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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: v. Kiesenw.; Vlaardingen; Vlacho-Meglen; Vlachos; Vlacich; Vlämen; Vlämische Inseln; Vlämische Kuppe; Vlämische Sprache und Litteratur

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v. Kiesenw. – Vlämische Sprache und Litteratur

Konica, Premeti und Tepeleni und mündet nördlich von der Avlonabai in die Straße von Otranto.

v. Kiesenw., hinter lat. Insektennamen Abkürzung für Ernst Aug. Hellmuth von Kiesenwetter (1820‒80), einen deutschen Entomologen.

Vlaardingen, Stadt in der niederländ. Provinz Südholland, 10 km westlich von Rotterdam, am linken Ufer der Neuen Maas und an der Bahnlinie Schiedam-Hoek van Holland, hat einen guten Hafen, schöne reform. Kirche und hübsches Rathaus, zählt 13529 E. und treibt beträchtliche Herings- und Kabeljaufischerei.

Vlacho-Meglen, s. Rumänen.

Vlachos, Angelos, neugriech. Staatsmann und Schriftsteller, geb. 1838 in Athen, studierte daselbst, in Berlin und Heidelberg die Rechte, ward 1859 Attaché im Ministerium des Auswärtigen, 1863 Bureauchef in dem des Innern, 1865 Sektionschef im Kultusministerium, 1875 in dem des Auswärtigen und 1880 Unterstaatssekretär; 1885 wurde er in die Deputiertenkammer gewählt, Juni 1887 bis Dez. 1890 war er griech. Gesandter in Berlin, 1895 griech. Kultusminister. Unter seinen Werken sind zu erwähnen: «Lyrische Gedichte» (Athen 1875), «Die homerische Frage» (ebd. 1866, gekrönt), «Lustspiele» (ebd. 1870), «À qui l’aura» (Lustspiel, ebd. 1871), «Neugriech.-franz. Wörterbuch» (ebd. 1871), «Elementargrammatik der neugriech. Sprache» (Lpz. 1861; 4. Aufl. 1883), «Neugriech. Chrestomathie» (ebd. 1870; 2. Aufl. 1883); kritische Studien über die neugriech. Dichter P. Sutzos (1874), J. Karasutsas (1874), G. Tertsetis (1875), G. Zalokostas (1877) und A. Sutzos (1878); viele Novellen u. s. w.

Vlacich, Matthias, luth. Theolog, s. Flacius.

Vlämen (richtiger: Vlaemen, spr. flahmen), Flamländer, Vlamingen, in Belgien die Bevölkerung deutscher Zunge, die namentlich in den Provinzen Antwerpen, Brabant, Westflandern, Ostflandern und Limburg wohnen, s. Vlämische Sprache und Litteratur.

Vlämische Inseln, s. Azoren.

Vlämische Kuppe, s. Neufundland.

Vlämische Sprache und Litteratur. Mit Vlämisch bezeichnet man die niederdeutschen Volksmundarten, die in Belgien gesprochen werden, nördlich von einer Linie, die bei Grevelingen in Frankreich anfängt, sich unter Visé südlich umbeugt und zwischen Limburg (Stadt) und Welkenraad nach Rheinpreußen fortläuft. (Vgl. Kurth, La Frontière linguistique en Belgique, Brüss. 1896.) Man unterscheidet die stark voneinander abweichenden Dialekte Westvlämisch, Ostvlämisch, Brabantisch und Antwerpisch, Limburgisch. Über die Zahl der Vlämisch Sprechenden s. Belgien (Bevölkerung).

Der Name Vlämisch bedeutete im Mittelalter, was gut gesprochen und gut gethan wurde und es gehörte bei den Oberdeutschen im 15. Jahrh. zum guten Ton, zu «vlämen». Vlämisch war mehr oder weniger die allgemeine Schriftsprache vor der ökonomischen und polit. Entwicklung der nördl. Niederlande im 17. Jahrh. Jetzt aber ist wieder ein neues Kulturvlämisch im Entstehen begriffen, zwar sich eng anschließend an die niederländ. Sprache, aber mit starkem Gemisch von eigenen Dialekten. (Vgl. Vandenhoven [d. h. Delecourt], La langue flamande, son passé et son avenir, Brüss. 1844.)

Von der niederländ. Schriftsprache aber wollen die Taal-Partikularisten, die sog. Vlaminganten, nichts wissen. Sie sind die Radikalen der vlämischen Bewegung, die 1840 entstand. Die Revolution der dreißiger Jahre wurde zumeist von Wallonen geleitet, die eine Französierung von ganz Belgien beabsichtigten. Dagegen eifern nun die Vlämen; und die volkstümliche Bewegung, an welche sich vor allen die Namen Willems, Blommaert, van Ryswyck, Conscience, van der Voorde, Delecourt, Dautzenberg, van Duyse, Snellaert, de Laet, de Decker, David, Bormans, Heremans, Coremans, de Vriendt knüpfen, hat bereits bedeutende Resultate erzielt. Man beruft sich dabei auf die Verfassung, welche keiner der beiden in Belgien gesprochenen Sprachen ein Vorrecht einräumt, und will nicht nur in den offiziellen Kreisen die vläm. Sprache als gleichberechtigt neben der französischen anerkannt sehen, sondern man will sie auch zur Allgemeinsprache der vläm. Belgen machen.

Die vläm. Bewegung ist in vollem Aufschwung. Die Regierung hat in ihren Gesetzvorlagen wie in ihren Verwaltungsmaßregeln den Forderungen der Vlämen Zugeständnisse machen müssen. Bei den Gerichtshöfen ist die Prozeßordnung in der niederländ. Sprache vorgeschrieben, falls dem Vorgeladenen nicht die franz. Sprache geläufig ist. Die Offiziere sind gehalten, sich beide Sprachen anzueignen. Im J. 1897 ist der Entwurf de Vriendt-Coremans angenommen worden, daß alle Gesetze fortan in beiden Sprachen abgefaßt werden und beide Redaktionen gleichberechtigt sein sollen. An den belg. Akademien sind Lehrstühle für niederländ.-vläm. Sprache und Litteratur errichtet. 1886 ist eine königlich vläm. Akademie der Wissenschaften gegründet worden, zur Pflege aller vläm. Interessen: Geschichte, Altertümer, Sprache, Litteratur u. s. w. Die Errichtung einer vläm. Universität wird angestrebt. Ein vläm. Konservatorium unter Leitung von Peter Benoit (s. d.) in Antwerpen ist bereits eingerichtet. Dank der Unterstützung der Regierung und der Städte wird auf dem Gebiete des Theaters außerordentlich viel geleistet; die dramat. Litteratur ist in Aufschwung begriffen, in den vornehmsten Städten bestehen vläm. Theater. Gesellschaften und Vereine sind nach und nach gegründet worden zur Beförderung von Sprache, Litteratur, Volkskultur, Volksunterricht, unter anderm ’t Willem-Fonds mit eigener Monatsschrift und 150 wohlfeilen populären Ausgaben, ’t Davids-Fonds, Diesterwegkring, Zetternamkring, der Limburgische Verein für Litteratur und Wissenschaft u. s. w.

In den vlämisch sprechenden Gegenden nimmt die vläm. Zeitungslitteratur immer mehr zu. Es giebt schon etwa 130 vläm. Zeitungen gegen 40 französische (Limburg 19:5, Antwerpen 27:17, Westflandern 34:9, Ostflandern 45:10 u. s. w.). Daneben sind viel gelesene Zeitschriften: «De Vlaamse school» (für Kunst und Litteratur), «’t Belfort» (Gent 1885 fg), «De Tockomst» (ebd. 1857 fg.), «De Biekorf» (Brügge 1889)

Außer den oben genannten sind von den vläm. Schriftstellern des 19. Jahrh. noch hervorzuheben: L. Ledeganck, Frans de Cort, der viel gelesene H. Conscience, J. A. van Droogenbroeck, Dautzenberg, A. Zetternam (J. J. Diricksens), Hippoliet van Peene, A. Bergmann (gest. 1874), Desiré Delcroix, die Geschwister Rosalie (gest. 1875) und Virginie Loveling, Jan van Beers, J. de Geyter, der musikalische Emmanuel Hiel, De Sleeckx, De Brouwere van Steelandt, Julius Vuylsteke, Max Rooses, De Coninck, Guido Gezelle, Wagenaar, Rodenbach (gest. 1880), J. Hoste, Gittens, van Goethem, A. de Vos, A. Snieders, Teirlynck-Styns, J. D. Court-^[folgende Seite]