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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wieringen; Wiertz; Wiesa; Wiesau; Wiesbachhorn; Wiesbaden

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Wieringen - Wiesbaden.

Es gelang ihm bei dem Herzog Wilhelm, zog ihm aber den Zorn des Klerus zu; sein Buch steht noch heute auf dem Index. Sein human gesinnter Herzog verlieh ihm gegen alle Feinde seinen Schutz bis an sein Ende. W. starb auf einer Reise 24. Febr. 1588 in Tecklenburg. Ein Wiederabdruck seiner »Opera omnia« erschien zu Amsterdam 1660. Vgl. K. Binz, Dr. Joh. Weyer, ein rheinischer Arzt, der erste Bekämpfer des Hexenwahns (Bonn 1885).

Wieringen, Insel im Eingang des Zuidersees, zur niederländ. Provinz Nordholland gehörig, durch einen schmalen Meeresarm vom Festland getrennt, hat 18 km im Umkreis, besteht aus diluvialem Sand und alluvialem Klai. Erwerbszweige der 2475 Einw. sind Ackerbau, Schafzucht, Wollhandel und Fischerei.

Wiertz, Anton Joseph, belg. Maler, geb. 22. Febr. 1806 zu Dinant, zeigte schon frühzeitig ein hervorragendes Zeichen- und Nachbildungstalent, kam 1820 nach Antwerpen, wo er Herreyns und van Bree zu Lehrern hatte, und gewann 1832 den aus einem Reisestipendium auf fünf Jahre bestehenden römischen Preis. In Rom widmete er sich besonders dem Studium Michelangelos. Ihm schwebte als künstlerisches Ideal die Verbindung von Michelangelo und Rubens vor, und dieses Ideal suchte er schon in seinem ersten kolossalen Bilde, dem Kampf der Griechen und Trojaner um den Leichnam des Patroklos (1836), zu verwirklichen. 1836 in die Heimat zurückgekehrt, nahm er seinen Wohnsitz in Lüttich, wo er sich mit Porträtmalen ernährte und daneben ein noch größeres Gemälde als sein erstes ausführte: die Empörung der abtrünnigen Engel (1842), neben welchem der Tod des heil. Dionys (1842), ein Triptychon mit Christus im Grab, Eva und Satan (1839) und die Flucht nach Ägypten (1848) entstanden. 1840 erhielt er infolge eines Preisausschreibens der Stadt Antwerpen den ersten Preis für eine Abhandlung: »Eloge de Rubens«, und 1848 ließ er sich in Brüssel nieder, wo er in demselben Jahr sein Hauptwerk, den Triumph Christi in seinen Folgen für die Kulturentwickelung der Menschheit, vollendete. Sein Leben fristete er nach wie vor mit der Porträtmalerei, da er sich nicht entschließen konnte, eins seiner Bilder zu verkaufen. 1850 wurde ihm auf Staatskosten ein großes Atelier erbaut, welches Staatseigentum blieb und nach seinem Tod in das Musée W. umgewandelt wurde. Nach 1848 verwandte W. mehrere Jahre auf Erfindung und Vervollkommnung eines neuen technischen Verfahrens, der sogen. Peinture mate auf Leinwand, und hiermit begann eine neue Periode seines Schaffens. Von der Religion, Mythologie, Heroengeschichte sich abwendend, suchte er einerseits philosophische Gedanken spekulativer, mystischer, humanistischer und transzendentaler Natur künstlerisch zu gestalten, anderseits Ausgeburten einer überreizten und krankhaften Phantasie, Träume und Visionen zu versinnlichen, wobei er sehr oft die Grenzen der Darstellungskunst überschritt und sich auch von Roheiten und Geschmacklosigkeiten nicht fern hielt. Seine Hauptwerke dieser Gattung sind: der lebendig Begrabene, Hunger, Wahnsinn und Verbrechen, der Selbstmörder, Gedanken und Visionen des Kopfes eines Hingerichteten, der Leuchtturm von Golgatha, Christus und der Kampf der Parteien, die letzte Kanone, die Dinge der Gegenwart vor den Menschen der Zukunft, eine Sekunde nachdem Tod. W. hat auch zahlreiche Genrebilder gemalt, in welchen er zum Teil ähnlich bizarre Stoffe behandelt (das verbrannte Kind, Quasimodo, die Romanleserin und der Teufel, die junge Hexe), zum Teil aber auch Proben von höchster Anmut der Formenbildung und von liebenswürdigem Humor abgelegt hat (ein junges Mädchen bei der Toilette, die Erwartung, das Geständnis, die Rosenknospe). In seinen letzten Jahren hatte sich W. auch wieder der Skulptur zugewendet, die er schon in früher Jugend gepflegt. Er starb 18. Juni 1865 in Brüssel. Seine Werke sind im Musée W. vereinigt (vgl. »Catalogue du Musée W.«, Brüss. 1873). Seine Schriften (»Peinture flamande«, »Peinture mate«, »Revue de salon« etc.) sind gesammelt in den »Œuvres littéraires de A. W.« (Brüssel 1869). Vgl. Labarre, Antoine W. (Brüssel 1866); Claessens, W. (das. 1883).

Wiesa, Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau, Amtshauptmannschaft Annaberg, an der Zschopau, hat eine evang. Kirche, Baumwoll- und Flachsspinnerei, Papierfabrikation, Garnbleicherei, Holzschleiferei, eine Ziegelei, Bierbrauerei, Spiritusbrennerei, Posamentenfabrikation und (1885) 2222 meist evang. Einwohner. Dabei das Rittergut W. mit dem Wiesenbad (s. d.).

Wiesau, Dorf im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, Bezirksamt Tirschenreuth, Knotenpunkt der Linien München-Regensburg-Oberkotzau, W.-Tirschenreuth und W.-Eger der Bayrischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, Thonwarenfabrikation, Basaltschlägerei und (1885) 449 Einw. Dabei das Ottobad (König Otto-Bad), südöstlich vom Fichtelgebirge, 480 m ü. M., mit drei Mineralquellen (Ottoquelle, Sprudel und Wiesenquelle), die zu den stärksten Stahlquellen Europas gehören und neben dem dortigen Moorbad vorzugsweise gegen Schwächezustände, Skrofeln, Rachitis, Frauenkrankheiten, chronischen Gelenkrheumatismus, Gicht, Knochen- und Gelenkaffektionen, Hautkrankheiten etc. mit Erfolg Verwendung finden; der Versand des Wassers der Ottoquelle ist ausgedehnt. Vgl. Müller, Die Heilquellen des König Otto-Bades bei W. (Regensb. 1843).

Wiesbachhorn (Großes W.), 3577 m hoher Berggipfel der Hohen Tauern, in dem zwischen Kapruner und Fuscher Thal auslaufenden nördlichen Aste der Glocknergruppe. Die schwierige Ersteigung des als Aussichtspunkt gerühmten Bergs erfolgt gewöhnlich vom Kapruner Thal aus über die Kaindlhütte (2768 m hoch).

Wiesbaden (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks der preuß. Provinz Hessen-Nassau, bis 1866 Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Nassau, in einer an Naturschönheiten und historischen Merkwürdigkeiten reichen sowie durch mildes Klima ausgezeichneten Gegend, am Südfuß des Taunus, 4 km vom Rhein entfernt, Knotenpunkt der Linien W.-Mosbach und W.-Biebrich der Preußischen Staatsbahn und W.-Niedernhausen der Hessischen Ludwigsbahn, 117 m ü. M., ist namentlich in ihren neuern Teilen sehr regelmäßig gebaut und besitzt eine große Anzahl prächtiger Gebäude, eleganter Landhäuser und großartiger Hotels. Die hervorragendsten Bauten sind: die neue evangelische Kirche (im romanisch-gotischen Stil, 1853-62 von Boos erbaut), mit drei mächtigen Schiffen, schönen Altargemälden, trefflicher Orgel und Glockenspiel; die neue Bergkirche (1877-79 nach Plänen des Baumeisters Otzen errichtet); die englische Kirche (1863-65

^[Abb.: Wappen von Wiesbaden.]