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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Zeiteinheit - Zeitungen.

Staaten ist auch der Vorschlag ausgegangen, für den innern Dienst der großen Verkehrsanstalten sowie für wissenschaftliche Zwecke eine für die ganze Erde gültige Normalzeit, sogen. Universalzeit (s. d.) oder Weltzeit, einzuführen. Im Großen Ozean geht die Z. über in eine Datumdifferenz (vgl. Datumwechsel).

Zeiteinheit, die Sekunde.

Zeiten, s. v. w. Tempora, s. Tempus.

Zeitgeist (Genius saeculi), die Summe herrschender Ideen, die nach Inhalt oder Form einer Zeit eigentümlich angehören und ihr Charakteristisches bilden. Sie gelten und wirken, ohne daß man sich ihrer bestimmt bewußt ist.

Zeitgeschäft, s. v. w. Lieferungsgeschäft (s. d. und Börse, S. 236).

Zeitgleichung, der Unterschied zwischen wahrer und mittlerer Sonnenzeit, ausgedrückt in Teilen der mittlern Zeit. S. Sonnenzeit.

Zeitkauf (Zielkauf, Kauf auf Ziel, auf Lieferung, auf Frist, Terminalkauf), s. v. w. Kreditkauf, Kauf auf Kredit, dann s. v. w. Lieferungsgeschäft (s. d. und Börse, S. 236).

Zeitkunde, s. Chronologie.

Zeitlohn, s. Arbeitslohn, S. 759.

Zeitlose, Pflanzengattung, s. v. w. Colchicum.

Zeitmaß, s. Tempo.

Zeitmesser, s. v. w. Chronometer, s. Uhr.

Zeitmessung. Jede regelmäßige Aufeinanderfolge von Ereignissen eignet sich zum Einteilen und Messen der Zeit, und die Natur bietet in der scheinbaren Bewegung der Sonne, der monatlichen Bewegung des Mondes um die Erde mit seinen wöchentlichen Phasen sowie in der scheinbaren Drehung des Fixsternhimmels um unsern irdischen Standpunkt Maßstäbe, die schon im Altertum benutzt worden sind. Beobachtete man von einem festen Punkt aus das Verschwinden eines Fixsterns hinter einer senkrechten Wand, so erhielt man bis zur Wiederkehr dieses Ereignisses den Sterntag und die danach berechnete Sternzeit. Benutzte man in gleicher Weise die Sonne, so erhielt man Sonnentage, die aber etwas länger als die Sterntage sind und unter sich nicht von gleicher Länge, indem sich die Erde in ihrer elliptischen Bahn um die Sonne bald schneller, bald langsamer bewegt und ihr Fortrücken nicht in der Ebene des Äquators, sondern in der Ekliptik erfolgt. Nichtsdestoweniger wurde die Sonne der Maßstab für die Zeit, und ihr Lauf führte ohne weiteres zur Teilung des Tags in 24 Stunden, welche man von Sonnenaufgang zu zählen begann. Die Tagesmitte ermittelte man mit Hilfe des Gnomons, indem man den Moment beobachtete, in welchem ein auf ebener Fläche aufgestellter Stab oder eine hohe vertikale Säule den kürzesten Schatten warf. Hieraus entwickelte sich die Sonnenuhr, vor deren Erfindung der Sonnenring benutzt wurde, welcher unter Berücksichtigung der Monatseinteilung eine Stundenmessung bei Sonnenschein zuließ. Praktische Bedürfnisse und die zeitweise Bewölkung des Himmels führten dann zur Erfindung von Vorrichtungen, welche eine Z. unabhängig von jedesmaliger Sonnenbeobachtung gestatteten. Die alten Ägypter verehrten in ihren Tempeln den Hamadryas oder Mantelpavian, den die astronomischen Darstellungen in deutlichster Beziehung zum Mond zeigen. Trismegistos soll das tägliche zwölfmalige, in gleichen Zeitabständen erfolgende Wasserabschlagen am Hamadryas beobachtet haben, dies habe ihn auf die Erfindung eines Werkzeugs geführt, welches ein Gleiches gethan, und daher stamme die Einteilung des Tags in 12 Stunden. Der Wasseruhr (s. d.) schloß sich die Sanduhr an und dieser die Räderuhr, die durch das Pendel eine große Vollkommenheit erreichte. Im Mittelalter hat man zu ungefährer Zeitbestimmung auch Kerzen von bestimmter Länge und Dicke benutzt, welche aber nur wenig genaue Resultate geben können. Alle künstlichen Uhren mußten mittags auf Sonnenzeit gestellt werden, wenn sie im Lauf des Tags Stunden und Minuten richtig angeben sollten. Die Vervollkommnung der Räderuhren veranlaßte aber die englischen Astronomen um die Mitte des 18. Jahrh., statt der Sonnenzeit die mittlere Zeit einzuführen, und diese ergab so viele Vorzüge, auch für das bürgerliche Leben, daß sie bald allgemein eingeführt wurde. Die neueste Zeit hat die Zeitmikrometrie ausgebildet, und man hat Chronoskope, welche 1/10000 Sekunde zu messen gestatten.

Zeitpacht, s. Landwirtschaftliche Unternehmungsformen, S. 490.

Zeitrechnung, s. Ära und Chronologie.

Zeitrente, s. Rente.

Zeitschriften, s. Zeitungen.

Zeitsichtwechsel, Wechsel (s. d.), welcher eine bestimmte Zeit »nach Sicht«, d. h. nach der Präsentation, zahlbar ist.

Zeitsinn, s. Tastsinn.

Zeitungen, im allgemeinen periodische Druckerzeugnisse. Das Hauptmoment des Begriffs Z. ist die regelmäßige Wiederkehr. Die Jahresberichte wissenschaftlicher Institute fallen ebensogut unter diesen Begriff wie das dreimal am Tag erscheinende politische Journal. Im engern Sinn werden aber darunter litterarische Erzeugnisse verstanden, welche regelmäßig fortlaufend die Ereignisse des Tags oder eines längern Zeitraums auf politischem, religiösem, wirtschaftlichem, künstlerischem oder wissenschaftlichem Gebiet melden und besprechen. Der Unterschied zwischen Z. und Zeitschriften, welchen man zu machen pflegt, beruht auf bloßer Gewohnheit und hat keinen tiefern Grund. Gewöhnlich pflegt man unter Z. die täglich erscheinenden und vorwiegend politischen Arten der Gattung zu verstehen, unter Zeitschriften diejenigen Arten, die wöchentlich, monatlich, viertel-, halb- und ganzjährlich erscheinen. Das Wort Zeitung ist die hochdeutsche Form für das niederdeutsche »Theiding« oder »Theidung«, welches etwa »Nachricht« bedeutet. Wenigstens erinnert es an die Tidindi, die Nachrichten, von denen schon im 13. Jahrh. die isländischen Sagas berichten. Noch im vorigen Jahrhundert wurde im gewöhnlichen Gespräch Zeitung gleichbedeutend mit Nachricht gebraucht.

Der Einfluß der öffentlichen Meinung, der erst dann in Wirksamkeit trat, als sie sich ihrer Macht bewußt ward, ist neuern Ursprungs. Er war bedingt von der Allgemeinheit der Bildung und von dem infolge der wachsenden Kultur sich geltend machenden Bedürfnis, so viele Kräfte wie möglich am Staatsleben teilnehmen zu lassen. Seine Entwickelung deckt sich völlig mit der Entwickelung populärer Einflüsse. Er erscheint nur da, wo in Rede oder Schrift der Menge ein Weg des Gedankenausdrucks gegeben ist; am geringsten war er im Mittelalter, wo die antike Beredsamkeit geschwunden und das moderne Schriftentum noch nicht gefunden war. Erst die reformatorischen Bewegungen der neuern Zeit schufen ihn neu und steigerten ihn. Von der politischen Kritik juristischer und fast noch mehr theologischer Kreise, die beinahe die beiden ersten Jahrhunderte der neuen Zeit beherrscht hat, ausgehend, wurde der Ausdruck der öffentlichen Meinung nach dem Dreißigjährigen