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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Abberufung; Abbeville; Abbiātegrasso; Abbiegen; Abbinden; Abbisse; Abbitte; Abblasen; Abblatten; Abbot; Abbotsford; Abbrechen

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Abberufung - Abbotsford.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abbeokuta'

haben. - Nachdem das alte Reich Joruba in den 20er Jahren unsers Jahrhunderts durch die mohammedanischen Fellata zerstört worden war, sammelten sich die Egba, eins der Völker jenes Negerreichs, wieder in der fruchtbaren Umgebung Abbeokutas, das schnell zur Blüte gelangte. Um jene Zeit war auch durch schwarze Christen aus Sierra Leone das Evangelium dorthin gebracht. Allmählich richteten die englische Missionsgesellschaft und die Wesleyaner dort Stationen ein, die aber mehrere Male durch Einfälle der feindlichen Dahoméer bedroht waren; 1857 und 1863 wurden diese mit Erfolg zurückgeschlagen. Im Oktober 1867 entstand jedoch in A. selbst eine Revolution gegen die christlichen Missionäre; diese wurden vertrieben, und das Werk der Christianisierung Abbeokutas blieb seitdem den einheimischen Konvertiten überlassen. Vgl. W. Hoffmann, A. (Berl. 1859); Burton, A. and the Camaroons mountains (Lond. 1863); die "Proceedings of the Royal Geographical Society of London" (1879-80).

Abberufung, die Zurückberufung eines Bevollmächtigten von seiten seines Auftraggebers. Eine solche, an einen Gesandten gerichtet, beendigt die Gesandtschaft an und für sich noch nicht, sondern es muß zuvor der Regierung, bei welcher der Gesandte akkreditiert ist, das Abberufungs- (Rappell-) Schreiben übergeben oder ihr die A. sonst in amtlicher Weise mitgeteilt werden. Die A. eines Gesandten bedeutet den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen den betreffenden Mächten und ist in der Regel das Anzeichen des unmittelbar bevorstehenden Kriegs zwischen denselben.

Abbeville (spr. abb'wil; v. latein. Abbatis Villa), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Somme, am Flusse Somme und an der Nordbahn gelegen, hat eine spätgotische Kirche (St. Vulfran) mit prächtigem Portal und zählt (1881) 19,283 Einw., welche Fabrikation von Wollstoffen, Segeltuch und Zucker sowie Handel treiben. A. hat ein archäologisches Museum, eine Statue von Lesueur und steht durch einen Kanal mit dem Meer in Verbindung, so daß es auch einen Seehafen besitzt. A. ist die alte Hauptstadt der Grafschaft Ponthieu und wurde bereits von Karl d. Gr. befestigt; gegenwärtig sind die Festungswerke geschleift.

Abbiātegrasso, Kreisstadt in der ital. Provinz Mailand, in wohlbebauter Gegend am Naviglio di Bereguardo und an der Eisenbahnlinie Mailand-Mortara gelegen, mit Mauern umgeben, hat ein Siechenhaus und (1881) 7025 Einw., welche Viehzucht und Reisbau treiben. Im J. 1167 wurde A. von Kaiser Friedrich I. erobert. M. Visconti schlug hier 1313 die Guelfen und Giovanni de' Medici 1524 die Franzosen.

Abbiegen und Abbrechen, zwei Dressurmittel in der Reitkunst, um die Beweglichkeit zwischen Kopf und Hals des Pferdes und deren Stellung zu einander zu verbessern.

Abbinden, chirurg. Operation, wodurch Weichgebilde, z. B. Polypen des Rachens, Ohrs und der Nase und andre kleine Gewächse, auf unblutige Weise entfernt werden. Man legt einen starken Faden aus Seide oder Hanf um die Basis oder den Stiel des zu entfernenden Gebildes und zieht die Schlinge fest zu. Hierbei wird der Stiel der Geschwulst entweder sofort abgeschnürt, oder die in ihm enthaltenen Blutgefäße werden so stark zusammengedrückt, daß sie abstirbt und nach einigen Tagen als trockner brauner Schorf losgestoßen wird. Größere, mit breiter Basis aufsitzende oder schwer zugängliche Aftergebilde ↔ werden nicht abgebunden, sondern mittels eines Schlingenschnürers (Ekraseurs, s. d.) abgequetscht; vgl. auch Galvanokaustik. - In der Technik heißt A. (Abpinnen) mit dem Abbindhammer Figuren aus Blech treiben.

Abbisse (Absprünge), kurze, meist jüngere Baumtriebe, die durch den Eingriff von Tieren vom Baum abgelöst werden und dann unter demselben bisweilen in auffallender Menge liegen. An Fichten und Tannen werden die A. von Eichhörnchen hervorgerufen; an Kiefern brechen die Triebe nicht selten an den Bohrstellen ab, welche der Kiefernmarkkäfer (Hylurgus piniperda L.) an ihnen erzeugt hat. Vgl. Absprünge.

Abbitte (lat. Deprecatio injuriae), demütigende Bitte um Verzeihung der zugefügten Ehrenkränkung, im ältern Strafverfahren eine Privatstrafe, auf welche bei Ehrverletzungen entweder allein oder neben einer Geldstrafe und neben Ehrenerklärung und Widerruf erkannt zu werden pflegte. Dies rein deutschrechtliche Genugthuungsmittel wurde partikularrechtlich zuweilen noch in merkwürdiger Weise verschärft, z. B. durch Zuziehung des Scharfrichters, knieende A. u. dgl. Noch im Oldenburger und ebenso im hannöverschen Strafgesetzbuch enthalten, ist diese erniedrigende und demoralisierend wirkende Strafe von der modernen Gesetzgebung und namentlich durch das deutsche Strafgesetzbuch beseitigt, welch letzteres bei Injurien nur die öffentlichen Strafen der Geldstrafe, der Haft und des Gefängnisses kennt, nur ausnahmsweise eine an den Verletzten zu entrichtende Buße statuiert und nur bei öffentlichen oder durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Beleidigungen eine besondere Genugthuung für den Beleidigten durch öffentliche Bekanntmachung des Strafurteils auf Kosten des Beleidigers gestattet.

Abblasen von Dampfkesseln, s. Ausblasen.

Abblatten, das Abbrechen der Blätter von Kulturpflanzen zwecks besserer Belichtung der übrigen Pflanzen, z. B. beim Weinstock und Hopfen, oder behufs Gewinnung als Viehfutter; besonders gebräuchlich bei Wurzelgewächsen, wie Rüben etc. Der zum A. geeignete Zeitpunkt ist gekommen, wenn die Blätter die ersten Spuren des Absterbens zeigen. Ein früheres A. ist, da die Blätter zur Ernährung der Pflanze thätig mitzuwirken haben, für die vollkommene Entwickelung der letztern schädlich. Vorzeitig abgeblattete Rüben zeigen verminderten Gehalt an Trockensubstanz, Proteinstoffen, Asche und besonders an Zucker. A. des noch grünen Kartoffelkrauts beeinträchtigt die Stärkebildung ganz wesentlich; s. auch Schröpfen.

Abbot (spr. äbb-), 1) George, engl. Prälat, geb. 1562 zu Guilford, seit 1610 Erzbischof von Canterbury, bemühte sich 1608, eine Vereinigung der schottischen Episkopalkirche mit der englischen zu stande zu bringen. A. starb 5. Aug. 1633 in Croydon.

2) Robert, geb. 1560, Bruder des vorigen, Bischof von Salisbury, stand in hoher Gunst bei Jakob I., starb 2. März 1617. Er schrieb: "De suprema potestate regia" (Lond. 1616), eine beredte Apologie der königlichen Gewalt im Sinn der Stuartschen Auffassung.

3) Charles, Lord Colchester, s. Colchester.

Abbotsford (spr. äbb-), ehemaliges Kloster in Roxburghshire (Schottland), am Tweed, unfern der Stadt Melrose, berühmt als Landsitz Walter Scotts, der dasselbe 1811 kaufte und zu einem reizenden Landsitz im mittelalterlichen Schloßstil umschuf. A. ist äußerst romantisch gelegen und enthält reiche vom Dichter angelegte Sammlungen von Gemälden, Antiqui-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 18.