Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wenzelskrone; Wepelrôt; Werbach; Werbedepot; Werbellinsee; Werben; Werbung; Werch; Werch Issezk; Werchne-Dnjeprowsk; Werch-Reiwinsk

533

Wenzelskrone - Werch-Reiwinsk.

Huß'. Nachdem nach Ruprechts Tod 1410 Siegmund zum römischen Kaiser gewählt worden war, trat W. in einem Vergleich zu dessen gunsten 1411 seine Rechte auf das Kaisertum ab, indem er sich bloß den Kaisertitel vorbehielt, überließ von jetzt an den Landständen die Regierung in Böhmen und ergötzte sich auf seinen Schlössern an der Jagd. Er starb 16. Aug. 1419 in Prag infolge eines Blutschlags, welcher ihn bei der Kunde von dem Ausbruch der hussitischen Empörung befiel. Vgl. Pelzel, Lebensgeschichte des römischen und böhmischen Königs W. (Prag 1788-1790, 2 Bde.); Lindner, Geschichte des Deutschen Reichs unter König W. (Braunschw. 1875-76, 2 Bde.); »Reichstagsakten unter König W.« (hrsg. von Weizsäcker, Münch. 1868-77, 3 Bde.).

[Könige von Böhmen.] 2) W. (Wenceslaus) I., Sohn Ottokars I., folgte diesem 1230, fiel, obwohl mit einer Tochter Philipps von Schwaben vermählt, 1240 von der staufischen Sache ab, mußte 1248 vor einer Empörung des Adels, an deren Spitze sein Sohn Ottokar stand, aus Böhmen fliehen, eroberte es 1249 wieder und starb 22. Sept. 1253. Deutschem Wesen hold, galt er auch als Freund des Minnesangs; das ihm zugeschriebene böhmische Minnelied ist jedoch unecht.

3) W. II., Sohn Ottokars II., folgte diesem nach seinem Tod auf dem Marchfeld 1278 in der Herrschaft von Böhmen und Mähren unter Vormundschaft des Markgrafen Otto von Brandenburg, welcher W. selbst in einer Art von Gefangenschaft hielt und das Land durch Habsucht bedrückte, vermählte sich mit Rudolfs von Habsburg Tochter Guta, trat 1283 selbst die Regierung an, ohne jedoch dem wüsten Treiben der Adelsparteien ein Ende machen zu können, erwarb Eger, Meißen und die Oberlehnsherrschaft über die schlesischen Herzogtümer, wurde 1291 zum König von Kleinpolen, d. h. Krakau und Sandomir, 1300 auch zum Herrscher Großpolens, dessen Erbtochter er als zweite Gemahlin geehelicht hatte, erwähnt, brachte 1302 seinen Sohn (s. unten) auf den Thron Ungarns und starb 21. Juni 1305. W. war auch Minnesänger.

4) W. III., des vorigen Sohn, wurde 1302 in Stuhlweißenburg als König von Ungarn gekrönt, konnte sich aber gegen Karl Robert von Neapel nicht behaupten, folgte seinem Vater 1305 in Böhmen, versank völlig in Schwelgerei und Sinnenlust, ward 4. Aug. 1306 von dem thüringischen Ritter Konrad v. Bodenstein ermordet. Mit ihm erlosch der Mannesstamm der Premysliden. - 5) W. IV., s. Wenzel 1).

Wenzelskrone, Symbol des Königreichs Böhmen (s. Wenzel, Heiliger).

Wepelrôt (Werpelrot), ein an seinen Ästen mit Früchten, Kuchen, Bändern, Flittergold und sonstigem Zierat wie ein kleiner Christbaum behängter Baumzweig (meist von Wacholder oder Stechpalme), der sonst am Palmsonntag in der Kirche geweiht wurde, jetzt aber in einigen Gegenden Deutschlands als eine Art von winterlichem Gegenstück des Maibaums (s. Maifest) von den jungen Burschen den Mädchen am Neujahrsabend dargebracht wird. Man flicht auch wohl die Äste eines Weidenzweigs zu einem Rad oder einer Krone zusammen und putzt sie ähnlich aus. Das damit ausgezeichnete Mädchen erwidert gewöhnlich als Zeichen der Annahme die Gabe durch ein ähnliches Geschenk zum Dreikönigstag.

Werbach, Dorf im bad. Kreis Mosbach, Amt Tauberbischofsheim, an der Tauber, mit (1885) 1092 Einw. Hier fand 24. Juli 1866 ein Gefecht zwischen der oldenburgisch-hanseatischen Brigade und den Badensern statt, welches den Prinzen Wilhelm von Bade veranlaßte, sich auf Würzburg zurückziehen.

Werbedepot, s. Werbung.

Werbellinsee, 11 km langer, aber nur schmaler, romantisch zwischen bewaldeten Hügeln gelegener See im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, mit neuerdings entdeckten wendischen Pfahlbauresten, ist durch den 10 km langen Werbelliner Kanal mit dem Finowkanal verbunden.

Werben, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Osterburg, im fruchtbarsten Teil der »Wische«, unweit der Elbe, hat eine alte Tempelherrenkirche, Schiffahrt und (1885) 1734 evang. Einw.

Werbung (Anwerbung), die Ergänzung des Heers durch Rekruten, welche gegen Handgeld freiwillig in den Militärdienst treten, im Gegensatz zur Konskription (s. d.) und zum Kantonsystem (s. d.). Griechen und Römer verstärkten ihre Heereshaufen durch geworbene Söldner. Im Mittelalter kam die W. wieder in Aufnahme, um der Ritterschaft eine nur dem Landesherrn verpflichtete Streitmacht entgegenzustellen. Eine Zeitlang war die Schweiz der vornehmste Werbeplatz in Europa. Unter Maximilian I. wurde bei Errichtung der Landsknechte (s. d.) die W. in Deutschland zum erstenmal im großen angewendet. Nach dem Westfälischen Frieden schuf der Große Kurfürst in Brandenburg durch freie W. ein stehendes Heer, welches das vornehmste Werkzeug zur Vergrößerung der preußischen Monarchie wurde. Über die spätern Werbungen vgl. W. v. Schultz, Die preußischen Werbungen unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich d. Gr. (Schwerin 1887). Das Werbesystem erhielt sich bis zum Anfang des 19. Jahrh. Jeder Staat schickte Werbeoffiziere aus, welche, mit Werbepatenten und mit Werbegeldern versehen, auf gewisse Werbeplätze angewiesen wurden. Sie betrieben die W. teils insgeheim, teils öffentlich. Im erstern Fall begaben sie sich gewöhnlich in bürgerlicher Kleidung in die nächsten Grenzorte versuchten Rekruten durch Versprechungen oder durch List und Gewalt zur Dienstnahme zu bewegen. Bei der öffentlichen W. begab sich der Werbeoffizier, von einem Tambour, Pfeifer oder Trompeter begleitet, in die Ortschaften des ihm angewiesenen Distrikts, kündigte laut an, für wen und unter welchen Bedingungen er Soldaten zu werben gekommen sei, und empfing dann die Anmeldung. Die Annahme erfolgte gewöhnlich für eine bestimmte Zeitdauer. Im 19. Jahrh. war die W. meist auf Gewinnung von Ausländern für den Dienst in Fremdenregimentern beschränkt, so früher in Frankreich für die algerische Fremdenlegion, im Kirchenstaat für die Schweizergarden, ferner in den Niederlanden für die oft indischen Truppen, für welche im Mutterland ein Werbedepot zur Aufnahme und Ausbildung der neuen Rekruten besteht. Grundlage des ganzen Wehrwesens ist das Werbesystem nur noch in den Vereinigten Staaten und in England, hier aber ist die W. nur auf Inländer beschränkt.

Werch, s. Werg.

Werch Issezk, Fabrikdorf im russ. Gouvernement Perm, am Isset, mit 2 Kirchen, Eisen-, Blei- und Goldbergwerken, Gußeisenfabriken und ca. 7030 Einw. Die seit 1726 ausgebeuteten Lager befinden sich in rotem, gelbem und weißem Thon bei einer Tiefe von 6-13 m.

Werchne-Dnjeprowsk, Kreisstadt im russ. Gouvernement Jekaterinoslaw, unweit des Dnjepr, an der Eisenbahn Jekaterinoslaw-Dolinskaja, hat eine griech. Kirche, etwas Schiffahrt und (1885) 7570 Einw.

Werch-Reiwinsk, Dorf im russ. Gouvernement Perm, an der Neiwa und der Eisenbahn Perm-Jeka-^[folgende Seite]