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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Anguisciola; Angularsystem; Angurie; Angus; Angußfarbe; Angusticlavii; Anhägerung; Anhalt

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Anguisciola - Anhalt.

Anguisciola (spr. anngwíschola), Sophonisbe, ital. Malerin, geboren um 1535 zu Cremona, Schülerin des Bernardino Campi und des Sojaro, entwickelte sich so frühzeitig, daß sie bereits in jungen Jahren als ausgezeichnete Porträtmalerin galt, was ihr Selbstbildnis von 1554 im Belvedere zu Wien beweist. Aus dem folgenden Jahr stammt das Bildnis ihrer drei Schwestern (Berliner Nationalgalerie), ein Hauptwerk der Künstlerin. Aus vornehmer Familie gebürtig, ließ sie sich nur schwer bestimmen, Bildnisse vornehmer Personen, von Fürsten und Edlen, zu malen. Auf Empfehlung des Herzogs von Alba ging sie 1559 nach Madrid an den Hof und entfaltete dort als Porträtmalerin der königlichen Familie eine glänzende Thätigkeit, die fürstlich belohnt wurde. Mit einem sizilischen Edelmann, Fabrizio di Moncada, vermählt, begab sie sich nach Palermo. Nach dessen Tod heiratete sie einen Genuesen, Orazio Lomellini, und lebte von da an bis zu ihrem Tod (um 1625), nachdem sie noch als Sechzigerin blind geworden, durch ihren Geist und ihre reiche Bildung einen geselligen Kreis um sich sammelnd, in Genua. Ihre seltenen Porträte befinden sich, mit Ausnahme des Selbstbildnisses in den Uffizien zu Florenz, in Privatbesitz.

Angularsystem (lat.), Befestigungssystem durch Zangenwerke.

Angurie, s. v. w. Wassermelone, s. Melone.

Angus, schott. Grafschaft, s. Forfarshire.

Angußfarbe (engobe), eine dünne Thonschicht aus feinem Material, welche auf Thonwaren verschiedener Art (Mauersteine, Fayence) angebracht wird, um schöneres Ansehen und eine bestimmte Farbe zu erzielen.

Angusticlavii (lat.), bei den alten Römern Bezeichnung der Militärtribunen plebejischen Standes, weil sie ihre Tunika mit schmalem Purpurstreifen (clavus angustus) besetzt trugen, zum Unterschied von denen aus dem Ritterstand (s. Laticlavii).

Anhägerung, Ablagerung von Bodenbestandteilen in einem Fluß, daher Anhägerungsbuhne, Bekleidung des Ufers mit Bohlen und Balken sowie mit in der Mitte umgebogenen und in den Sand gesteckten Strohbündeln zur Beförderung und Erhaltung der Anhägerungen.

Anhalt (s. Karte "Provinz Sachsen"), ein zum Deutschen Reiche gehöriges Herzogtum, wurde 1863 durch Vereinigung der beiden Herzogtümer A.-Dessau-Köthen und A.-Bernburg gebildet (s. unten, Geschichte) und umfaßt sämtliche seit 1603 getrennt gewesene anhaltische Lande. Diese liegen im norddeutschen Tiefland (nur der südwestliche Teil, Kreis Ballenstedt, liegt an und auf dem Unterharz) und zerfallen in zwei Hauptteile, einen östlichen und einen westlichen, welche durch die preußische Provinz Sachsen voneinander getrennt werden; dazu kommen noch fünf kleine, von preußischen Landen umschlossene Enklaven: Alsleben, Mühlingen, Dornburg, Gödnitz und eine kleinere ohne Ortschaft bei Göbel. Der östliche, größere Hauptteil des Landes ist ganz von den preußischen Regierungsbezirken Potsdam, Magdeburg und Merseburg umschlossen; die beiden letztern umgeben auch den westlichen, kleinern Teil (das sogen. Oberherzogtum oder Ballenstedt), und nur etwa 7,5 km lang bildet das Herzogtum Braunschweig (Kreis Blankenburg) die Grenze. Der größte Teil des Landes ist Flachland, nur der südwestlichste ist gebirgig durch die Vorberge und den Anfang des Unterharzes, dessen höchste Kuppe hier, der Ramberg (Viktorshöhe), zwischen Gernrode und Alexisbad, 615 m Höhe erreicht. Vom Unterharz senkt sich das Land nach der Saale hin; jenseit dieses Flusses bildet es bis zur Elbe eine zum Teil wellenförmige Ebene. Von dem rechten Elbufer an beginnt ein größtenteils sandiges, stark bewaldetes Flachland, das nur hier und da durch moorige und fette Niederungen und den niedrigen, sandigen Höhenzug des Flämings längs der preußischen Grenze unterbrochen wird. Der bei weitem größte Teil des Ganzen, von Ballenstedt bis an die Mulde und Elbe, hat vortrefflichen schweren Ackerboden, den besten zwischen Saale und Mulde; weniger fruchtbar, jedoch gras- und holzreich ist der Landstrich nördlich von der Elbe; auf dem Harz lohnt der Boden nur an einigen Stellen den Ackerbau. Die Elbe, als Hauptfluß, durchströmt den östlichen Hauptteil des Landes von O. nach W. und nimmt hier unterhalb Roßlau die von S. kommende Mulde auf. Die Saale, bereits schiffbar, geht in nördlicher Richtung durch den westlichen Strich des östlichen Hauptteils und nimmt rechts die Fuhne (Landgraben), links die Wipper mit der Eine und die Bode mit der Selke auf. Selke und Eine bewässern den westlichen Hauptteil. Der Flächeninhalt des Herzogtums, das in fünf Kreise abgeteilt ist, beträgt 2347 qkm (41,7 QM.), die Bevölkerung nach der Zählung vom 1. Dez. 1880: 232,592 Einw., welche überwiegend zum obersächsischen Stamm der deutschen Nation gehören. Nach der Verteilung derselben auf die fünf Kreise und der Vergleichung mit der Zählung von 1875 ergeben sich folgende Ziffern:

1875 1880 Wachstum

Dessau 48284 53002 9,77 Proz.

Köthen 42753 45783 7,09 "

Zerbst 38691 41964 8,46 "

Bernburg 57540 64103 11,41 "

Ballenstedt 26297 27740 5,49 "

Zusammen: 213565 232592 8,91 Proz.

Das jährliche Wachstum betrug im Durchschnitt 1,7 Proz. und war, von den Hansestädten abgesehen, nur in Reuß j. L. stärker. Die Volksdichtigkeit beträgt 99 Seelen auf 1 qkm. Dem Geschlecht nach kamen 1880: 1021 weibliche Personen auf 1000 männliche. Die natürliche Bevölkerungsvermehrung betrug 1882 bei 8897 Geburten und 5212 Todesfällen 3685 Seelen. Die Zahl der Auswanderer belief sich 1883 auf 270 Personen. Die Bevölkerung verteilt sich fast zu gleichen Teilen auf das Land (277 Flecken, Dörfer etc.) und auf die Städte (22), von denen 4 (Dessau, Bernburg, Köthen und Zerbst) eine Bevölkerung von mehr als 10,000 Seelen haben. Es gab 1880: 29,800 bewohnte Gebäude mit 52,701 Haushaltungen. Die Bevölkerung bekennt sich mit Ausnahme von 4541 Katholiken, 1752 Juden und 58 Andersgläubigen zum protestantischen und zwar (durch Gesetz vom 29. Jan. 1880 ist die Union auch im köthenschen Landesteil vollzogen) zum evangelischen (unierten) Glauben. Oberste protestantische Kirchenbehörde ist das Konsistorium in Dessau, das unter dem Staatsministerium steht, und dem anderseits die fünf Superintendenten in den fünf Kreishauptstädten unterstellt sind. In Gemeinschaft mit dem Kirchenregiment hat die Landessynode (laut Gesetz vom 14. Dez. 1878 und 24. März 1879) die Zustände und Bedürfnisse der Landeskirche in Obacht zu nehmen, die Verwaltung der kirchlichen Fonds zu kontrollieren und namentlich an der kirchlichen Gesetzgebung teilzunehmen. Die Synode wird zusammengesetzt aus 20 in den fünf Kreisen gewählten Mitgliedern, nämlich 10 geistlichen und 10 weltlichen. Die Wahl der Synodalmitglieder erfolgt für eine Synodalperiode von sechs Jahren.