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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zarizyno; Zarlino; Zarncke; Zaroto; Zarskije Kolodzi; Zarskoje Selo

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Zarizyno - Zarskoje Selo.

eine große Senffabrik (jährliche Produktion 2½ Mill. Rubel), bedeutende Fischerei und Handel mit Fischen und Senf und (1885) 35,997 Einw. 1885 wurden für 15 Mill. Rub. Fische (besonders Astrachaner Heringe) in Z. umgesetzt. Mit Senf versorgt Z. fast alle russischen Märkte, da die beiden andern Hauptlieferanten, die Städte Sarepta und Dubowka, den größten Teil ihrer Senffabrikate direkt nach Z. versenden. Dabei mehrere besuchte Sauerbrunnen. Von hier aus ging früher die Zarizynsche Linie, eine über 60 km lange Reihe ursprünglich zum Schutz gegen die Kirgiskaisaken angelegter und mit Kosaken besetzter Forts.

Zarizyno (Zarizino), kaiserliches Lustschloß, 18 km von Moskau, an der Eisenbahn Moskau-Kursk, von Potemkin für Katharina II. erbaut, aber unvollendet.

Zarlino, Giuseppe, Komponist und Musikgelehrter, geb. 22. März 1517 zu Chioggia bei Venedig, wurde, nachdem er in seiner Vaterstadt die Diakonatsweihe erhalten hatte, Schüler des zu Venedig als Kapellmeister der Markuskirche angestellten Niederländers Adrian Willaert und 1565 dessen zweiter Amtsnachfolger. Er starb 14. Febr. 1590 in Venedig, als Musiker wie als Mensch hochgeehrt, wie dies unter anderm seine 1582 erfolgte Wahl zum Kanonikus der Hauptkirche von Chioggia beweist, welche Ehre er jedoch nicht annahm, sondern bis zu seinem Tod auf seinem Kapellmeisterposten verharrte. Als Komponist hat er sich mit einem Achtungserfolg begnügen müssen, seine theoretischen Arbeiten dagegen sind von bahnbrechender und unvergänglicher Bedeutung. Namentlich ist ihm die Einführung des später nach ihm benannten reinen diatonischen Systems zu danken, in welchem die vor seiner Zeit als Dissonanz angesehene große Terz durch eine veränderte Einteilung der Tonleiter (Annahme eines kleinen Ganztons 9:10 neben dem großen 8:9) auf das einfache Zahlenverhältnis 4:5 gebracht und damit zur Konsonanz wurde. Seine Hauptwerke sind: »Istituzioni harmoniche« (1558); »Dimostrazioni harmoniche« (1571) und »Sopplimenti musicali« (1588). Vgl. Ravagnan, Elogio di Giuseppe Z. (Vened. 1819); Caffi, Storia della musica sacra nella già capella ducale di San Marco in Venezia (das. 1854-55).

Zarncke, Friedrich, Germanist, geb. 7. Juli 1825 zu Zahrenstorf bei Brüel in Mecklenburg-Schwerin, betrieb seit 1844 zu Rostock, Leipzig und Berlin philologische, vorzugsweise germanistische, Studien und begab sich 1848 nach Baumgartenbrück bei Potsdam, wo er die berühmte Meusebachsche Bibliothek ordnete und deren Verkauf an die königliche Bibliothek in Berlin vermittelte. Seit 1850 in Leipzig, gründete er das »Litterarische Zentralblatt für Deutschland«, habilitierte sich 1852 an der Leipziger Universität und wurde 1858 zum ordentlichen Professor der deutschen Sprache und Litteratur daselbst ernannt. Von seinen Schriften sind zu erwähnen: eine Abhandlung über den »Deutschen Cato« (Leipz. 1852); die Ausgabe von Seb. Brants »Narrenschiff« (das. 1854); die Schrift »Zur Nibelungenfrage« (das. 1854), der er bald darauf eine Ausgabe des Gedichts (12. Abdr., das. 1887) und »Beiträge zur Erläuterung und Geschichte des Nibelungenlieds« (das. 1857) folgen ließ; ferner Abhandlungen in den »Sitzungsberichten der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften«, als: »Beiträge zur mittelalterlichen Spruchpoesie« (1863 u. 1865) etc.; »Über die Praefatio ad librum antiquum etc.« (1857), den altsächsischen Heliand betreffend; »Über die Trojanersage der Franken« u. a.; das Schriftchen »Über den fünffüßigen Jambus« (Leipz. 1865) sowie verschiedenes zur Geschichte der deutschen Universitäten: »Die urkundlichen Quellen zur Geschichte der Universität Leipzig« (das. 1857), »Die deutschen Universitäten im Mittelalter« (das. 1857), »Die Statutenbücher der Universität Leipzig« (das. 1861) u. a. Seit 1870 beschäftigte ihn besonders die Sage vom Priester Johannes, welcher er fünf akademische Programme und eine Reihe andrer Abhandlungen widmete. Auch eine Ausgabe der Beschreibung des Graltempels im »Jüngern Titurel« (»Der Graltempel«, Leipz. 1876) u. a. ging aus diesem Studienkreis hervor. Neuerdings erschien von ihm »Christian Reuter, der Verfasser des Schelmuffsky, sein Leben und seine Werke« (Leipz. 1884). Mit besonderm Eifer hat sich Z. auch der Kritik der Goethe-Bildnisse gewidmet, über die er wiederholt in Zeitschriften, zusammenfassend schließlich im 21. Band der »Abhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften« (Leipz. 1884) berichtete. Vgl. sein »Kurzgefaßtes Verzeichnis der Originalaufnahmen von Goethes Bildnis« (mit 15 Tafeln Abbildungen, Leipz. 1888).

Zaroto (Zarotis), Antonio, gebürtig aus Parma, wird neben Filippo de Lavagna als erster Buchdrucker Mailands betrachtet, wo er von 1470 oder 1471 bis gegen 1500 im Auftrag einer Gesellschaft, die sich zum Druck und zur Herausgabe von Büchern gebildet hatte, thätig war und durch die Eleganz seiner Drucke zu hohem Ruhm gelangte. Z. gilt als der erste, welcher Signaturen auf den Druckbogen anwandte, d. h. deren Aufeinanderfolge durch die Buchstaben des Alphabets bezeichnete.

Zarskije Kolodzi (»Kaiserbrunnen«), Ort im russ. Gouvernement Tiflis (Kaukasien), mit (1879) 761 russ. Einwohnern, wichtig durch seine reichen Erdölquellen, welche die Gebrüder Siemens durch viele abgeteufte Bohrlöcher ausbeuten. Das gewonnene Petroleum wird in einer eigens dazu erbauten Fabrik raffiniert und zum größten Teil nach Tiflis verkauft. Die jährliche Produktion beträgt gegen 30,000 Pud raffiniertes Petroleum.

Zarskoje Selo (»Kaiserdorf«), Kreisstadt im russ. Gouvernement St. Petersburg, mit Petersburg durch eine Eisenbahn verbunden, hat ein Arsenal, eine Offizierschießschule, mehrere Kasernen, eine große Tapetenfabrik und (1885) 16,838 Einw. Das kaiserliche Lustschloß Z., die Sommerresidenz des Kaisers, entstand aus einer kleinen, von Peter d. Gr. herrührenden Anlage. Elisabeth erbaute 1744 das gegenwärtige Schloß, welches Katharina II. mit großen Kosten ausschmücken ließ und zu ihrem Lieblingsaufenthalt wählte. Der Bau desselben ist barock und überladen; die Zimmer sind meist nach altem Geschmack dekoriert, aber mit Jaspis, Achat, Bernstein, Mosaik, Marmor und Lapislazuli reichverziert. Die kaiserliche Kapelle im Schloß ist im Innern reich ausgestattet und ihr Dach mit fünf stark vergoldeten Kuppeln geziert. Einen wohlthuenden Kontrast mit der Außenansicht des Palastes bildet ihm zur Seite die berühmte Marmorgalerie mit zwei Stockwerken. Um den obern Stock läuft eine Kolonnade von weißen Marmorsäulen ionischer Ordnung, unter welcher auf dunklern Marmorpostamenten Bronzebüsten römischer Cäsaren und Helden, griechischer Philosophen und Redner aufgestellt sind. Ein auf gewölbtem Unterbau angelegter, schwebender Garten schließt sich an die Galerie an. In dem Park befinden sich: das von Alexander I. erbaute Sommerpalais (Sommerwohnung der Kaiserfamilie), mit trefflichen Landschaften von Ph. Hackert; ein chinesisches Dörfchen mit Pagode; eine prachtvolle, von himmelblauem sibirischen Marmor erbaute