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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zielstrebigkeit; Ziem; Ziemer; Ziemialkowski; Ziemssen; Zierenberg; Zierikzee; Zierotin

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Zielstrebigkeit - Zierotin.

eingeführt, die aus einer Papierpatrone mit Rundkugel von 9 mm und 1,2 g Ladung besteht, die unter Anwendung einer Messingpatronenhülse mit Zündhütchen verschossen wird. Sie ist aus jeder Schußwaffe M/71 ohne weiteres verwendbar.

Zielstrebigkeit, ein in den Organismen angenommenes Vermögen, in ihrer Entwickelung einem vorgesetzten, durch die Anfangsorganisation gegebenen Ziel zuzustreben. Wie in einem pflanzlichen oder tierischen Embryo die Anlage vorhanden ist, sich zu der von den Anfangsstufen oft sehr verschiedenen Endform zu entwickeln, von der er abstammt, so soll nach E. v. Baers Zielstrebigkeitstheorie auch in den vorweltlichen Organismen bereits die bestimmt gerichtete Anlage gelegen haben, sich zu den heutigen Formen zu entwickeln, z. B. in den fünfzehigen Ahnen der Pferde das Endziel der einhufigen Renner. Da aber von vielen vorweltlichen Wesen doppelte und mehrfache Nachkommenlinien ausgegangen sind, so ergibt sich der Schluß, daß die äußern Umstände auf die Weiterentwickelung doch mehr Einfluß haben müssen als die sogen. Z.

Ziem, Felix, franz. Maler, geb. 25. Febr. 1821 zu Beaune (Côte d'Or), bildete sich auf der Kunstakademie in Dijon, unternahm 1845-48 Studienreisen in Italien und dem Orient und stellte 1849 zuerst in Paris aus, wo er seinen Wohnsitz nahm. Von seinen Bildern, welche durch glänzende koloristische und Beleuchtungseffekte blenden, aber später in der Ausführung sehr skizzenhaft und flüchtig wurden, sind zu nennen: Sonnenuntergang auf dem Nil; Sonnenuntergang bei Konstantinopel; Ufer des Bosporus; Ansicht von Venedig von San Giorgio Maggiore aus; der Bucentaur, zur Hochzeit geschmückt; Hinrichtung des Generals Carmagnola; Ansicht des Vesuvs; holländische Mühlen am Ufer der Amstel; venezianische Galeere, aus der Schlacht von Lepanto zurückkehrend; der Dogenpalast in Venedig. Auch hat er sich als Aquarellmaler ausgezeichnet.

Ziemer, s. v. w. Weindrossel, s. Drossel, S. 158.

Ziemer, der Rückenbraten von Hoch-, Reh- und Schwarzwild.

Ziemialkowski, Florian, Freiherr von, österreich. Staatsmann, geb. 28. Dez. 1817 zu Berczowica in Galizien, studierte zu Lemberg die Rechte, ward 1841 wegen Hochverrats verhaftet und nach vierthalbjähriger Untersuchungshaft zum Tod verurteilt, aber vom Kaiser begnadigt. Er ward 1848 Mitglied des österreichischen Reichstags, 1860 Rechtskonsulent der Lemberger Filiale der Kreditanstalt, 1863 wegen Unterstützung des polnischen Aufstandes zu drei Jahren Festung verurteilt, 1866 Mitglied des galizischen Landtags, 1867 Mitglied und zweiter Vizepräsident des Abgeordnetenhauses des Reichsrats, 21. April 1873 Minister ohne Portefeuille für die galizischen Angelegenheiten im Ministerium Auersperg. Er blieb dies auch im Ministerium Taaffe und ward 1879 in den Freiherrenstand erhoben. Erst im Oktober 1888 erhielt er seine Entlassung.

Ziemssen, 1) Ludwig, Novellist und Kritiker, geb. 29. Sept. 1823 zu Greifswald, studierte hier und in Berlin Geschichte und Altertumswissenschaften, wirkte sodann viele Jahre als Gymnasiallehrer in Stargard und Neustettin, nahm 1881 seinen Abschied und siedelte nach Berlin über, wo er noch jetzt (in Friedenau) als Schriftsteller und Redakteur am »Bazar« lebt. Sein Erstlingswerk: »Vergangene Tage«, eine Sammlung kulturhistorischer Novellen (Kassel 1862 bis 1863, 3 Bde.), fand reiche Anerkennung; ihm folgten im gleichen Genre: »Fürst und Weidmann« (Berl. 1869), »Bartholomäus Bruschaver« (das. 1872), deren Stoff er der Vergangenheit entnahm, während andre Erzählungen, wie »Heimat und Fremde« (das. 1870), »Umwege zum Glück«, Roman (das. 1870), »Novellenbuch für das deutsche Haus« (Leipz. 1874, 4 Bde.), »Leidvoll und freudvoll« (Brem. 1879), »Zum Tagesschluß«, neues Novellenbuch (Berl. 1884, 3 Bde.), und »Im Sonnenschein« (Leipz. 1886), auf dem Boden der Gegenwart stehen. Z. veröffentlichte außerdem zahlreiche Essays, Kritiken und eine Biographie Kaiser Friedrichs III. (Berl. 1888). Seine Novellen sind reich an Grazie und lebensvoller Charakteristik.

2) Hugo Wilhelm von, Mediziner, geb. 13. Dez. 1829 zu Greifswald, studierte daselbst, in Berlin und Würzburg, habilitierte sich in Greifswald und wurde Assistent Niemeyers und Rühles an der medizinischen Klinik und Poliklinik. 1863 folgte er einem Ruf als Professor der Pathologie und Therapie und Direktor der medizinischen Klinik in Erlangen, von wo er 1874 in gleicher Stellung als Direktor des Allgemeinen Krankenhauses nach München ging. Z. lieferte bedeutende Arbeiten über Kaltwasserbehandlung bei Lungenentzündung und Typhus, über Kehlkopf- und Speiseröhrenkrankheiten und über Elektrotherapie, auch schuf er in München ein musterhaftes wissenschaftliches Institut für klinische Medizin. Er schrieb: »Pleuritis und Pneumonie im Kindesalter« (Berl. 1862); »Kaltwasserbehandlung des Typhus« (mit Immermann, Leipz. 1870); »Die Elektrizität in der Medizin« (5. Aufl., Berl. 1887); »Behandlung des Magengeschwürs« (Leipz. 1871); »Pharmacopoea clinica« (4. Aufl., Erlang. 1883); »Klinische Vorträge« (Leipz. 1887 ff.). Auch gab er mit zahlreichen hervorragenden Fachmännern das »Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie« (Leipz. 1875-84, 17 Bde.; darin das »Handbuch der Hygieine und der Gewerbekrankheiten«, mit Pettenkofer, in 3 Teilen, 1882-87), das »Handbuch der allgemeinen Therapie« (das. 1880 bis 1884, 4 Bde. in 9 Teilen) und seit 1865 mit Zenker das »Deutsche Archiv für klinische Medizin« heraus.

Zierenberg, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Wolfhagen, an der Warme, 274 m ü. M., hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht und (1885) 1488 Einw. Z. wurde im 13. Jahrh. von Landgraf Heinrich I. gegründet und war lange Mainzer Lehen. In der Nähe mehrere Berge mit Burgruinen (Malsburg, Schartenberg, Bärenberg und Gudenberg).

Zierikzee (spr. sihrikse), Stadt in der niederländ. Provinz Zeeland, Hauptort der Insel Schouwen, mit der Osterschelde durch einen Hafen verbunden, Sitz eines Bezirksgerichts und eines deutschen Konsulats, war früher befestigt, hat 6 Kirchen, ein schönes Rathaus, ein Gymnasium, eine Bürger-, eine Zeichenschule, eine große Wasserzisterne von 2000 Ton. Gehalt, Krapp- und Garancinfabrikation, Austernfang, Brauerei, Handel, Schiffahrt und (1887) 7043 Einw. Z. ist die älteste Stadt Zeelands und war früher bedeutende Handels- und Hansestadt.

Zierotin, Karl von, Landeshauptmann von Mähren, geb. 14. Sept. 1564 aus altadligem, jetzt freiherrlichem und gräflichem Geschlecht, das früher der Mährischen Brüderschaft zugethan war, studierte in Straßburg, Basel und Genf, wo er Bezas Schüler war, wurde eifriger Protestant, bereiste einen großen Teil Europas, kämpfte 1591-92 für Heinrich IV. in Frankreich, dann in Ungarn gegen die Türken, ward 1594 Landrechtsbeisitzer in Mähren und 1608 Landeshauptmann daselbst. Er schloß sich dem Erzherzog Matthias an und hoffte, durch diesen