wassilij Jakowlewitsch, russ. Admiral, geb. 1726, versuchte von der Halbinsel Kola aus nördl. Durchfahrten nach Indien und kam bei der ersten (1765) bis 80°, bei der zweiten (1766) bis 80° 21′ nördl. Br. Nach dem Tode Greighs übernahm er das Kommando der russ. Flotte und erfocht Seesiege über die Schweden 1789 bei der Insel Öland, 2. Mai 1790 auf der Reede von Reval und 27. Mai bei der Bucht von Wiborg. Er starb 1809.

Sein Sohn Paul Wassiljewitsch T., geb. 1762, wurde 1807 Admiral und übernahm 1812 nach Kutusow das Kommando der Moldauarmee. Mit dieser begab er sich nach Volhynien, um den Rückzug der Franzosen aus Moskau aufzuhalten, konnte jedoch den Übergang derselben über die Beresina nicht hindern. Deshalb beschuldigt, trat T. sein Kommando an Barclay de Tolly ab und ging ins Ausland. 1834 wurde er zur Rückkehr nach Rußland aufgefordert und, als er nicht Folge leistete, seiner Güter beraubt. T. ließ sich hierauf in England naturalisieren und starb 10. Sept. 1849. Nach ihm wurde 1891 das 156. russ. Infanterieregiment benannt. Er schrieb zu seiner Verteidigung «Retreat of Napoleon» (Lond. 1817) und hinterließ «Mémoires inédits» (Berl. 1855; 2. Aufl., Lpz. und Par. 1862).

Tschitschenboden, eine Hochebene im Karstgebiete, die im N. von Istrien vom Meerbusen von Triest zum Golf von Fiume hinzieht. Sie ist benannt nach den von ihren Nachbarn durch manche Eigentümlichkeiten unterschiedenen slaw. Bewohnern, den Tschitschen.

Tschittack, ostind. Feldmaß und Gewicht, s. Chittack.

Tschittagong, engl. Chittagong, verderbt aus Tschatgaon, Hauptstadt der gleichnamigen Division in der indobrit. Lieutenant-Gouverneurschaft Bengalen, an der Nordostecke des Busens von Bengalen, nach Kalkutta der wichtigste Hafen Bengalens, liegt am rechten Ufer der Karna-p’huli, 19 km von ihrer Mündung und zählt (1891) 24069 E., darunter 16753 Mohammedaner. Die Stadt ist nur ein Agglomerat von kleinen Dörfern, zwischen denen stagnierende Sümpfe und Teiche liegen; letztern verdankt T. seine berüchtigten Malariafieber. Haupteinfuhrartikel sind Salz, europ. Garn und Stückgüter; Ausfuhrwaren Reis, Jute, Gummi und Thee. Am 24. Okt. 1897 wurde die Stadt durch einen Wirbelsturm fast vollständig zerstört und 4‒5000 Menschen getötet.

Tschobe, Nebenfluß des Sambesi, s. Kuando.

Tschoh, ostind. Perlengewicht, s. Chow.

Tschola, ostind. Reich, s. Karnatak.

Tschola-Mandalam, ind. Name von Koromandel (s. d.).

Tscholman-idel, Nebenfluß der Wolga, s. Kama.

Tschora-Mandalam, ind. Name von Koromandel (s. d.).

Tschorba, türk. Nationalspeise, eine Reissuppe, der gelegentlich Hammelfleisch, Zwiebeln und Kürbisschnittchen zugesetzt werden.

Tschorgun, russ. Fluß, s. Tschernaja.

Tschorlu (Čorlu), im Altertum Syrallum, später Tzurulum, Stadt im Sandschak Rodosto des türk. Wilajets Adrianopel, am Flüßchen T., einem Zufluß der Ergene, an der Linie Konstantinopel-Adrianopel, Sitz eines griech. Bischofs, hat 8000 meist griech. E., eine schöne Moschee; Obst- und Weinbau.

^[Artikel, die man unter Tsch vermißt, sind unter Cz aufzusuchen.]