Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zensieren; Zensoren

870

Zensieren - Zensoren.

barkeit der Dinge auf undenkbare Widersprüche führe, sind nur Fragmente erhalten. Unter seinen Beweisen sind die für die Unmöglichkeit der Bewegung und unter diesen selbst der sogen. Achilles oder Beweis, daß der größte Schnellläufer unter den Griechen eine Schnecke nicht einholen könne, weil sie, sobald er den Ort betrete, den sie vorher eingenommen, nicht mehr an diesem sei, und der weitere, daß der abgeschossene Pfeil ruhe, weil er, um zum Ziel zu gelangen, in jedem dazwischengelegenen Ort gewesen sein, solange er an diesem war, aber geruht haben müsse, also immerfort geruht habe, folglich nie an das Ziel gelangen könne, die berühmtesten. Vgl. Wellmann, Zenons Beweise gegen die Bewegung und ihre Widerlegungen (Frankf. a. O. 1870); Dunan, Les arguments de Zénon d'Élée contre le mouvement (Par. 1884).

3) Z. der Stoiker, griech. Philosoph, der Stifter der stoischen Schule, gebürtig aus Kittion auf Cypern, lebte um 340-260 v. Chr. Der Sohn eines Kaufmanns, widmete er sich vom 22. Lebensjahr an zu Athen ausschließlich zuerst als Schüler des Cynikers Krates, dann des Megarikers Stilpon, endlich der ältern Akademiker der Philosophie, lehrte unter großem Zulauf in der Stoa, weshalb seine Schüler Stoiker heißen, und machte im 98. Jahr seinem Leben freiwillig ein Ende. Die Inschrift auf seinem Denkmal, welche lautete: »Sein Leben war seiner Lehre gleich«, kennzeichnet das Wesen seiner Philosophie, welche der Weisheit vor dem Wissen den Vorzug einräumt und letzteres nur als (allerdings unentbehrliches, aber auch ausreichendes) Mittel zu jener betrachtet. Jene als tugendhaftes Handeln (Praxis des Guten) bedingt die Wissenschaft des Pflichtmäßigen, d. h. von der Vernunft Gebotenen (Theorie des Guten, Pflichtenlehre, Ethik); diese selbst, da das zweckmäßig und harmonisch gestaltete Weltganze als solches zugleich Werk und Offenbarung der alles ordnenden und beseelenden Vernunft als »Weltseele« ausmacht, bedingt die Wissenschaft von der (vernunftmäßigen) Natur (Theorie der Natur, Naturlehre, Physik); beide aber als Wissenschaften bedingen die weitere Wissenschaft von den Kriterien und Bedingungen des Wissens selbst (Theorie des Wissens, Wissenslehre, Logik). Folglich setzt die Tugend als Zweck des Weisen alle drei vorgenannten (philosophischen) Wissenschaften in obiger Rangfolge, demnach die gesamte Philosophie, als Mittel ebenso voraus, wie sie selbst dessen Glückseligkeit infolge der aus dem Bewußtsein, pflichtmäßig gehandelt zu haben, fließenden Zufriedenheit zur natürlichen Wirkung, keineswegs aber (wie die mehr kluge als gute Tugend Epikurs) dieselbe zum Endzweck hat. Die praktische Richtung, welche das Wissen dem Handeln unterordnet, und der moralische Rigorismus, welcher die Tugend (ohne Rücksicht auf die Folgen) zum Selbstzweck macht, haben dieser Lehre, die von den Nachfolgern Zenons, Chrysippos, Kleanthes u. a., weiter ausgebildet wurde, unter den Römern Eingang und in den Besten derselben, Cato, Seneca, Marc Aurel u. a., Freunde und Anhänger gewonnen. Vgl. Weygoldt, Z. von Cittium (Jena 1872); Wellmann, Die Philosophie des Stoikers Z. (1874).

Zensieren (lat.), beurteilen, abschätzen, prüfen; namentlich amtlich (als Zensor) über die Zulässigkeit einer Schrift zum Druck, eines dramatischen Werkes zur Aufführung etc. urteilen.

Zensoren, im alten Rom Name der zwei Beamten, die im J. 443 v. Chr. eingesetzt wurden, nachdem die Obliegenheiten und Rechte derselben bisher von den Königen und dann von den Konsuln ausgeübt worden waren. Die Veranlassung zur Einsetzung des Amtes der Z., der Zensur, war, daß durch ein Gesetz des Jahrs 445 gestattet worden war, statt der Konsuln Konsulartribunen an die Spitze der Regierung zu stellen und zu dieser Würde auch Plebejer zu wählen, und daß die Patrizier dasjenige, was den Z. zugewiesen wurde, nicht zugleich in den Besitz der Plebejer gelangen lassen wollten. Die Z. wurden in der Regel alle 5 Jahre gewählt, anfangs nur aus dem Stande der Patrizier, 351 aber gelangte zuerst ein Plebejer zu diesem Amt, und 339 wurde durch ein Gesetz des Diktators Publilius Philo bestimmt, daß immer einer von beiden Plebejer sein solle, worauf 131 zuerst der Fall eintrat, daß beide Plebejer waren. Zuerst bekleideten sie das Amt von einer Wahl zur andern 5 Jahre lang, aber schon 434 wurde ihre Amtsführung auf 18 Monate beschränkt, so daß also immer 3½ Jahre ohne Z. verliefen. Ihr Hauptgeschäft und dasjenige, worauf sich wahrscheinlich ihre Wirksamkeit ursprünglich beschränkte, war die Schätzung (census) der Bürger nach Stand und Vermögen und die Einteilung derselben in Tribus und Centurien: sie hatten daher die Mitglieder des Senats zu bestimmen, die Ritter zu mustern, die Listen der Tribus und Centurien anzufertigen und nach Beendigung dieses Geschäfts das sogen. Lustrum (s. d.) abzuhalten, wobei das ganze Volk nach Ständen und Klassen gegliedert auf dem Marsfeld versammelt und durch besondere Opfer gesühnt wurde. An diese Abschätzung knüpfte sich eine Reihe wichtiger finanzieller und ökonomischer Geschäfte, insbesondere die Verpachtung der Zölle und der sonstigen Staatsgefälle, die Fürsorge für Bau und Instandhaltung der Tempel und sonstigen öffentlichen Gebäude, der Straßen u. dgl., an. Von besonderer Bedeutung aber war die Aufsicht über die Sitten der Bürger, welche in ihrer Hand lag, und welche sich über alles erstreckte, was der Wohlfahrt des Staats entgegen war oder die im Interesse des Staats zu fordernde bürgerliche Ehrenhaftigkeit beeinträchtigte, also z. B. schlechte Haltung vor dem Feind, Unbotmäßigkeit gegen Vorgesetzte, Mißbrauch der Amtsgewalt, falsches Zeugnis, Meineid, Verschleuderung des Vermögens, Luxus, Mißbrauch des hausherrlichen Rechts etc. Die Strafmittel, welche ihnen hierfür zu Gebote standen, bestanden hauptsächlich in öffentlicher Rüge (nota censoria), in Ausstoßung aus dem Senat, Entziehung des Ritterpferdes und Versetzung in die niedrigern städtischen Tribus oder unter die Ärarier, welche von allen Tribus ausgeschlossen waren und einen höhern Tribut zahlen mußten. Dieses Strafgericht, welches sie wie ihre übrigen Befugnisse lediglich nach ihrer persönlichen Überzeugung ohne weitere Verantwortlichkeit ausübten, war es vorzüglich, was den Z., meist gewesenen Konsuln, in der Blütezeit der Republik hohes Ansehen und bedeutenden Einfluß verlieh; es konnte daher auch niemand zweimal Zensor werden. Mit dem Verfall der Republik verfiel aber zugleich ihre Bedeutung. Wir finden daher, daß die Zensur im letzten Jahrhundert der Republik unregelmäßig wechselt und sogar längere Zeit, wie 86-70, ganz unbesetzt bleibt, daß mehrere Z. nicht dazu gelangen, das Lustrum zu stande zu bringen, daß 58 ihre Rügen und Strafen durch ein Gesetz des P. Clodius von einem förmlichen richterlichen Verfahren abhängig gemacht werden, wodurch ihre Wirksamkeit, obgleich das Gesetz 52 wieder aufgehoben ward, wesentlich beschränkt wurde, und daß sodann in der Kaiserzeit nur noch ausnahmsweise Z. vorkamen, da die Kaiser deren Befugnisse vermöge der ihnen verliehenen Praefectura morum oder