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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Villeneuve; Villeroi; Villers; Villers-Bretonneux; Villers-Cotterets; Villersexel

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Villeneuve - Villersexel.

kommen ist. Seine noch vorhandenen Werke bestehen in einer Abhandlung über die Vorschneidekunst (»Arte cisoria«, Madr. 1766 u. 1879) und einer Erzählung in Prosa von den Thaten des Herkules (»Los trabajos de Hercules«, Zamora 1483 u. 1499, sehr selten).

Villeneuve (spr. wilnöw), 1) V. de Berg, Ort im Departement Ardèche, Arrondissement Privas, an der Eisenbahn Livron-Alais, mit Tuchfabrikation und (1881) 1724 Einw.; Geburtsort des Agronomen Olivier de Serres (gest. 1619), dem hier eine Bronzestatue (von Hébert) errichtet ist. -

2) V. l'Archevêque, Ort im Departement Yonne, Arrondissement Sens, an der Vannes und der Eisenbahn Sens-Troyes, hat eine restaurierte Kirche, Fabrikation von Tuch, Handel mit Wolle und Hanf und (1881) 1808 Einw. -

3) V. les Avignon, Stadt im Departement Gard, Arrondissement Uzès, rechts am Rhône, über welchen eine Hängebrücke nach dem gegenüberliegenden Avignon führt, hat eine alte Abtei, St.-André, mit romanischer Kapelle, eine Kartäuserkirche, ein Hospital mit Museum und Kapelle (darin ein schönes Grabmal des 1362 gestorbenen Papstes Innocenz VI.), Fabrikation von Seide, Leinwand und Seilen und (1881) 2374 Einw. -

4) V. sur Lot oder d'Agen, Arrondissementshauptstadt im Departement Lot-et-Garonne, am Lot und an der Zweigbahn Penne-V., hat eine Brücke aus dem 13. Jahrh., welche die nördlich gelegene Stadt mit dem Faubourg St.-Etienne verbindet, Reste alter Befestigungswerke, ein Kommunalcollège, eine Strafanstalt, Fabrikation von Leinwand, Leder, Schuhwaren und Hornkämmen, Getreide-, Wein- und Pflaumenhandel und (1886) 8678 (als Gemeinde 14,693) Einw. V. ist Sitz eines Gerichtshofs und eines Handelsgerichts. -

5) V. sur Yonne (oder V. le Roi), Stadt im Departement Yonne, Arrondissement Joigny, an der Yonne und der Eisenbahn Paris-Dijon, hat eine schöne Kirche, Notre Dame (aus dem 13.-16. Jahrh.), Fabrikation von Tuch und Feilen, Schiffbau, Handel mit Holz, Kohlen, Zement, Wein und Salz und (1881) 3560 Einw. -

6) Landstädtchen im schweizer. Kanton Waadt, am Oberende des Genfer Sees und an der Eisenbahn Lausanne-St. Maurice, Station der Dampfschiffe, mit (1888) 1471 Einw. Vor dem Ort, im See, die Ile de Paix und am Weg nach Montreux das Inselschloß Chillon (s. d.).

Villeroi (spr. wilrŏá), franz. Adelsgeschlecht: 1) Nicolas de Neufville, Seigneur de V., geb. 1542, wußte sich die Gunst der Katharina von Medici zu erwerben und war Minister unter Karl IX., Heinrich III., Heinrich IV. und Ludwig XIII. Er starb 1617 in Rouen und hinterließ unter anderm die berühmten »Mémoires d'État depuis 1567 jusqu'en 1604« (Par. 1622; mit einer Fortsetzung bis 1620, das. 1634).

2) Nicolas de Neufville, Marquis, dann Herzog von V., Enkel des vorigen, geb. 1597, zeichnete sich als Krieger in Italien, Katalonien u. Lothringen aus und wurde 1646 Marschall und zugleich Erzieher Ludwigs XIV., 1661 Chef des Finanzrats, erhielt 1663 die Würde eines Pairs u. Herzogs, starb 28. Nov. 1685.

3) François de Neufville, Herzog von V., Sohn des vorigen, geb. 7. April 1644, war mit Ludwig XIV. erzogen worden, ward aber bald wegen Liebesintrigen nach Lyon verbannt. Erst 1680 erhielt er die Erlaubnis zur Rückkehr an den Hof. 1693 zeichnete er sich bei Neerwinden aus, ward dafür zum Marschall ernannt und befehligte 1695-96 in den Niederlanden, bewies aber große Unfähigkeit. Dennoch erhielt er im spanischen Erbfolgekrieg (im Sommer 1701) das Kommando der in Italien gegen den Prinzen Eugen kämpfenden Armee, an deren Spitze er 1. Sept. den unklugen und verunglückten Angriff auf Chiari unternahm und 1. Febr. 1702 in Cremona von Eugen überfallen und gefangen genommen ward. Wieder in Freiheit gesetzt, erhielt er zu Anfang 1706 den Oberbefehl über die Armee in den Niederlanden, ward aber von Marlborough bei Ramillies geschlagen, worauf Vendôme an seine Stelle trat. Auf den Antrieb der Maintenon bestimmte ihn Ludwig XIV. in seinem Testament zum Gouverneur des jungen Ludwig XV. Nachdem letzterer die Mündigkeit erlangt, ließ der Herzog von Orléans V. 12. Aug. 1722 wegen Intrigen gegen ihn verhaften und verbannte ihn auf sein Gut V. Später erlaubte man ihm, das Gouvernement von Lyon zu übernehmen. Nach Ludwigs XV. Volljährigkeitserklärung erschien er wieder in Paris und starb dort 18. Juli 1730.

Villers (spr. wilähr oder -lährs), Charles François Dominique de, franz. Schriftsteller, geb. 4. Nov. 1765 zu Boulay in Lothringen, kam 1792 über den Rhein als Emigrant und wurde auf der Reise nach Rußland in Lübeck durch eine Neigung für Frau v. Rogge zurückgehalten und für Deutschland gewonnen. Er versenkte sich nun in das Studium der deutschen Litteratur und Philosophie, trat mit den bedeutendsten Geistern diesseit und jenseit des Rheins in regen Briefwechsel und war als Professor der französischen Sprache in Göttingen unausgesetzt thätig, zwischen deutschem und französischem Geist zu vermitteln. Er starb 11. Febr. 1815 in Göttingen. V. war der erste Franzose, der seinen Landsleuten Kant verständlich zu machen suchte (»Philosophie de Kant«, Metz 1801); mit Nachdruck wies er in seinen selbständigen Schriften und Berichten an das Institut de France auf den Geist des Protestantismus, der deutschen Erziehung, Schule und Universität hin, im Gegensatz zu dem Jesuitentum und der französischen Erziehung. Dafür ist am merkwürdigsten sein vom Institut gekrönter »Essai sur l'esprit et l'influence de la reformation de Luther, etc.« (1804, 5. Aufl. 1851; deutsch, 2. Aufl., Hamb. 1817). Infolge seiner »Lettre à Madame la comtesse F. de Beauharnais sur Lubeck« (1806) war er 1811 aus Lübeck vertrieben worden. Vgl. Bégin, Notice sur V. (Metz 1840). Briefe aus dem Nachlaß von V. (von B. Constant, Görres, Goethe u. a.) gab Isler heraus (Hamb. 1879).

Villers-Bretonneux (spr. wilähr-brötonnöh), Stadt im franz. Departement Somme, Arrondissement Amiens, an der Eisenbahn Tergnier-Amiens, mit moderner gotischer Kirche, Wollspinnerei, Strumpfwirkerei und (1881) 5911 Einw.

Villers-Cotterets (spr. wilähr-kotträ), Stadt im franz. Departement Aisne, Arrondissement Soissons, am ausgedehnten Forst von V. (12,500 Hektar), Knotenpunkt der Eisenbahnen Paris-Soissons-Laon, V.-La Ferté Milon und Compiègne-Silly la Poterie, hat ein ehemaliges Schloß Franz' I. (jetzt Armenhaus), Fabrikation von Wirk-, Sieb- und Spielwaren, Gerberei, Weinhandel und (1881) 3729 Einw. Hier 28. Juni 1815 glückliches Gefecht der Verbündeten gegen die Franzosen.

Villersexel (spr. wilärssekssell), Ort im franz. Departement Obersaône, Arrondissement Sure, am Ognon, 33 km südwestlich von Belfort, mit Schloß des Grafen Gramont, Eisengießereien und 1153 Einw. Bei V. fand 9. Jan. 1871 ein heftiges Gefecht zwischen den Franzosen und Deutschen statt, indem General v. Werder hier durch die Brigade Goltz und die 4. Reservedivision einen Stoß gegen die linke Flanke der auf Belfort marschierenden Armee Bourbakis ausführen