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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Anakreon; Anakrusis; Anaktorion; Analcim; Analekten; Analeptika; Analgesie; Analog; Analogie

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Anakreon - Analogie.

kann ich mich doch unmöglich dazu für ganz unfähig halten"). Eine besondere Art der A. ist das Anantapodoton, wenn der Nachsatz entweder gänzlich fehlt, oder sich in einer andern Konstruktion versteckt.

Anakreon, griech. Lyriker, geboren um 550 v. Chr. zu Teos, einer ionischen Stadt Asiens, deren Einwohner um 540 vor der drohenden persischen Herrschaft nach dem thrakischen Abdera übersiedelten. Von dort kam A. an den Hof des Polykrates von Samos und wurde hier hoch geehrt. Nach dessen Ende (522) rief der Tyrann Hipparchos den Dichter nach Athen. Von Anakreons Leben nach dem Sturz der Peisistratiden weiß man nichts Sicheres. Wohl nur Sage ist es, daß er, 85 Jahre alt, durch Verschlucken einer getrockneten Weinbeere gestorben sei. Auf der Burg zu Athen stand seine Bildsäule, die ihn als einen vom Wein begeisterten greisen Sänger darstellte, wie er überhaupt bei den Griechen als Typus eines noch im Alter dem Wein und der Liebe huldigenden Dichters galt. Denn der Liebe, dem Wein und der heitern Geselligkeit war die Mehrzahl seiner in dem weichen ionischen Dialekt verfaßten Lieder gewidmet, die durch ihre Schönheit und Anmut berühmt waren. Die Alten kannten drei Bücher Anakreontischer Lieder, von denen nur noch spärliche Fragmente erhalten sind (am besten bearbeitet von Bergk, Leipz. 1834, u. in dessen "Poetae lyrici graeci", 4. Aufl., das. 1882). Nachahmungen der Anakreontischen Poesie aus verschiedener, zum Teil später Zeit und von verschiedenem Wert enthält eine des A. Namen fälschlich tragende Sammlung von etwa 60 zumeist Wein- und Liebesliedern (neuere Ausg. von Mehlhorn, Glog. 1825; Rose, 2. Aufl., Leipz. 1876; bei Bergk a. a. O.). Diese Anakreontischen Lieder wurden oft übersetzt, z. B. von Gleim, Uz, Götz, in neuester Zeit von Uschner (Berl. 1864), E. Mörike (Stuttg. 1865) und Junghans (Leipz. 1873). Eine antike Statue des A. (1835 am Monte Calvo gefunden) enthält die Villa Borghese in Rom.

Anakrusis (griech.), Auftakt, Aufschlag, in der Metrik und Musik die Vorschlagsilbe, welche dem Beginn der eigentlichen rhythmischen Bewegung oder des bestimmten Taktes vorangeht, wenn derselbe mit einer Arsis beginnt, wie z. B. beim Alkäischen Vers.

Anaktorion, gemeinsame Kolonie der Korinther und Korkyräer am Eingang des Ambrakischen Meerbusens, die bedeutendste im Lande der Akarnanen, welche A. 425 v. Chr. eroberten und den im Gebiet der Stadt auf der äußersten flachen Festlandsspitze (Akte) gelegenen Tempel des Apollon zu ihrem Bundesheiligtum machten. Neben demselben entstand eine kleine Ortschaft, Aktion (Actium), berühmt als Lagerplatz des Antonius vor der bekannten Schlacht.

Analcim (v. griech. analkis, kraftlos, schwach, weil das Mineral beim Reiben nur schwach elektrisch wird), Mineral aus der Ordnung der Silikate (Zeolithgruppe), kristallisiert regulär, tritt oft in großen Kristallen, meist in Drusen, eingewachsen oder in körnigen Aggregaten auf, ist farblos oder weiß, grau, rötlich bis fleischrot, glas- bis wachsglänzend, durchsichtig bis fast undurchsichtig, Härte 5,5, spez. Gew. 2,1-2,8, besteht aus Natrium-Aluminiumsilikat, entsprechend der Formel Na2Al2Si4O12 + 2H2O ^[Na_{2}Al_{2}Si_{4}O_{12} + 2H_{2}O]. Er findet sich hauptsächlich in den Blasenräumen, Drusenhöhlen und Gangspalten der Basaltite, Diabasite und Melaphyre, in der Seiser Alp, auf den Cyklopeninseln, an den Kilpatrickhügeln, in Norwegen, am Ural, bei Aussig, im Fassathal etc., selten auf Erzgängen und Lagern bei Andreasberg, Arendal, im Thoneisenstein von Duingen in Hannover.

Analekten (griech., "Aufgelesenes"), eine Sammlung auserlesener Stellen aus Schriftstellern, besonders Dichtern; dann auch s. v. w. Sammelschrift. Vgl. Kollektaneen.

Analeptika, s. Erregende Mittel.

Analgesie (Analgie, griech.), Schmerzlosigkeit, Unempfindlichkeit gegen schmerzhafte Eindrücke.

Analog (griech.), in seinen Verhältnissen ähnlich.

Analogie (griech.), Gleichförmigkeit, Übereinstimmung eines Dinges in gewissen Beziehungen mit einem andern, Ähnlichkeit der Verhältnisse. In der Grammatik bezeichnet A. die aus Vergleichung gewonnene Regel in Bezug auf Bildung, Abwandlung und Zusammenfügung der Worte, im Gegensatz zur Anomalie, der Abweichung von der sonst geltenden Regel; in der Hermeneutik und Kritik das harmonische Verhältnis einzelner Stellen zu der Schreibart und dem Geiste des ganzen Werks sowie zu den Umständen, unter denen dieses verfaßt wurde. Infolge dieser A. werden dunklere Stellen nach den klaren, unbestimmte Andeutungen nach bestimmten Angaben erklärt, spätere Zusätze aber als solche erkannt und verworfen. Sie findet bei jedem Schriftsteller Anwendung, ist aber besonders bei der biblischen Exegese geltend gemacht worden (s. unten).

In der Philosophie bezeichnet A. die Übereinstimmung gewisser Dinge in einem oder mehreren wesentlichen Merkmalen, aus welcher dann mit nach Menge und Wesentlichkeit des Übereinstimmenden steigender Wahrscheinlichkeit auf Übereinstimmung auch in den übrigen Merkmalen, also von Bekanntem auf Unbekanntes, geschlossen wird. Beispielsweise folgerte Kepler aus dem Umstand, daß die Planeten unsers Sonnensystems in vielen wichtigen Beziehungen untereinander harmonieren und einer derselben, Mars, seinen Beobachtungen zufolge erweislich eine elliptische Bahn beschreibt, daß sich sämtliche Planeten in Ellipsen um die Sonne bewegten. Sind jedoch die übereinstimmenden Merkmale zufälliger Natur, so ist die A. nur scheinbar, nicht wahrhaft, und es können auf ihrem Weg sehr irrige Folgerungen zum Vorschein kommen.

A. des Glaubens (lat. Analogia fidei) heißt in der evangelischen Dogmatik der Maßstab, welchen die klaren und unzweideutigen Stellen der Heiligen Schrift behufs des Verständnisses der übrigen ergeben. Voraussetzung dabei ist, daß innerhalb der Bibel selbst keinerlei Widerspruch obwalten könne; wo dennoch ein solcher vorhanden zu sein scheine, werde er sich lösen, sobald man die Stelle im Lichte des Gesamtinhalts betrachte.

In juristischer Beziehung (A. des Gesetzes und des Rechts) versteht man unter A. die Ausdehnung eines Rechtssatzes auf solche Fälle, welche zwar der Gesetzgeber nicht im Auge hatte, die aber doch unter diese Rechtsvorschrift wegen Gleichheit des Grundes (ratio legis) gezogen werden können. Selbst das vollständigste Recht wird gegenüber der unendlichen Mannigfaltigkeit stets neu sich erzeugender Rechtsverhältnisse sich zuweilen als unvollständig erweisen. Nun aber kann im Zivilrecht nie eine streitige Frage aus dem Grund unentschieden bleiben, weil kein Gesetz die Entscheidung enthielte. Die Ergänzung solcher Unvollständigkeiten und Lücken ist daher Aufgabe der Wissenschaft, und die Resultate der Thätigkeit derselben nach dieser Richtung hin sind zuweilen sogar als ein besonderes Recht der Wissenschaft, Juristenrecht, Recht der Praxis bezeichnet worden. Namentlich bedient sich die Wissenschaft hierzu der Anwendung vorhandener Rechtsvorschriften auf darunter