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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vigilien; Vigilieren; Vigna; Vignemale; Vignette; Vignola; Vignoles; Vignon; Vigny; Vigo; Vigognewolle; Vigor

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Vigilien - Vigor.

sowie des sich dieser Artikel mit Vorliebe annehmenden Hieronymus, der 406 gegen ihn schrieb; wesentlich also gleich gerichtet wie Jovinianus (s. d.). Vgl. Gilly, V. and his times (Lond. 1844).

Vigilien (lat.), bei den Römern zum Unterschied von den Tagwachen (excubiae) Nachtwachen, deren vier auf die Nacht kamen, welche Anordnung in der katholischen Kirche auf die zu gottesdienstlichen Zwecken dienenden klösterlichen Nachtwachen übertragen wurde. Auch heißen V. (griech. Pannychides) in der alten Kirche die nächtlich begangenen Vorfeiern zu den Festen (s. Ostern). Jetzt bedeutet Vigilie (franz. veille) den Tag vor hohen Kirchen- und Heiligenfesten.

Vigilieren (lat.), wachsam sein, ein wachsames Auge auf etwas haben, scharf aufpassen.

Vigna (ital., spr. winja), Weinberg.

Vignemale (spr. winj'mál), einer der höchsten Gipfel der Hochpyrenäen, 3290 m ü. M., dessen höchste Zacke, die schwer zugängliche Pique longue, 1834 von Jean Latapie zum erstenmal erstiegen wurde.

Vignette (franz., spr. winj-), Zier- und Titelbildchen, Randzeichnung; ursprünglich bedeutet das Wort Weinrankenverzierung. Johannes Veldener (seit 1476) zu Löwen und Utrecht wendete sie zuerst in seinem »Fasciculum temporum« an.

Vignola (spr. winj-) eigentlich Giacomo Barozzi, ital. Architekt, geb. 1. Okt. 1507 zu Vignola bei Modena, deshalb gewöhnlich V. genannt, bildete sich in Rom, brachte später zwei Jahre am französischen Hof zu und wurde 1550 päpstlicher Architekt und nach Michelangelos Tod (1564) Architekt der Peterskirche, an welcher er die beiden kleinen Kuppeln errichtete. Er starb 7. Juli 1573 in Rom. Seine Hauptwerke sind der Palast Caprarola bei Viterbo und die Kirche del Gesù in Rom, welche Giacomo della Porta nach seinem Tod nicht getreu nach seinen Plänen vollendete. Seine Bauten zeigen vornehmen Geschmack und harmonische, wenn auch etwas kalte Wirkung. Am einflußreichsten ist V. durch sein Werk über die fünf Säulenordnungen (»Regole delle cinque ordini d'architettura«, 1563; hrsg. von Lebas u. Drebet, Par. 1815) geworden, welches lange Zeit als Kanon galt, jedoch die Antike in gewisse starre Regeln brachte, die nicht ihrem wahren Wesen entsprachen.

Vignoles (spr. winjoll), Charles Blacker, Ingenieur, geb. 1792 aus einer franz. Hugenottenfamilie, diente in seiner Jugend unter Wellington auf dem Kontinent und besuchte dann Nordamerika; nach England zurückgekehrt, widmete er sich mit Erfolg dem Eisenbahnwesen. Bekannt ist er namentlich durch die nach ihm benannten V.-Schienen, die er aus Amerika nach Europa einführte. Er starb 17. Nov. 1875 auf seinem Landsitz Hythe bei Southampton.

Vignon (spr. winjóng), Claude (mit dem wahren Namen Noëmi Cadio), franz. Schriftstellerin und Bildhauerin, geb. 12. Dez. 1832 zu Paris, sah sich, ungünstig verheiratet, schon früh auf Feder und Meißel, die sie gleich vortrefflich zu führen wußte, angewiesen und stellte bereits mit 20 Jahren im Salon aus. Zehn Jahre später war sie als Romanschreiberin geschätzt und als Künstlerin allgemein bewundert. In ersterer Eigenschaft gehörte sie zur Schule Balzacs und strebte nach realer und psychologischer Wahrheit. Wir nennen von ihren Romanen: »Minuit, récits de la vie réelle« (1861); »Victoire Normand« (1862); »Les complices« (1863); »Un drame en province« (1863); »Un naufrage parisien« (1869); »Château Gaillard« (1874); »Elisabeth Verdier« (1875); »Les drames ignorés« (1876); »Révoltée!« (1879); »Le mariage d'un sous-préfet« (1884) etc. Von ihren Bildwerken schmücken Basreliefs die Bibliothek des Louvre und die Fontäne St.-Michel in Paris, mehrere Kindergruppen den Square Montholon daselbst, eine Daphne das Museum von Marseille etc. Seit 1872 in zweiter Ehe mit dem Abgeordneten M. Rouvier verheiratet, starb sie 10. April 1888.

Vigny (spr. winji), Alfred Victor, Graf de, franz. Dichter, geb. 27. März 1799 auf dem Schloß Loches in Touraine, trat 1814 in Militärdienste, beteiligte sich 1823 an der Invasion in Spanien, nahm 1828 als Kapitän seinen Abschied und privatisierte fortan in Paris, wo er 17. Sept. 1863 starb. Seit 1845 war er Mitglied der Akademie. V. gehörte als Dichter zu den ersten, welche sich von den Fesseln der konventionellen französischen Dichtkunst loszumachen suchten. Er war Romantiker, jedoch ohne formlos zu sein; vielmehr bekämpfte er die dithyrambisch-zügellose Willkür der Romantiker ebenso wie die kühle und sogar frostige Manier der sogen. klassischen Schule. Ein bedeutender Anflug von Mystizismus findet sich indessen in seiner Dichtung »Éloa, ou la sœur des anges«. Seine Hauptwerke sind: »Poèmes« (1822); »Poèmes antiques et modernes« (1826); die Romane: »Cinq Mars« (1826; deutsch, Leipz. 1869), ein in seiner Art klassisches Werk, der beste historische Roman der französischen Litteratur; »Stello, ou les consultations du docteur noir« (1832), worin die üppigste Phantasie ihr freies Spiel treibt, und »Servitude et grandeur militaires« (1835; deutsch, 2. Aufl., Norden 1883). Seine historischen Dramen: »La maréchale d'Ancre« (1831) und »Chatterton« (1835), denen die epochemachende Übersetzung und Aufführung von Shakespeares »Othello« (1829) vorherging, hatten anfangs rauschenden Erfolg, sind aber nicht auf dem Repertoire geblieben. Nach seinem Tod erschienen die philosophischen Gedichte »Les destinées« (1864), welche in stilistischer Beziehung hinter den frühern Werken zurückstehen, dagegen aber an Realität gewonnen haben und zu seinen schönsten Poesien gehören (besonders »La colère de Samson«), ferner »Œuvres posthumes« (1864) und das »Journal d'un poète« (hrsg. von Ratisbonne, 1867). Vignys »Œuvres complètes« erschienen in 8 Bänden (1883-85); eine Auswahl seiner Gedichte übersetzte J. ^[Johannes] Karsten ins Deutsche (2. Aufl., Norden 1883). Vgl. France, Alfred de V. (Par. 1868); Charavay, A. de V. et Charles Baudelaire, étude (das. 1879).

Vigo, 1) befestigte See und Bezirksstadt in der span. Provinz Pontevedra, amphitheatralisch an der gleichnamigen Bucht (Ria de V.) des Atlantischen Ozeans und der Eisenbahn Monforte-V. gelegen, von Mauern umgeben und durch zwei Kastelle verteidigt, hat einen Hafen und eine Reede, lebhaften Handel, bedeutenden Sardinen- und Thunfischfang und (1878) 13,416 Einw. 1886 sind in V. 1360 Schiffe mit 722,672 Ton. ein und 1414 Schiffe mit 564,680 T. ausgelaufen. Der Wert der Einfuhr betrug 1886: 22,38 Mill. Pesetas, der der Ausfuhr (Vieh, Sardinen, gesalzene Fische, Häute und Felle etc.) 11,15 Mill. Pesetas. V. ist Station der nach Lissabon verkehrenden englischen und französischen Dampfer und Sitz einiger auswärtigen Konsuln (darunter auch eines deutschen). Hier 23. Okt. 1702 Vernichtung der mit einer französischen Eskadre vereinigten spanischen Silberflotte durch die Engländer und Holländer unter Admiral Rook. - 2) (V. di Fassa) s. Fassathal.

Vigognewolle, s. Lama.

Vigor (lat.), Lebenskraft, Vollkraft, Rüstigkeit; vigorös, vollkräftig, rüstig.