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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Visp (Bezirk und Marktflecken) – Vitellius

laufe kanalisiert und eingedämmt, 2 km unterhalb des Marktfleckens Visp (s. d.), in 630 m Höhe, nach 37 km langem Laufe mündet. Die V. ist ein wilder, trüber Gletscherfluß, oft durch Hochwasser gefährlich; ihr Flußgebiet mißt 850 qkm, wovon 302 (35,5 Proz.) auf Gletscher fallen.

Das Saasthal, von der Saaser V. durchflossen, die am Monte-Moro entspringt, zieht sich 26 km lang zwischen den Ketten der Mischabelhörner (s. d.) und der Fletschhörner nach NNW. In seine oberste Stufe, in der das einsame Bergwirtshaus von Mattmark (2123 m) steht, senken sich die mächtigen Eisströme des Schwarzenberg- und des Allalingletschers hinab, von denen der letztere öfters (1633, 1680, 1772) die Thalsohle bis zur rechten Berglehne ausfüllte und so Veranlassung zur Bildung des kleinen düstern Mattmarksees und zu furchtbaren Überschwemmungen gab. Auch von Lawinen ist das Saasthal stark gefährdet. Hauptort ist das Pfarrdorf Saas im Grund, das 1562 m ü. d. M., 14 km südöstlich von Stalden auf der rechten Thalseite liegt, 373 E. zählt und mit Stalden durch einen Saumweg verbunden ist. Dem Dorfe schief gegenüber liegt auf einer Terrasse der linken Thalseite das Dorf Saas-Fee (1798 m), wie Saas im Grund ein beliebter Luftkurort und Ausgangspunkt für Gletscherwanderungen. – Vgl. Ruppen, Die Chronik des Thales Saas (Sitten 1851); Wolf, Die Visper Thäler (Zür. 1886).

Visp, frz. Viège. 1) Bezirk im schweiz. Kanton Wallis, hat (1888) 7010 kath. E. in 21 Gemeinden. – 2) V. oder Vispach, Marktflecken und Hauptort des Bezirks V., 9 km westlich von Brig, auf dem rechten Ufer des Flusses, in 657 m Höhe, am Eingang des Vispthals, an den Linien Genf-Brig und V.-Zermatt (35 km) der Jura-Simplon-Bahn, ist altertümlich gebaut und hat (1888) 841 kath. deutsche E., Post, Telegraph, stattliche Herrenhäuser, zwei schöne Kirchen; Jahrmärkte. – Am 22. Juli 1855 wurde V. durch ein Erdbeben, im Sept. 1868 durch Hochwasser teilweise zerstört.

Vispered, s. Zendavesta.

Visper Wind, s. Gebirgswinde.

Viß oder Pektha, birman. Handelsgewicht, s. Keiat.

Vissoye (spr. wissŏá), Hauptort des Thals von Anniviers (s. d.)

Vista (ital.), soviel wie Sicht.

Vistrica, auch Wistritza oder Bistritza, der Haliakmon der Alten, Fluß im südl. Macedonien, in den türk. Wilajets Jannina und Saloniki, entsteht aus zwei Quellarmen, von denen der westliche auf dem Ostabhange des Grammosgebirges (Boion, Boius Mons) entspringt, während der östliche dem See von Kastoria entfließt, durchströmt zuerst in südöstl. Richtung die Hochebene von Kastoria, bricht dann in enger Schlucht nach Osten, wendet sich nordöstlich, durchbricht den Doxa (Bermius Mons der Alten), wendet sich in der Strandebene östlich und mündet in den Golf von Saloniki. Er ist 207 km lang und bis 130 m breit.

Vistŭla, lat. Name der Weichsel.

Visum (lat., «das Gesehene»), amtliche Beglaubigung auf einem Paß, Arbeits- oder Gesindebuch.

Visum repértum (lat.), s. Fundschein, Gerichtliche Medizin und Obduktion.

Visurgis, lat. Name der Weser.

Vita brevis, ars longa, d. h. das Leben ist kurz, die Kunst ist lang, latinisiertes Citat aus den «Aphorismen» des Hippokrates.

Vitacēen oder Ampelideen, Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Frangulinen (s. d.) mit gegen 250 Arten in den Tropen und den gemäßigten Zonen der ganzen Erde, größtenteils kletternde Sträucher, seltener kleine Bäume. Die Blätter sind meist handförmig gelappt, seltener einfach, die Blütenstände sind Trauben oder Rispen, die Blüten selbst klein und in der Regel grünlich gefärbt, die Frucht ist eine mehrsamige Beere. Zu den V. gehört der Weinstock.

Vitagraph, andere Bezeichnung für Kinematograph (s. d., Bd. 17).

Vital (lat.), das Leben betreffend, lebenskräftig.

Vitaliān (Vitellianus), Papst (657‒672), aus Pegni gebürtig, mußte im monotheletischen Streite, obschon Gegner der Monotheleten (s. d.), sich der diesen günstigen kaiserl. Partei fügen.

Vitaliāner oder Vitalĭenbrüder, Seeräuberbanden, die besonders während der Thronstreitigkeiten, die seit 1389 in den skandinav. Reichen herrschten, überhand nahmen, und die ihren Namen daher führten, weil sie Stockholm und andere feste Schlösser, die dem König Albrecht (s. d.) von Schweden treu geblieben waren, mit Viktualien und Kriegsbedarf versahen. Auch nannten sie sich Ligedeler, d. h. Gleichteiler, weil die Beute gleichmäßig verteilt wurde. Seit 1395 ward die Insel Gottland der Haupthafenplatz der V., bis 1398 eine Flotte des Hochmeisters von Preußen sie von da vertrieb. Nachdem der Friede 1399 wiederhergestellt war, wurden die V. aus ihren letzten Schlupfwinkeln in der Ostsee vertrieben. Dagegen hatten sich schon seit 1395 größere Scharen nach der Nordsee gewandt, wo sie bald dieser, bald jener Partei dienten und Handelsschiffe aller Nationen verfolgten. Die Hansestädte boten wiederholt Flotten gegen die V. auf. Am meisten durch Lied und Sage verherrlicht sind die beiden Siege, welche die Hamburger im Frühjahr 1401 bei Helgoland über Klaus Störtebeker und gegen Ende desselben Jahres auf der Weser und Jade über Gödeke Michels erfochten. Trotzdem dauerte das Unwesen der V. noch viele Jahre fort, bis in Ostfriesland seit 1430 geordnetere Zustände hergestellt wurden. In dem Kriege, den der Unionskönig Erich ⅩⅢ. bis 1435 gegen Schleswig-Holstein führte, dienten V. als Parteigänger auf deutscher Seite, darunter namentlich Bartholomäus Vot aus Wismar, der zweimal, 1428 und 1429, die Stadt Bergen in Norwegen verheerte. Solange König Erich nach seiner Entthronung sich auf der Insel Gottland behauptete (1439‒49), fanden die Seeräuber daselbst wieder eine Freistätte; aber sie hatten nicht mehr die frühere Bedeutung, und der Name der V. geriet allmählich in Vergessenheit.

Vgl. Voigt, Die V. (in Raumers «Histor. Taschenbuch», zweite Folge, Bd. 2, Lpz. 1841); Koppmann, Die V. (in der Einleitung zu Bd. 4 der «Hanserecesse», ebd. 1877), und Klaus Störtebeker in Geschichte und Sage (in den «Hansischen Geschichtsblättern», Jahrg. 1877).

Vitalismus (neulat.), die Lehre von der Lebenskraft (s. d.)

Vitalität (lat.), Lebensfähigkeit und durchschnittliche Lebensdauer, s. Sterblichkeitsstatistik.

Vitalitĭum (mittellat.), Leibgedinge (s. d.).

Vitellīn, ein zu den Eiweißstoffen gerechneter Körper, der sich vorzugsweise im Eigelb (s. d.) findet. Pflanzliches V. wird aus den Samen von Lupinus luteus L. gewonnen.

Vitellĭus, Aulus, röm. Kaiser 69 n. Chr., Sprößling einer altpatricischen Familie, geb. 15 n. Chr.,