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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wattenbach – Watts

und den vorliegenden Düneninseln hinziehen (s. die Karte bei Artikel Seekarten) und bei der Ebbe ganz oder teilweise vom Meere (Wattenmeer) verlassen sind. Man unterscheidet auf den Seekarten gewöhnlich: Watt als eine aus Schlick und Muschelkalk bestehende Bank gegenüber dem Sand. Wegen der häufigen Sandbänke in der Nähe des festen Landes kann man diese Küste nur mit Wattenfahrern, wie Evern, Schmacken, Kuffen, Tjalken und Schniggen befahren, sämtlich Fahrzeuge, die vorn und hinten breit sind und höchstens 2 m Tiefgang im Wasser haben; bei Ebbe geraten diese Fahrzeuge vielfach fest, liegen oft ganz trocken und setzen mit der Flut ihre Reise fort. Da die W. sehr fetten Boden haben, sind sie mit Muschel- und teilweise auch Austernbänken gut besetzt und enthalten größere und kleinere Krustentiere und Würmer in ungeheuern Individuenmassen, wenn auch nur in wenig Arten, infolgedessen sind sie bei Ebbe der Tummelplatz nahrungsuchender Seevögel und der Ruheplatz von Seehunden. So ist auch die Ausbeute der Wattenfischer an Fischen, die bei ablaufendem Wasser in einzelnen Plätzen zurückgeblieben sind, meist sehr lohnend. W. finden sich nur den Flachküsten vorgelagert. Ihre Entstehung ist so aufzufassen, daß der durch stürmische Wellenbewegung aufgelockerte Schlick des flachen Meeresgrundes an der Küste (der teilweise seine Seichtheit der Ablagerung von Flußsedimenten verdanken mag) aufgestaut wird und durch Mithilfe der Muscheltiere sich festigt; die Bewegung erzeugenden Kräfte sind hierbei namentlich die Gezeitenströmungen, die vorherrschende Windrichtung und gewaltsame Ereignisse, wie Sturmfluten und Eisgang.

Wattenbach, Wilh., Geschichtsforscher und Paläograph, geb. 22. Sept. 1819 zu Rantzau in Holstein, studierte in Bonn, Göttingen und Berlin Philologie, wurde 1843 Mitarbeiter an den «Monumenta Germaniae historica» und unternahm für diese 1847?49 eine Reise nach Österreich, habilitierte sich 1851 für Geschichte in Berlin, folgte 1855 einem Rufe als Provinzialarchivar nach Breslau, wurde 1862 Professor der Geschichte in Heidelberg und 1873 in Berlin, wo er nun in die Centraldirektion der «Monumenta Germaniae» eintrat. Auch war W. seit 1882 Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Er starb 20. Sept. 1897 in Frankfurt a. M. W. veröffentlichte: «Beiträge zur Geschichte der christl. Kirche in Böhmen und Mähren» (Wien 1849), seinen Reisebericht in Pertz’ «Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde», die Ausgabe der «Österr. Annalen» u. a. m. in den «Monumenta», das geschätzte Werk «Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis zur Mitte des 13. Jahrh.» (Berl. 1858; 6. Aufl. 1893?94), «Anleitung zur griech. Paläographie» (Lpz. 1867; 2. Aufl. 1877), «Anleitung zur lat. Paläographie» (ebd. 1869; 4. Aufl. 1886), «Das Schriftwesen im Mittelalter» (ebd. 1871; 3. Aufl. 1896); außerdem «Eine Ferienreise nach Spanien und Portugal» (Berl. 1869), «Die Siebenbürger Sachsen» (Heidelb. 1870), «Über die Inquisition gegen die Waldenser in Pommern und der Mark Brandenburg» (Berl. 1886), «Über die Sekte der Brüder vom freien Geiste» (ebd. 1887) u. a. Auch vollendete er den von Jaffé begonnenen Katalog der Handschriften der Kölner Dombibliothek (Berl. 1874), veröffentlichte mehrere Sammlungen von Schriftproben für griech. und lat. Paläographie und eine «Geschichte des röm. Papsttums» (ebd. 1876) in populärer Form. Die von Pertz herausgegebene Sammlung der «Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit» hat W. zum Abschluß gebracht und auch die Leitung der zweiten Gesamtausgabe bis zu seinem Tode geführt.

Wattenfahrer, s. Watten.

Wattenmaschine, soviel wie Schlag- und Wickelmaschine, s. Baumwollspinnerei.

Wattenmeer, s. Watten.

Wattenscheid, Stadt im Kreis Gelsenkirchen des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, 6 km westlich von Bochum, in fruchtbarer Ebene zwischen Ruhr und Emscher, an den Linien Bochum-Essen und Köln-Deutz-Speldorf (Station Ückendorf-W.) der Preuß. Staatsbahnen, mit elektrischer Straßenbahn nach Bochum (4,7 km) und Gelsenkirchen-Schalke (7,9 km), Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Bochum) und Bergamtes, hat (1895) 15353 (8132 männl., 7221 weibl.) E., darunter 6091 Evangelische und 203 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, kath. und evang. Kirche, Progymnasium, höhere Mädchenschule, kath. und evang. Krankenhaus, kath. Waisenhaus, Gas- und Wasserleitung, Schlachthof, städtische Sparkasse, Solquelle mit Badeanstalt; Margarine- und Liqueurfabrik, Branntweinbrennerei, Dampfmühle, Viehmärkte und bedeutenden Steinkohlenbergbau.

Watteverband, Papp-, s. Papp-Watteverband.

Wattignies-la-Victoire (spr. -innjih la wiktoahr), Ort im Arrondissement Avesnes des franz. Depart. Nord, in der Nähe von Maubeuge, mit 206 E., bekannt durch die Schlacht (16. Okt. 1793) zwischen den Franzosen unter Jourdan und den Österreichern unter Clerfayt.

Wattperiode, s. Dampfmaschine.

Wattrelos (spr. wattr’loh), Stadt im Arrondissement Lille des franz. Depart. Nord, östl. Vorort von Roubaix, wohin Trambahn führt, an der Eisenbahn nach Orchies und Valenciennes, hat (1896) 10597, als Gemeinde 22731 E.; Fabrikation von Geweben, Öl, Seife sowie Brauerei und lebhaften Handel.

Watts (spr. wotts), George Frederick, engl. Maler und Bildhauer, geb. 1817 in London, erregte 1840 durch sein Gemälde nach einer Erzählung Boccaccios, Isabella, die den Lorenzo tot findet, 1842 durch die Darstellung einer Scene aus Shakespeares «Cymbeline» Aufsehen. 1843 gewann W. mit seiner Komposition: Caractacus, im Triumph durch die Straßen Roms geführt, einen der zur Ausschmückung der Parlamentshäuser ausgeschriebenen Hauptpreise. Nachdem er 1844?47 in Italien studiert, trug er einen neuen Hauptpreis bei der Ausstellung in Westminsterhall davon durch sein Kolossalbild: Alfred die Sachsen zur Verhinderung der Landung der Dänen aufrufend. Hierauf folgten: Paolo Malatesta und Francesca da Rimini, Orlando die Fata Morgana verfolgend (1848), Fata Morgana (1849), Der barmherzige Samariter (1850), für das Stadthaus in Manchester; 1853 das zur Ausschmückung der Dichterhalle in den Parlamentshäusern gemalte Freskobild St. Georg der Drachentöter, neuerdings für Washington das große Gemälde: Liebe und Leben. Ursprünglich der präraffaelitischen Richtung sich anschließend, arbeitete er sich zu innerer Freiheit und selbständiger Kraft durch. Ununterbrochen im großen Stile schaffend, verband er Tiefe der Idee mit markiger, eigenartiger Farbe und individuell stilisierter Zeichnung. Später wandte W. sich vor allem der Porträtmalerei zu, in