Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

95

Verbas - Verblasen.

zelnen Völkerschaften in verschiedenartiger Anwendung vor, indem sie nicht überall den Charakter einer eigentlichen Strafe hatte (s. Exil). Im modernen Straf und Polizeirecht findet sich dieselbe nur noch in der Form der Deportation (s. d.) und der Ausweisung (s. d.).

Verbas, Fluß, s. Wrbas.

Verbáscum Tourn. (Wollkraut, Fackelkraut, Königskerze), Gattung aus der Familie der Skrofulariaceen, hohe, mehr oder weniger filzig oder flockig-wollig behaarte, zwei, selten mehrjährige Kräuter oder Halbsträucher mit zerstreut stehenden, ganzen, gekerbten, gezahnten oder fiederspaltigen Blättern, ansehnlichen Blüten in terminalen oder teilweise axillaren Trauben oder Ähren und kugeligen oder länglichen, vielsamigen Kapseln. Etwa 140 Arten in Europa, Nordafrika, West und Mittelasien. V. thapsiforme Schrad., mit 0,6-2 m hohem Stengel, welcher im zweiten Jahr auswächst, länglich-elliptischen, schwach gekerbten, beiderseits wollig-filzigen Blättern und einfacher, gedrängter, bis 60 cm langer Blütenähre mit radförmigen, gelben, außen filzigen Blüten von 2,5 cm und mehr Durchmesser, wächst von Norddeutschland bis Griechenland und liefert, wie auch V. phlomoides L., mit eiförmigen bis länglich-eiförmigen Blättern, im mittlern und südlichen Gebiet, offizinelle Blüten, die frisch unangenehm, getrocknet honigartig riechen, einen süß und schleimig schmeckenden Aufguß geben und Fett, Zucker (11 Proz.) etc. enthalten. Die Königskerze ist Symbol der Königswürde, die Jungfrau Maria trägt eine Königskerze (»Himmelbrand«) in der Hand, und nach Apulejus ist die wunderthätige Pflanze das wahre Moly (s. d.). Die Griechen benutzten die wolligen Blätter mehrerer Arten als Lampendocht oder tauchten die ganze Pflanze in Pech, um sie als Fackel zu brauchen (daher Phlomos). Der Flaum der Blätter, der aus baumförmig verzweigten Haaren besteht, diente ehemals als Zunder. V. nigrum L., mit unten lang gestielten, oberseits dunkelgrünen Blättern, dunkelgelben Blüten und mit purpurnem Wollhaar bedeckten Staubfäden, wächst an steinigen, sonnigen Orten, nach der Sage auf Gräbern böser Menschen. Trockne fruchttragende Stengel von dem kleinblütigen V. sinuatum L., in Griechenland, werden bündelweise zum Fischfang benutzt, wirken also, wie es scheint, betäubend. Die einzelnen Arten bilden leicht Bastarde; man kultiviert sie, wie auch V. phoeniceum L. mit violetten Blüten, in Mittel und Südeuropa als Zierpflanzen.

Verbena Tourn. (Eisenkraut), Gattung aus der Familie der Verbenaceen, liegende oder aufrechte Kräuter und Halbsträucher mit gegen-, selten zu drei wirtel- oder wechselständigen, häufig eingeschnittenen, sehr selten ganzrandigen Blättern, kleinen bis mittelgroßen Blüten in meist terminalen, verlängerten oder gedrängten Ähren und in vier Nüßchen zerfallender Frucht. Etwa 80, meist amerikanische Arten. V. officinalis L., ausdauernd, mit 60 cm hohem Stengel, gegenständigen, dreispaltigen Blättern mit kerbig eingeschnittenen Lappen und kleinen, weiblichen oder rötlichen Blüten in langen, schmächtigen Ähren, in Europa und Australien, wurde früher medizinisch als Universalmittel benutzt. Sie war der Isis geweiht und stand auch bei Griechen und Römern als Heil- und Glückspflanze in hohem Ansehen. Man bekränzte die Opfer mit Eisenkraut, und die Ärzte nannten alle heilsamen Kräuter verbenae. Auch bei den Druiden galt das Eisenkraut als heilig. Als Zierpflanzen sind hervorzuheben: V. chamaedrifolia Juss., in Buenos Ayres, halbstrauchartig, mit leuchtend scharlachroten Blumen, hat die meisten der jetzt in Gärten verbreiteten Spielarten geliefert. Die Phantasie und italienischen Verbenen sind Blendlinge von V. tenerioides ^[richtig: teucrioides] Gill. et Arn. in Brasilien. Die Gartenverbenen sind ungemein veränderlich und liefern bei jeder Aussaat neue Varietäten (einfarbig, panaschiert, marmoriert, schattiert, geäugelt, gesternt, gerandet), und ihre Farben durchlaufen die ganze Farbenskala.

Verbenaceen, dikotyle, etwa 700 Arten umfassende, in der gemäßigten und warmen Zone verbreitete Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Labiatifloren, Kräuter, Sträucher und Bäume mit meist vierkantigem Stengel, gegenständigen, selten wechselständigen, bisweilen quirlständigen Blättern, welche bald einfach, ganz oder eingeschnitten, bald zusammengesetzt, gefingert oder unpaarig gefiedert und nebenblattlos sind, und vollständigen, meist lippenförmigen, selten regelmäßigen Blüten, welche in Ähren, Köpfchen, Trauben oder Trugdolden mit Deckblättern stehen. Die mit den Labiaten nahe verwandte Familie der V. unterscheidet sich von denselben nur in untergeordneten Merkmalen. Sie sind in ihrer Heimat vielfach in arzneilichem Gebrauch. Mehrere liefern auch eßbare Früchte. Unter den tropischen Bäumen ist Tectona grandis durch sein Nutzholz berühmt. Mehrere krautartige sind bei uns Gartenzierpflanzen. Vgl. Bocquillon, Revue du groupe des Verbénacées (Par. 1863).

Verbenaöl, äther. Öl der peruanischen Aloysia citriodora, kann nur aus frischem Kraut bereitet werden, ist aber nicht im Handel und wird daher durch Grasöl oder eine Mischung ersetzt.

Verberie (spr. werb'rih), Stadt im franz. Departement Oise, Arrondissement Senlis, links an der Oise und der Nordbahnlinie von Crépy en Valois nach Estrées-St.-Denis, mit alter Kirche und 1500 Einw. Erwähnenswert als ehemaliger Sitz Karls d. Gr., von dessen Burg aber keine Spur mehr vorhanden ist.

Verbesserungsantrag, s. Amendement.

Verbi causa (abgekürzt v. c., lat.), zum Beispiel.

Verbindung, im Rechtswesen, s. Accession.

Verbindungen, chemische, s. Elemente.

Verbindungen, studentische, s. Universitäten.

Verbindungswärme, die beim Entstehen einer chemischen Verbindung entwickelte (durch die Arbeit der chemischen Anziehungskräfte erzeugte) Wärmemenge. Bei der Trennung der verbundenen Bestandteile wird dieselbe Wärmemenge wieder verbraucht. Unsre künstlichen Wärmequellen beruhen sämtlich auf der Verbrennung (Oxydation), d. h. auf der Verbindung des Brennstoffs mit dem Sauerstoff der Luft. Zur Messung der Verbindungswärme dienen Wasserkalorimeter, innerhalb deren sich ein Behälter befindet, in welchem die chemische Einwirkung vor sich geht. Auch die tierische Wärme entsteht infolge chemischer Vorgänge, welche im tierischen Körper vor sich gehen, besonders durch Verbrennung des in der Nahrung zugeführten Kohlenstoffs und Wasserstoffs durch den eingeatmeten Sauerstoff.

Verblasen, im Hüttenwesen das Schmelzen von unreinen Metallen oder Metallverbindungen bei Zutritt von Gebläseluft in einem Flammofen, um schädliche Bestandteile im oxydierten Zustand zu verflüchtigen oder zu verschlacken; daher Verblasenkupfer, Kupferverblasenschlacke. - In der Malerei heißt V. diejenige Behandlung, bei welcher die Farben und Umrisse so ineinander verschwimmen, daß der Gesamteindruck des Kolorits flau und unentschieden ist. Vgl. auch Sfumato, welches jedoch nicht den tadelnden Nebensinn hat.