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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Umschlageisen – Umtrieb

Umschlageisen, ein bei der Blechbearbeitung (s. d.) benutztes Werkzeug zum scharfkantigen Abbiegen (Umschlagen, Abkanten) dünnen Bleches; es besteht aus einem flachen, keilförmig gestalteten und zur Befestigung in einem Klotz mit einer Angel versehenen Eisenstück, dessen verstählte, gerade, aber stumpfe Schneide (Arbeitskante) horizontal gerichtet ist. Ähnlich ist das Bördeleisen (s. d.).

Umschlagsplätze, s. Spedition.

Umschlagsrecht, Umladungsrecht, das von einzelnen Ortschaften früher ausgeübte Recht, vermöge dessen sie verlangen konnten, die Weiterführung ankommender Waren nur durch ihre eigenen Fuhrleute oder Schiffer zu besorgen. Gegenwärtig ist dieses Verkehrshemmnis überall beseitigt.

Umschlagtarife, s. Reexpedition.

Umschließung, Umfassung, s. Enceinte.

Umsetzen, s. Verpflanzen.

Umsetzungen, chemische, s. Chemische Prozesse.

Umskiptingar, s. Wechselbälge.

Umspringen, plötzliche starke Änderungen der Windrichtung.

Umstadt, s. Groß-Umstadt.

Umstandswort, s. Adverbium.

Umsteuerungen, Mechanismen, welche den Zutritt des motorischen Mittels (Dampf, Gas, Wasser) in den Arbeitscylinder eines Motors derart verändern, daß die Umdrehungsrichtung des Motors sich umkehrt. Sie finden besondere an denjenigen Motoren Anwendung, welche Transportzwecken dienen, wie Lokomotiven, Schiffs- und Fördermaschinen. Die U. wirken hauptsächlich in der Weise, daß durch Hebelkombinationen die äußere Steuerung des Motors und dadurch die innere Steuerung umgestellt wird. Die gebräuchlichsten U. sind die Coulissensteuerungen, durch deren Umstellung, außer der Drehrichtung der Maschine, gleichzeitig die Expansion des Dampfes im Cylinder verändert werden kann. Nebenstehende Abbildung zeigt die von Stephenson konstruierte Coulissensteuerung, die für Lokomotiven und besonders auch für Schiffsmaschinen die meiste Verbreitung gefunden hat. Die Figur stellt die Umsteuerung der Betriebsmaschine eines kleinen Dampfbootes dar. Die Maschine ist stehend, mit oben liegendem Cylinder. Die unten angeordnete Schraubenwelle ist mit a bezeichnet. Auf dieser sind zwei Excenter festgekeilt, von denen das eine e für den Vorwärtsgang, das andere e₁ für den Rückwärtsgang dient, und die aus der Welle a unter einem bestimmten Winkel zu einander und zur Kurbel des zugehörigen Dampfcylinders verstellt sind. Beide Excenter sind mit der Coulisse c durch die Excenterstangen b und b₁ verbunden, In der Coulisse c sitzt ein Gleitstück s («Stein» genannt), das mit der Schieberstange f durch Zapfen in Verbindung steht. Die Coulisse selbst kann durch die Hebelvorrichtung g vom Führerstande aus nach rechts oder links verstellt werden. Wird sie so weit als möglich nach links ausgelegt (wie in der Figur dargestellt), so kommt allein das Excenter e zur Wirkung, und die Maschine bewegt sich links herum; umgekehrt gelangt bei vollkommen nach rechts ausgelegter Coulisse das Excenter e₁ zur Thätigkeit und bewirkt die Rechtsbewegung der Maschine. In diesen beiden Stellungen findet zugleich die größte Füllung, also auch die maximale Leistung der Maschine statt. Bei andern als diesen äußern Stellungen vereinigt sich die Wirkung beider Excenter nach dem Verhältnis der Stellung des Steins zwischen den beiden Angriffspunkten der Excenterstangen an der Coulisse. Je mehr der Stein in die Coulissenmitte gelangt, um so mehr verkleinert sich die Füllung. Der Mittelstellung des Steins entspricht der Stillstand der Maschine. Außer der Stephensonschen Umsteuerung finden noch Verwendung die Goochsche Steuerung, die U. von Allan-Trick (s. Tafel: Lokomotiven Ⅱ, Fig. 1), Heusinger von Waldegg, Joy, Klug.

^[Abb.]

Bei schweren Schiffsmaschinen kann die Verstellung der Hebel g nicht mehr mit der Hand geschehen. Man verwendet hierzu in diesem Falle eine als Krafteinschalter (s. d.) wirkende Dampfumsteuerung. Dieselbe besteht aus einer kleinen Dampfmaschine (Zwillingsmaschine) mit Rotation, welche, mit Handumsteuerung versehen, die Steuerung der Hauptmaschine in die geforderte Stellung bringt, oder aus einem einfachen Dampfcylinder, dessen Kolben durch Stangen mit der Coulisse der Hauptmaschine direkt so verbunden ist, daß die Endstellungen des Kolbens in seinem Cylinder den Grenzstellungen der Steuerung entsprechen.

Umsturzvorlage, Bezeichnung der bei der Tagung des Reichstags von 1894/95 eingebrachten Vorlage, die nach ihrer Begründung den gefährlichen, auf den gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staatsordnung gerichteten Bestrebungen entgegentreten sollte, zu deren Bekämpfung die bestehenden Strafgesetze nicht ausreichten. Da der Reichstag für ein Strafgesetz mit so unbestimmt gelassenen Satzungen, wie es die der U. waren, die der Freiheit der Presse und selbst der Freiheit der Wissenschaft und Kunst Gefahr drohten, nicht zu gewinnen war, fiel die in der Kommission wesentlich umgeänderte Vorlage im Mai 1895 in zweiter Lesung.

Umtrieb oder Umtriebszeit, im Forstwesen der Zeitraum von der Begründung eines Bestandes bis zu seiner, mit Wiederverjüngung verknüpften Ernte. Das Ende dieses Zeitraumes, also das Alter des Bestandes bei seinem Abtrieb, nennt man das Abtriebs- oder Haubarkeitsalter. Man unterscheidet hauptsächlich: 1) den physischen U., der für die natürliche Wiederverjüngung einer Holzart besonders geeignet ist; 2) den U. des höchsten Massenertrags, der mit dem Jahre des höchsten Durchschnittszuwachses, also mit jenem, in dem letzterer gleich dem laufenden Zuwachs (s. d.) wird, zusammenfällt; er gründet sich auf die Anwendung des physiokratischen Systems der Volkswirtschaft auf die Forstwirtschaft; 3) den technischen U., bei