Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Abalienieren; Abaligeter Höhle; Abălus; Abänderungsantrag; Abandon

13

Abalienieren - Abandon.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abälard'

nicht, wie der Nominalismus, für bloße Namen und Abstraktionen, aber doch lediglich für Verstandeszusammenfassungen (conceptus) erklärte, den Haß seines auf seinen Scharfsinn eifersüchtigen Lehrers Wilhelm von Champeaux, der sich zuletzt für überwunden erklären mußte, zu. Als Leiter der Schule von Notre Dame bildete A. die ausgezeichnetsten Männer, unter ihnen den nachmaligen Papst Cölestin II., Petrus Lombardus, Berengar und Arnold von Brescia. Der Kanonikus Fulbert nahm ihn in sein Haus als Lehrer seiner Nichte Heloise auf. A., obgleich bereits 38 Jahre alt, entbrannte in heftigster Liebe für das schöne und geistreiche 17jährige Mädchen und fand die glühendste Erwiderung seiner Leidenschaft. Er entführte die Geliebte nach der Bretagne, wo sie im Hause seiner Schwester einen Sohn gebar, und nachdem er mit Fulberts Einwilligung sich mit Heloise vermählt hatte, kehrte diese in das Haus des Oheims zurück, leugnete aber die Ehe, um A. an der Erlangung kirchlicher Würden nicht hinderlich zu werden. Darüber und über eine zweite Entführung erbittert, ließ Fulbert A. überfallen und entmannen, um ihn zur Erlangung kirchlicher Ehren kanonisch unfähig zu machen. Tief gebeugt durch diese Schmach, barg sich A. als Mönch in der Abtei St.-Denis und bewog auch Heloise, in Argenteuil den Schleier zu nehmen. Die Kraft seiner Rede, die Klarheit und Bestimmtheit seines Vortrags sowie die ganze Richtung seiner Theologie zogen Schüler aus allen Ländern herbei. Er suchte den kirchlichen Glauben auf allgemeine Vernunftprinzipien zurückzuführen, sah die Freiheit des Willens und das Vermögen der Selbstbestimmung als Grundlage der Sittenlehre an, und wie nur aus ihr die Zurechnungsfähigkeit der Handlung hervorgehe, so lehrte er, daß auch nur die aus ihr hervorgehende Reue und Buße, nicht die äußerlichen Gebräuche der Kirche selig machen könnten; bildlich und gleichnisweise sei vieles in der kirchlichen Glaubenslehre, so z. B. in der Dreieinigkeit die drei Haupteigenschaften Allmacht, Weisheit und Güte, angedeutet. A. erscheint als offener Vertreter der rationalistischen Richtung in der Kirche. Die Synode zu Soissons (1121) erklärte seine Ansichten über die Dreieinigkeit für ketzerisch und verurteilte ihn zur Einsperrung im Kloster St.-Médard. Der päpstliche Legat hob diese Strafe auf, und A. kehrte nach St.-Denis zurück, verließ aber nach einiger Zeit dieses Kloster und erbaute zu Nogent an der Seine eine Kapelle und Klause, Paraklet genannt, die er, ansehnlich erweitert, nach seiner Ernennung zum Abt von St.-Gildes-de-Ruys in der Bretagne Heloisen und ihren Religiosen zur Wohnung überließ, da das Kloster zu Argenteuil aufgehoben worden war. Der Abt Wilhelm von St.-Thierry erneuerte die Beschuldigung der Ketzerei gegen die Schriften Abälards, und an die Spitze der Gegner stellte sich Abälards ehemaliger Bewunderer, Bernhard von Clairvaux, der es dahin brachte, daß das Konzil zu Sens (1140) und, als A. an den Papst appellierte, Papst Innocenz II. seine Lehre verdammten. Peter der Ehrwürdige, Abt zu Clugny, söhnte A., nachdem er seine Trinitäts- und Erlösungstheorie widerrufen, mit seinen Feinden aus, und in frommer Andacht, mit Studieren und Lehren beschäftigt, ein Muster klösterlicher Zucht, lebte A. ruhig zu Clugny, bis er am Aussatz erkrankte. Auf den Rat der Ärzte ließ ihn Peter nach der Priorei St. Marcellus bei Châlons bringen, wo ihn der Tod 21. April 1142 ereilte. Heloise, die ihm erst 17. März 1163 im Tod folgte, erbat sich den Leichnam und ließ ihn im Paraklet ↔ begraben. Beider Asche wurde 1808 in das Museum der französischen Denkmäler nach Paris gebracht und 1828 in einem eigens dazu erbauten Grabmal auf dem Kirchhof Père Lachaise beigesetzt. Abälards lateinische Schriften und Briefe hat Amboise gesammelt und Duchesne (Par. 1616), zuletzt Cousin (das. 1849 bis 1859, 2 Bde.) herausgegeben. Neuerdings aufgefundene Werke, darunter das "Sic et Non", eine Sammlung dogmatischer Widersprüche der Kirchenväter, sind teils durch Cousin (Par. 1836), teils durch Rheinwald (Berl. 1831) veröffentlicht worden. Vgl. Rémusat, Abélard (Par. 1845, 2 Bde.); Wilkens, Peter A., eine Studie in der Kirchengeschichte (Götting. 1855); Deutsch, Peter A., ein kritischer Theolog (Leipz. 1883); Carriere, A. und Heloise, ihre Briefe und Leidensgeschichte (2. Aufl., Gieß. 1853); Sauerland, A. und Heloise (Frankf. 1879).

Abalienieren (lat.), entfremden, abwendig machen; veräußern, entwenden. Abalienation, Entfremdung, Veräußerung, Entwendung.

Abaligeter Höhle (auch Paplika genannt), berühmte Stalaktitenhöhle beim Dorf Abaliget im ungarischen Komitat Baranya, nordwestlich von Fünfkirchen, besteht aus einer 5-6 m breiten, 38 m langen und stets ¾ m hoch mit Wasser gefüllten Eingangshöhle, unter der aus einer Spalte ein eiskalter Bach hervorfließt, und aus der innern, 950 m langen Haupthöhle mit den herrlichsten Tropfsteingebilden. Merkwürdig ist besonders, daß in Felsen gehauene Stufen, sorgfältig aufgeführte Mauern und zahlreiche Menschen- und Tierknochen auf einen längern Aufenthalt von Menschen hindeuten.

Abălus, eine von Plinius u. a. erwähnte Bernsteininsel der Alten, wahrscheinlich das Samland in Preußen.

Abänderungsantrag (Verbesserungsantrag), s. Amendement.

Abandon (franz., spr. abangdóng, "Abtretung", im französischen Seerecht Délaissement genannt), im Handel und im Seewesen insbesondere das Aufgeben oder Überlassen des Schiffs, der Ware oder überhaupt des Eigentumsrechts seitens des Schiffers und der Schiffsmannschaft; im Seeassekuranzwesen insbesondere die Abtretung von versichertem Schiffsgut an den Versicherer von seiten des Versicherten gegen Empfangnahme der Versicherungssumme. Der Hauptfall, in welchem von dem Rechte des Abandons Gebrauch gemacht wird, ist die Verschollenheit des Schiffs. Der A. ersetzt in einem solchen Fall den erwiesenen Verlust. Außerdem kann der A. aber auch noch in andern Fällen kraft gesetzlicher Bestimmung erklärt werden. Der Versicherte hat seine Absicht, zu abandonnieren, bestimmt zu erkennen zu geben; der A. kann nicht widerrufen werden. Maßgebend für fast alle schiffahrttreibenden Nationen sind die Bestimmungen des französischen Code de commerce (Art. 216, 241, 310, 369-396, 431) hinsichtlich des Abandons geworden. Hiernach wird der A. gestattet bei Wegnahme, Schiffbruch, Stranden mit Scheiterung, Unbrauchbarkeit des Schiffs durch Beschlaglegung oder sonstiges Seeunglück, Verlust oder Beschädigung der Güter bis zu drei Vierteln ihres Werts. Die Erklärung hat binnen sechs Monaten nach Eingang der Nachricht bei Seefahrten nach den Küsten Europas und des Mittelmeers, innerhalb eines Jahrs bei Fahrten nach den westindischen Kolonien, den Azoren und Kanarischen Inseln, innerhalb zweier Jahre bei Seefahrten nach allen andern Erdgegenden zu erfolgen. Auch ist die Nachricht dem Versicherer binnen drei Tagen nach ihrem Eintreffen mitzuteilen. Trifft

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 14.