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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Alpenklubs; Alpenkompanien; Alpenpflanzen; Alpenrebe; Alpenrose; Alpenrot; Alpenstich; Alpenstraßen und Alpenbahnen

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Alpenklubs - Alpenstraßen und Alpenbahnen.

die Kalksteine der Alpen, wobei man von der Anschauung ausging, daß dieselben alle einem und demselben System angehörten. Als Äquivalent derselben wurden die Zechsteinkalke angesehen und daher auch wohl an andern Orten mit dem Ausdruck A. bezeichnet. Seitdem man das sehr ungleiche Alter der verschiedenen Kalkablagerungen in den Alpen erkannt und diese den verschiedensten Systemen von der Steinkohle bis zum Tertiär zugewiesen hat, ist der Ausdruck A. sowohl für die Kalksteine der Alpen als auch für andre Ablagerungen außer Gebrauch gekommen.

Alpenklubs, s. Alpenvereine.

Alpenkompanien, ein Truppenteil der italienischen Armee zur Sicherung der Alpenübergänge, wurden 1872 errichtet und sind seit 1878 von 24 auf 36 und seit Anfang 1883 auf 72 Kompanien mit einer stets gleichbleibenden Kopfstärke von je 250 Köpfen erhöht; sie bilden 6 Regimenter mit zusammen 18,000 Mann, um so ihren Zweck der Sicherung der ausgedehnten Alpengrenze Oberitaliens auch während der Zeit einer Mobilmachung und Ansammlung einer italienischen Armee in Oberitalien erfüllen zu können. Bei der Mobilmachung formiert die Mobilmiliz nochmals. 72 Kompanien in 20 Bataillonen und die Territorialmiliz 72 Kompanien in 30 Bataillonen, zusammen 216 A. mit 54,000 Mann. Vgl. Italien, Heerwesen.

Alpenpflanzen, eigentümliche, die alpine und nivale Region der Alpen, also Höhen von mehr als 1800 m, bewohnende Pflanzen mit meist verhältnismäßig großen und tiefgefärbten Blüten und dichtem, polsterförmigem Rasenwuchs mit kurzen, holzigen, im Boden ruhenden Stämmchen. Diese Flora besteht namentlich aus zahlreichen Arten der Gattungen Steinbrech (Saxifraga), Enzian (Gentiana), Primel (Primula), Miere (Alsine), Glockenblume (Campanula), Leimkraut (Silene), vielen Kreuzblütlern, Riedgräsern (Carex sp.) u. v. a., denen sich gewisse wenige Zentimeter hohe Weiden (Salix herbacea, reticulata, retusa) und die Alpenrosen (Rhododendron) anschließen. Manche dieser Phanerogamen gehen, wenn auch in krüppelhaftem Wuchs, noch über die Schneegrenze hinauf; so haben sich z. B. Silene acaulis und Ranunculus glacialis noch über 3140 m gefunden. Darüber hinaus bilden ebenso wie gegen die Pole hin nur gewisse Kryptogamen, nämlich einige Moose und steinbewohnende Flechten, sowie mikroskopische Algen, unter den letztern besonders der die Schneefelder und Gletscher überziehende rote Protococcus nivalis Ag., die letzten Spuren organischen Lebens. Auf der Spitze der Jungfrau und selbst auf derjenigen des Montblanc bei 4520 m trifft man noch steinbewohnende Flechten (z. B. Lecidea confluens Fries). Zwischen den Floren der Alpenregionen und der klimatisch entsprechenden nördlich von den Alpen gelegenen geographischen Zonen (Lappland, Spitzbergen, Grönland etc.) zeigt sich ein gewisser Parallelismus. Die Alpen haben 294 hochalpine Arten, von denen 64 auch in den Hauptgebieten der arktischen Zone vorkommen. Die letztern haben in überwiegender Zahl ihren Ursprungsherd in der gemäßigten Zone Nordasiens, nur wenige haben ihre Heimat im nordischen Küstengebiet Amerikas. Die gegenwärtige räumliche Trennung des alpinen und nordischen Wohngebiets bestand während der Eiszeit noch nicht, wie aus Resten der nordisch alpinen Flora mitten im norddeutschen Tiefland bewiesen wird. Als rein alpine Arten zählt Christ nur 182 Arten auf, von denen sich jedoch viele von den Karpathen über die Alpen bis zu den Pyrenäen, südlich auch auf die Gebirge der mediterranen Halbinsel und östlich bis zum Kaukasus verbreiten. Auch auf die mitteldeutschen Gebirge ist eine Anzahl von A. übergegangen. Man hat gegenwärtig mit Erfolg versucht, auch A. in der Ebene zu kultivieren. Hierbei müssen ihnen möglichst dieselben Verhältnisse dargeboten werden, denen sie an ihrem natürlichen Standort ausgesetzt sind; es ist nötig, ihnen die lichtesten Orte zu geben, für eine ununterbrochene Feuchthaltung zu sorgen und namentlich die Vegetation im Frühjahr zu verzögern, was dadurch geschieht, daß man während des Winters größere Schneemassen aufbringt, festtritt und öfters begießt und im Frühjahr durch eine Wand Schutz vor der Bestrahlung gibt. Auch auf die Zubereitung des Bodens ist dabei ein Hauptgewicht zu legen. Vgl. Kerner, Die Kultur der A. (Innsbr. 1864); Weber, Die A. Deutschlands und der Schweiz (4. Aufl., Münch. 1878, 4 Bde.); Seboth, Die A., mit Text von Gras (Prag 1879-82, 3 Bde.); Hartinger, Atlas der Alpenflora, mit Text von Dalla Torre (Wien 1882 ff.); Christ, Pflanzenleben der Schweiz (Zür. 1879); Müller, Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten (Leipz. 1881).

Alpenrebe, s. Atragene.

Alpenrose, s. Rhododendron.

Alpenrot, s. Blutschnee.

Alpenstich, in den Hochgebirgen der Schweiz endemische und in den meisten Frühjahren auftretende, leicht tödlich werdende Brustfellentzündung, welche sich 1771 und 1832-33 selbst über einige Teile des nördlichen Deutschland ausdehnte. Man hält sie für eine Folge des Föhns.

Alpenstraßen und Alpenbahnen. Verbindungswege zwischen den nördlich und südlichen den Alpen gelegenen Ländern waren bereits im Altertum bekannt, doch galt der Übergang immer für ein überaus gefahrvolles Werk. Gallische Völker drangen frühzeitig nach Norditalien, und zwischen ihnen und ihren Stammverwandten jenseit des Gebirges scheint immer Verkehr stattgefunden zu haben; davon zeugt wenigstens die Sage von einer "heiligen Straße", welche von den anwohnenden Völkerschaften unterhalten und geschützt wurde. Im 3. Jahrh. v. Chr. führte Hannibal seinen berühmten Übergang über die Alpen aus; das kühne Unternehmen ward wie ein Wunder angestaunt. Später hatten die Römer verschiedene Straßen über das Gebirge sowohl nach Gallien als nach Deutschland. Unter den erstern wurde die über Ocelium (Oulx) und den Matronenberg (Mont Genèvre) als die kürzeste am meisten benutzt; andre führten über die Penninischen, Grajischen und die Seealpen. Unter denen nach Germanien waren die vom Lacus Larius (Comer See) über den Splügen und die von Tergeste (Triest) über die Karnischen Alpen die bedeutendsten. Nach dem Verfall der alten Römerstraßen bestanden die Alpenwege bis ins 17. Jahrh. fast ohne Ausnahme aus Saumpfaden, die oft für Menschen und Tiere gefahrbringend waren und erst seit dem vorigen Jahrhundert allmählich in Fahrstraßen umgewandelt wurden. Noch Albrecht v. Haller konnte ausrufen: "Über die Alpen geht kein Rad!" Es gab nur zwei zur Not fahrbare Wege über die Hochalpen, welche die Handelsstädte am Rhein und in Schwaben sowie im südöstlichen Frankreich mit der Lombardei verbanden. Der eine, seit 1772 fahrbar, führte über den Brenner, der andre, erst 1779-82 von Viktor Amadeus III. angelegt, über den Col di Tenda. Die ganze Zentralkette auf 480 km Länge aber war noch ohne Fahrweg; die Wagen mußten auseinander genommen und