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Tuchfarbig – Tucuman
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Tuchfabrikation'
dern der auch durch erhöhten Abschluß der Luft im Innern des Gewebes die Wärmeleitungsfähigkeit desselben abmindert. Das Rauhen des Tuchs ist teils
Handarbeit, teils Maschinenarbeit. Vorzugsweise wird dasselbe mit den Fruchtköpfen der Kardendistel vorgenommen, die für diesen Zweck entweder in
ein mit der Hand geführtes Kardenkreuz eingesetzt sind, oder die Umfläche der Trommel der Rauhmaschine (s. Appretur) bedecken.
Das einmalige Durchrauhen eines Gewebestückes nennt man eine Tracht. Diese Trachten folgen in größerer oder
geringerer Zahl unmittelbar aufeinander. Das Rauhen erfolgt stets in der Längenrichtung des Tuchs, so daß hierbei die emporgehobenen Haarenden
gleichzeitig im Strich niedergelegt werden. Die Florhöhe der gerauhten Stücke ist keine gleichförmige, da die Rauhkarden die Haarenden auf
verschiedene Längen aus dem Gewebe herausziehen. Infolgedessen werfen verschiedene Oberflächenteile das Licht verschieden stark zurück; das
Gewebe erscheint fleckig und streifig. Dem Rauhen folgt daher das Scheren des Tuchs, d. h. das Abschneiden der durch Bürsten aufgerichteten
Haarenden auf gleiche Länge mittels der Schermaschine, seltener durch Handarbeit. Durch wiederholtes Scheren wird auf der ganzen Gewebefläche ein
vollkommen gleich hoher Flor erzeugt und damit die gleichmäßige Zerstreuung des von der Fläche zurückgeworfenen Lichts, also ein völlig gleichförmiges
Ansehen derselben erzielt. Die Rückseite der Tuche wird entweder nicht oder nur schwach gerauht und mit wenig Schnitten geschoren. Hierdurch bleibt
die Filzdecke unversehrt und gewinnt der Stoff an Haltbarkeit. Bei zu starker Entblößung der Vorderseite während des Scherens oder durch nachträgliches
Abreiben der Haardecke während des Gebrauchs, treten die Grundfäden des Gewebes hervor; man nennt derartige Tuche
fadenscheinig. Abgesehen von dem Färben stückfarbiger Tuche bestehen die Vollendungsarbeiten in dem
Heißpressen und Dekatieren (s. d.), wodurch der
Oberfläche des fertigen Tuchs ein schöner matter Glanz erteilt wird und das Tuch so weit eingeht, daß späteres Durchfeuchten beim Gebrauch weder das
Ansehen noch die Größe der aus dem Tuche gefertigten Kleidungsstücke beeinträchtigt. Das Tuch heißt wollfarbig,
wenn die zu demselben verwendete Wolle vor der Bearbeitung auf dem Wolf (s. Wollspinnerei)
gefärbt, lodenfarbig, wenn das Färben mit dem Gewebe vor dem Walken vorgenommen,
tuchfarbig, wenn der Stoff nach dem Walken oder sogar erst nach dem Scheren gefärbt wurde.
Im allgemeinen mit der Herstellung der Tuche übereinstimmend ist die Herstellung derjenigen dicken rauhen Stoffe aus Streichwolle, die verschiedene
Namen, wie Flocconné, Velour, Ratiné,
Welloné, Perlé u.s.w. führen und zu Herrenwinterkleidern verwendet werden.
Auch sie werden nach dem Weben gewalkt, gerauht und geschoren, dann aber meist noch frisiert oder ratiniert. Hierdurch wird wiederum eine teilweise
Verfilzung der Haardecke hervorgebracht und die Oberfläche des Stoffes mit verschiedenen Reliefmustern, Knötchen, Wellenlinien u.s.w. bedeckt. (S.
Appretur).
Die T. ist ein altes deutsches Gewerbe, das aber zuerst in den Niederlanden den höchsten Grad der Vollendung erreichte. Am Ausgang des Mittelalters
waren als Tuchfabrikanten die Deutschen, Niederländer und Italiener berühmt. Heute nehmen in der T. neben Preußen und Sachsen, die durch
↔ ihre ausgezeichneten Wollen begünstigt sind, Österreich, Frankreich, England und Belgien eine hervorragende Stellung ein.
Frankreich hat besonders in den an Belgien und Luxemburg grenzenden Teilen und in der Normandie bedeutende Tuchfabriken. Die deutsche T. ist in der
preuß. und sächs. Lausitz, andern Teilen von Sachsen und am Rhein am weitesten vorgeschritten.
Vgl. Stommel, Das Ganze der Weberei des Tuch- und Buckskinfabrikanten (2 Bde., Düsseld. 1883); Ölsner, Lehrbuch der Tuch- und Buckskinweberei,
(2 Bde., Altona 1881); Löbner, Praktische Erfahrungen aus der Tuch- und Buckskinfabrikation (3 Bde., Grünberg 1891).
Tuchrasch, Stoff, s. Rasch.
Tuchrot, Azofarbstoffe, die durch Diazotieren von Amidoazotoluol und Kombination mit β-Naphtholmonosulfosäure
(Tuchrot G, dunkelroter Wollfarbstoff) oder mit β -Naphtholdisulfosäure
(Tuchrot L, braunroter Wollfarbstoff) dargestellt werden.
Tuchschere, eine der gewöhnlichen Schafschere ähnliche, nur viel größere Schere, die vor der allgemeinen Einführung der
Schermaschinen zum Scheren des Tuchs gebraucht wurde. (S. Appretur und Tuchfabrikation.)
Tuchscherer, auch Appreteur genannt, derjenige, der die Zurichtung von Tuchen und
tuchartigen Stoffen einschließlich des Pressens und Dekatierens besorgt.
Tuckum, russ. Stadt, s. Tukkum.
Tuculör, ein Stamm der Fulbe (s. d.) im nordwestl. Afrika, besonders in den Haussastaaten und in
Bambuk, entstanden aus der Vermischung der heller gefärbten Fulbe mit der Negerrasse der Joloff. Die Franzosen waren es, welche diese
dunkelgefärbten Fulbe Toucouleurs benannten.
Tucumān. 1) Die kleinste Provinz Argentiniens im N. von Salta, im O.
und S. von Santiago del Estero, im S. und W. von Catamarca begrenzt (s. Karte:
La-Plata-Staaten u.s.w.), bedeckt 21970
qkm. Der Osten des Landes ist eben. Im NO. ist Hügelland und gegen Catamarca findet sich die zu 4650 m aufragende Sierra de Aconquija, eine
Gneiskette, welche von engen Flußthälern durchzogen, einen prächtigen Urwald von Walnuß-, Mahagoni- und Ebenholzbäumen nebst Cedern, Lorbeeren
und Myrten trügt. In den Bergen gewinnt man etwas Gold, Silber, Kupfer und Blei. Der nicht schiffbare Rio Tala, der Oberlauf des Rio Dulce, mit
zahlreichen Nebenflüssen, bewässert, durch Kanäle verbreitet, den Boden, der in außerordentlicher Üppigkeit Zuckerrohr und Mais, daneben Tabak,
Weintrauben, Südfrüchte hervorbringt. Auf dem reichen Weidelande wird eine schwunghafte Pferde-, Maultier- und Rindviehzucht betrieben. Das Klima ist
mild, bei einer Mitteltemperatur von 19,4° fallen 900 mm Regen. Die Bewohner (1895: 215693), meist Mischlinge, sind
intelligent und thätig und haben von jeher mit besonderm Eifer an den polit. Umwälzungen teilgenommen. T. wird von den Bahnen Cordoba-Salta (in zwei
Armen), Santiago del Estero-T. und Nosario-T. durchzogen. –
2) T. oder San Miguel del T., Hauptstadt der Provinz, 3 km rechts vom Rio
Tala, Station der
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 1045.