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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ägir; Agira; Agis; Ägis

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Ägir - Ägis.

rakter eines wirtschaftlich und moralisch gefährlichen Hasardspiels, je weniger die Faktoren, welche Preisänderungen bewirken können, einer wirtschaftlichen Berechnung sich unterziehen lassen. Für die Zwecke der A. vorzüglich geeignet sind diejenigen an der Waren- und Effektenbörse gehandelten Gegenstände, deren Preise häufigen Schwankungen unterliegen (Aktien neugegründeter Unternehmungen, die sogen. "internationalen" Papiere etc.). Nimmt das Agiotagetreiben einen größern Umfang ein, stützt es sich insbesondere auf zahlreiche neue Gründungen, so führt es unausbleiblich zu Krisen (s. Handelskrisen). Der Agioteur, in Paris Coulissier, in London Jobber genannt, d. h. derjenige, welcher sich an der Börse gewerbsmäßig Differenzgeschäften widmet, hat um so mehr Hoffnung auf Gewinn, je mehr er durch großen Kapitalbesitz in den Stand gesetzt ist, die Kurse zu beherrschen und die Masse der kleinen Börsenspieler durch wirkliche Käufe und Verkäufe in solche Bewegung zu setzen, welche den eignen im geheimen betriebenen Absichten am günstigsten ist. Leider läßt sich zwischen der berechtigten und der schädlichen und sträflichen Spekulation keine scharfe Grenze ziehen. Infolgedessen werden auch durch gesetzliche Maßregeln zur Bekämpfung der A. nicht die erwarteten Erfolge erzielt. Dieselben können leicht vom Spieler umgangen werden, dagegen redliche Geschäfte, namentlich solche, welche im Dienste der Arbitrage (s. d.) eine wohlthätige Preisausgleichung bewirken, allzusehr hemmen (vgl. Börse).

Ägir, s. Ögir.

Agira, Stadt in der ital. Provinz Catania (Sizilien), südöstlich von Nicosia, unweit des Salso, auf hohem Felsen, mit Ruinen eines normännischen Kastells, Bergbau und (1881) 13,498 Einw., ist das alte Agyrium und Geburtsort des Diodorus Siculus.

Agis, Name mehrerer Könige von Sparta: 1) A. I., der sagenhafte Stammvater des Königshauses der Agiaden (Agiden) oder Eurystheniden, angeblich ein Sohn des Eurysthenes. Auf ihn führt die Tradition die Unterwerfung der Periöken und Heloten zurück.

2) A. II. (I.), Sohn des Archidamos, Bruder des Agesilaos, regierte 427-397 v. Chr. Nachdem er 427 und 425 die Einfälle der Peloponnesier in Attika befehligt hatte, führte er den Krieg gegen das mit Athen verbündete Argos. Im ersten Feldzug ließ er sich zu einem ungünstigen Waffenstillstand verleiten, machte aber diesen Fehler 418 durch seinen Sieg bei Mantineia wieder gut. Er nahm 415 den flüchtigen Alkibiades auf und besetzte auf seinen Rat 413 Dekeleia in Attika; da er sich aber durch den Athener in den Hintergrund gedrängt sah, derselbe überdies seine Gemahlin Timäa verführte, so trachtete er Alkibiades nach dem Leben, worauf derselbe zu den Persern ging. Im J. 405 nahm A. an der Belagerung von Athen teil. Er starb 397, ihm folgte sein Bruder Agesilaos.

3) A. III. (II.), Sohn des Archidamos III., wurde 338 v. Chr. König, versuchte, während Alexander d. Gr. in Asien vordrang, Griechenland von der makedonischen Herrschaft zu befreien, unterlag aber und fiel 330 im Kampf gegen Antipatros.

4) A. IV. (III.) folgte 244 v. Chr. seinem Vater Eudamidas II. Bei seinem Regierungsantritt war die alte Verfassung Spartas ihrer völligen Auflösung nahe und der kräftige Geist des Volks geschwunden. Das alte Grundgesetz des Staats, die Gleichheit aller Bürger, war außer Geltung gesetzt, denn die ursprüngliche Zahl von 9000 Spartiaten war auf 700 zusammengeschmolzen, von denen höchstens 100 Grund und Boden besaßen und in Prunk und Schwelgerei lebten, während die übrigen, durch Armut und Schulden niedergedrückt, in träger Ruhe von der Zukunft Verbesserung ihrer Zustände hofften. Das Heer bestand aus Periöken und Heloten, und es war völliges Aussterben der Spartiatenfamilien zu befürchten. Unter solchen traurigen Umständen faßte A., der selbst die altspartanische Sitte und Lebensweise annahm, den Plan einer Herstellung der Lykurgischen Staatsverfassung. Von einigen angesehenen Männern, seinem mütterlichen Oheim Agesilaos und Lysandros unterstützt, hatte er dagegen an seinem Mitkönig Leonidas II., einem durch langen Aufenthalt im Orient der heimischen Sitte ganz entfremdeten Mann, einen heftigen Gegner, der aus Furcht vor dem Volk, welches vertrauensvoll auf den jungen König blickte, zwar nicht offen gegen A. aufzutreten wagte, aber die patriotischen Absichten desselben insgeheim zu verdächtigen suchte.

A. eröffnete 242 seine reformatorische Thätigkeit mit einem Gesetz, durch welches die Schulden erlassen wurden, und diesem folgte ein andres, wonach die Spartiaten durch Aufnahme der tüchtigsten Periöken und Fremden auf die Zahl von 4500 gebracht und unter diese alle Ländereien Lakoniens zu gleichen Teilen durch das Los verteilt werden sollten. Leonidas und die Ephoren, welche diesen Gesetzen opponierten, wurden abgesetzt und verbannt, und der glückliche Fortgang des Unternehmens schien völlig gesichert, als der Eigennutz des Agesilaos, der Ephoros geworden war, alles verdarb. Dieser verzögerte nämlich, um seine großen Güter nicht hergeben zu müssen, die Ausführung der Ackerverteilung, bis A. Sparta verlassen mußte, um die spartanischen Hilfsvölker dem Achäischen Bund zuzuführen. Als er, ohne eine nennenswerte That verrichtet zu haben, in die Heimat zurückkehrte, hatten sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse für ihn sehr ungünstig gestaltet; denn während seiner Abwesenheit hatte Agesilaos seine Absicht, die Güterverteilung zu hintertreiben, sowie andre herrschsüchtige Pläne offener kundgegeben, so daß ein völliger Umschwung in der Stimmung des in seinen Hoffnungen getäuschten Volks eintrat. Leonidas kehrte zurück und bemächtigte sich wieder der Gewalt. A. suchte in einem Tempel Schutz, aber treulose Freunde lockten ihn aus seinem Asyl und überlieferten ihn dem Gericht. Von den Ephoren zur Rechenschaft über seine Handlungen aufgefordert, verteidigte er sich mit Stolz und Freimut; dennoch wurde er zum Tod verurteilt und eilig erdrosselt (241). Dasselbe Schicksal wurde auch der Großmutter Archidameia und der Mutter des A., Agesistrata, bereitet. Die tragische Geschichte des A. ist von dramatischen Dichtern öfters bearbeitet worden, am ausgezeichnetsten von Alfieri.

Ägis (Ägide), bei Homer der grauenvolle, grell und unheimlich funkelnde Schild des Zeus, das Symbol seines Zorns. Er war ein Werk des Hephästos, von 100 goldenen Quasten eingefaßt, in der Mitte mit dem Gorgonenhaupt geschmückt. Wenn Zeus die Ä. schüttelte, erbrauste es wie Sturmwind, und Furcht und Schrecken ergriff die Völker. Doch war die Ä. auch das Sinnbild des göttlichen Schutzes, woher noch heute der Ausdruck "Unter der Ägide jemandes", s. v. w. unter seiner Obhut. Nach jüngerer Sage war die Ä., welche Zeus zuerst im Kampf gegen die Titanen gebraucht haben soll, ein mit züngelnden Schlangen besetztes Ziegenfell und zwar die Haut jener Ziege (griech. aix), welche den jungen Gott auf Kreta gesäugt hatte. Gelegentlich leiht Zeus die Ä. auch andern Göttern, z. B. Apollon, Ares etc., namentlich aber führt sie Athene, die Lieblingstochter des