Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abdampfen'
hinreichend erniedrigt wurde. Derartige Apparate fanden, wesentlich verbessert, seit 1850 besonders
durch Tischbein und Robert Verbreitung.
Man konstruierte mehrere im Detail voneinander abweichende Apparate mit drei Körpern, leitete in den ersten
direkten Dampf und heizte mit dem Dampf des ersten Körpers den zweiten und mit dem in diesem sich
entwickelnden Dampf den dritten Körper.
Einen Schritt weiter geht das Rittingersche System, bei welchem eine und
dieselbe Wärmemenge wiederholt ausgenutzt wird. Eine gewöhnliche Abdampfpfanne mit doppeltem Boden ist durch einen
Deckel luftdicht verschlossen, und der über der Flüssigkeit befindliche Raum steht mit dem Raum im doppelten Boden
durch Röhren in Verbindung, zwischen welche eine doppelt wirkende Luftpumpe eingeschaltet ist. Der ganze Apparat
ist mit schlechten Wärmeleitern umgeben und wird aus einem Dampfkessel mit Dampf gefüllt, bis die zu verdampfende
Flüssigkeit die Temperatur dieses Dampfes angenommen hat. Dann beginnt das Spiel der Luftpumpe, welche den Dampf
aus dem Raum über der Flüssigkeit in den hohlen Boden treibt. Während also der Dampf über der Flüssigkeit
verdünnt wird, findet zwischen den Wänden des Doppelbodens eine Verdichtung statt, und infolgedessen wird
aus der Flüssigkeit lebhaft Dampf entwickelt, und ein Teil des im Doppelboden befindlichen Dampfes gibt seine
gebundene Wärme durch den Pfannenboden an die Flüssigkeit ab und verdichtet sich dadurch zu Wasser. Die
abgegebene Wärme aber dient zur weitern Entwickelung von Dampf aus der Flüssigkeit. Durch fortgesetzte Arbeit der
Luftpumpe tritt ein gewisser Beharrungszustand ein, während dessen sich ein konstanter Unterschied zwischen der
Temperatur des im Bodenraum verdichteten Dampfes und jener der darüber befindlichen Flüssigkeit herstellt.
Während dieses Zustands gibt der im Bodenraum verdichtete Dampf genau so viel Wärme ab, wie der im Pfannenraum
entwickelte Dampf zu seiner Bildung bedarf. Es ist aber notwendig, die Luftpumpe durch Wasserkraft zu betreiben,
da die Anwendung von Dampfkraft die Vorteile der Brennmaterialersparung mehr als aufheben würde. Das diesem System
zu Grunde liegende Prinzip ist durch Piccard weiter ausgebildet worden, und
sein Apparat hat auf Salinen bereits vorteilhafte Anwendung gefunden. Sollen beim A. die entweichenden Dämpfe
wieder kondensiert werden, um das Lösungsmittel nicht verloren gehen zu lassen (bei alkoholischen,
ätherischen Lösungen), so wird die Operation in Destillationsgefäßen ausgeführt, und das A. verwandelt
sich somit in eine Destillation.
In den gewöhnlichen Abdampfapparaten kann die Arbeit intermittierend oder
kontinuierlich betrieben werden. Im ersten Fall füllt man die Gefäße mit der
abzudampfenden Flüssigkeit und erhitzt, bis die gewünschte Konzentration erreicht ist, bisweilen unter Nachfüllen
von Flüssigkeit, um zuletzt eine vollständige Füllung des Gefäßes mit konzentrierter Flüssigkeit zu erreichen.
Bei kontinuierlichem Betrieb dagegen fließt beständig konzentrierte Flüssigkeit ab, während frische an einer
andern, möglichst entfernten Stelle des Gefäßes zugeleitet wird. Diese Methode ist besonders bei sehr großen
Pfannen anwendbar, in welchen man überdies durch Anbringung von Scheidewänden den von der Flüssigkeit
zurückzulegenden Weg möglichst verlängert. Bei Benutzung kleinerer Pfannen werden mehrere zu einer Batterie
vereinigt und terrassenförmig aufgestellt. Die schwache Flüssigkeit tritt in die eine am Ende der Batterie gelegene Pfanne
↔
ein und gelangt aus einer in die andre Pfanne, bis sie hinreichend konzentriert am andern Ende der Batterie abfließt.
Dabei befindet sich die Feuerung unter der stärksten, resp. niedrigsten Pfanne, so daß die Feuerungsgase die
schwächste Pfanne mit der frischen kalten Beschickung zuletzt bestreichen. Dieselbe Einrichtung kommt auch zur Anwendung,
wenn man zum Verdampfen Retorten benutzt. Auch im Robertschen Apparat durchströmt die zu verdampfende Flüssigkeit
kontinuierlich die drei Körper.
Das beim Gradieren benutzte Prinzip wird auch für höhere Temperaturen verwertet. Man läßt die zu verdampfende
Flüssigkeit in einem Turm über Koks, Steingutscherben od. dgl. herabrieseln, so daß sie eine große
Oberfläche erhält, und leitet heiße Luft in den untern Teil des Turms. Der aufsteigende Luftstrom kommt
dann der Flüssigkeit entgegen, und es wird eine sehr energische Verdampfung erzielt (Glover Turm der Schwefelsäurefabriken).
In einem andern Apparat (Ungerers Turm) hängen mehrere Hundert Drahtseile oder
Ketten von der Decke vertikal herab, und während die Flüssigkeit an diesen herabrinnt, steigen die Feuerungsgase
in dem Turm auf.
Die Gefäße, welche man zum A. benutzt, bestehen aus Metall, Glas oder Thon.
Sie müssen mehr flach als tief sein, um die Dampfbildung zu befördern, und möglichst dünnwandig behufs leichterer
Übertragung der Wärme auf die Flüssigkeit. In dieser Hinsicht sind Metallgefäße vorzuziehen, doch werden die Metalle
(mit Ausnahme der kostbarern) von vielen Flüssigkeiten angegriffen. Man benutzt gußeiserne (oft emaillierte), besser
schmiedeeiserne Pfannen, welche bei bedeutender Größe aus Blechplatten zusammengenietet werden. Kupferne Gefäße
lassen sich bei der Dehnbarkeit des Metalls leichter aus einem Stück treiben, sind reinlicher als Eisen und widerstehen
vielen Flüssigkeiten, welche Eisen angreifen. Zinnkessel dienen nur für ganz bestimmte Zwecke, z. B. in der Pharmazie,
und häufig verzinnt man eiserne und kupferne Abdampfgefäße. Bleipfannen benutzt man zum Konzentrieren von
Schwefelsäure und sauren Salzlösungen, silberne zur Darstellung von Ätzkali und Ätznatron, Platingefäße zum
Verdampfen der konzentrierten Schwefelsäure und im kleinen zu wissenschaftlichen Arbeiten. Glasgefäße und namentlich
Porzellan- und Steingutschalen finden ausgedehnte Verwendung. Die Feuerung muß
möglichst vollständige Verbrennung des Heizmaterials und möglichst vollständige Übertragung der Wärme auf die Flüssigkeit
gestatten. 1 qm Kesselfläche liefert, wenn das Wasser im Kochen erhalten wird, etwa 0,5 kg Dampf in der Minute.
Erfahrungsgemäß verdichtet 1 qm dünnes Kupferblech etwa 1,5 kg Dampf in der Minute, wenn der Temperaturunterschied
zu beiden Seiten des Blechs 50° beträgt. Soll 1 qm Heizfläche 0,5 kg Dampf in der Minute liefern, so muß also die
Differenz 16,66° betragen und, da das siedende Wasser 100° besitzt, der Dampf in der Dampfschlange 116,66° heiß sein,
was einem Druck von 1,7 Atmosphäre entspricht. Wollte man mit Dampf von nur 108° arbeiten, so müßte man die
Oberfläche der Dampfschlange auf 2 qm bringen. Sehr häufig benutzt man zum Heizen der Abdampfpfannen die
heißen Gase (Abhitze), welche aus andern Feuerungen, Öfen etc. entweichen,
und zum Heizen von Dampfschlangen den Dampf, welcher in der Dampfmaschine bereits Dienste geleistet hat.
Vgl. Schultz, Die Berechnung der Abdampfapparate (Berl. 1863);
Jelinek, über Verdampfapparate (Prag 1884).