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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Arbitrio - Arbues.

richterliche Entscheidung; arbitrieren, nach Ermessen entscheiden; eine Arbitragerechnung machen.

Arbitrio (ital.), Willkür, Gutdünken. A suo a., musikalische Bezeichnung: nach seinem (des Ausführenden) Gefallen, in Bezug auf Vortrag und Tempo (s. v. w. ad libitum).

Arbitrium (lat.), Entscheidung nach Ermessen oder Gutdünken; Schiedsspruch. A. divinum, göttlicher Ratschluß; a. judicis, richterliches Ermessen; a. liberum, Willensfreiheit.

Arboga, Stadt im schwed. Län Westermanland, am Fluß A., der sich 15 km weiter in den Mälarsee ergießt, und in der Nähe des den Hjelmarsee mit dem Mälarsee verbindenden Arbogakanals, Station der Örebro-Köpinger Eisenbahn, hat meist hölzerne Häuser, zwei Kirchen und (1881) 3823 Einw., welche Ackerbau, Schiffahrt und einigen Handel treiben. A. ist einer der ältesten Orte Schwedens und hatte eine Münze (Arbogaklippings, viereckige Kupfermünzen). Auch wurden daselbst mehrere wichtige Reichstage gehalten, namentlich 1561 (Annahme der sogen. Arboga-Artikel, durch welche Erich XIV. die Macht der Herzöge beschränkte) und 1597 (wo das Volk den Reichsverweser und Herzog Karl, Gustav Adolfs Vater, zur Wiederannahme der niedergelegten Regierung bewog).

Arbogast (Arbogastes), ein Franke von Abstammung, trat frühzeitig in römische Kriegsdienste und ward vom Kaiser Gratian (367-383) zum Oberfeldherrn gegen die Deutschen am Rhein und an der Donau erhoben. Er war nach Gratians Ermordung als Magister militum die Stütze Valentinians II. und des weströmischen Reichs gegen die Barbaren und trug 388 zum Sturz des Gegenkaisers Maximus wesentlich bei. Als aber Valentinian, der Abhängigkeit von A. müde, ihm 392 die Entlassung aus seiner Würde ankündigte, erklärte er, er habe seine Macht nicht vom Kaiser empfangen und gedenke auch nicht, sie durch ihn zu verlieren. Wenige Tage darauf ward der Kaiser, ohne Zweifel auf Anstiften Arbogasts, ermordet. Letzterer, wohl wissend, auf welchen Widerwillen beim römischen Volk die Herrschaft eines Barbaren stoßen werde, nahm den Purpur nicht selbst an, sondern bekleidete damit den Grammatiker, nachherigen Geheimschreiber und Magister officiorum, Eugenius, um durch diesen desto sicherer zu herrschen. Eine Gesandtschaft zeigte dem Kaiser des Ostens, Theodosius, den Tod Valentinians II. an und verlangte die Anerkennung des neuen Kaisers. Theodosius nahm die Gesandtschaft an, da er im Augenblick nicht im stande war, es mit A. im Feld aufzunehmen, zog aber nach zwei Jahren mit einem durch Hunnen, Alanen, Goten, Iberier etc. verstärkten Heer nach Italien und schlug bei Aquileja den A. nebst seinem Schattenkaiser aufs Haupt. Der letztere wurde gefangen und hingerichtet; A. entkam, irrte zwei Tage im Gebirge umher und stürzte sich dann verzweifelnd in sein Schwert (394). Vgl. Morpurgo, A. e l'imperio romano 379-394 (Triest 1883).

Arbois (spr. -boa), Stadt im franz. Departement Jura, Arrondissement Poligny, an der Cuisance und der Eisenbahn von Besançon nach Lyon, hat ausgezeichneten Weinbau, Papierfabrikation, Öl- und Holzschneidemühlen und (1876) 4809 Einw. A. ist Geburtsort des Generals Pichegru.

Arbois de Jubainville (spr. arboa d'schübängwil), Marie Henri d', franz. Altertumsforscher, geb. 5. Dez. 1827 zu Nancy, der Sohn eines ausgezeichneten Advokaten, machte 1848-51 seine Studien auf der École des chartes zu Paris und wurde später zum Archivar des Departements Aube ernannt. Seit 1867 ist er korrespondierendes Mitglied der Akademie der Inschriften zu Paris. Von seinen sehr gediegenen Werken sind hervorzuheben: "Les armoiries des comtes de Champagne" (Par. 1852); "Voyage paléographique dans le département de l'Aube" (1855); "Essai sur les sceaux des comtes de Champagne" (1856); "Études sur l'état des abbayes cisterciennes" (1858); "Les premiers habitants de l'Europe" (1877); "Le cycle mythologique irlandais et la mythologie grecque" (1884); besonders aber als sein Hauptwerk die "Histoire des ducs et des comtes de Champagne" (Bd. 1-7, 1859-69; Bd. 7 von Longnon, 1869), welche von der Akademie der Inschriften zweimal (1863 und 1864) mit dem Gobertschen Preis gekrönt wurde.

Arbon, Landstädtchen im schweizer. Kanton Thurgau, mit (1880) 2475 Einw., in obst- und weinreicher Ufergegend des Bodensees gelegen, Station der Schweizer Nordostbahn, lange für das Arbor felix der Römer ausgegeben. Von hier aus zog der heil. Gallus in das waldige Hochthal an der Steinach (s. Sankt Gallen), und hier starb er.

Arbor (lat.), Baum; in der Chemie Bezeichnung für Metalle, welche sich im kristallinischen Zustand und in mehr oder weniger strauch- oder baumartiger Gestalt aus Lösungen ausgeschieden haben, z. B. A. Dianae (Silberbaum), A. Jovis (Zinnbaum), A. Saturni (Bleibaum) etc.

Arboreszenz (lat.), baumartiger Wuchs; arboreszieren, zum Baum werden.

Arboretum (lat.), eine Sammlung im freien Land wurzelnder verschiedenartiger Gehölze. Vgl. Dendrologie.

Arborikultur (lat.), Baumzucht.

Arbresle, L' (spr. larbrähl), Stadt im franz. Departement Rhône, Arrondissement Lyon, an der Vereinigung der Turdime und Brevenne und der Eisenbahn Lyon-Roanne, mit Seidenfabriken, bedeutenden Steinbrüchen, Lagern von hydraulischem Kalk und (1876) 3091 Einw.

Arbroath (spr. arbröth, früher Aberbrothock), Seestadt in Forfarshire (Schottland), an der Nordsee, mit den geringen Überresten einer Abtei, einem Gymnasium (academy), Museum, Packleinwand- und Straminfabrikation und (1881) 21,785 Einw.; Sitz eines deutschen Konsuls. Den kleinen Hafen schützt ein Wellenbrecher. Es gehören zu demselben (Dezember 1883) 31 Seeschiffe und 148 Fischerboote. Ausfuhr (1883) 4310, Einfuhr 180,324 Pfd. Sterl. Südöstlich davon im Meer die Inselklippe Bell Rock (s. d.) mit Leuchtturm.

Arbuës, Peter, de Epila, span. Inquisitor, geboren um 1441 zu Epila in Aragonien, trat in das Kollegium der regulären Kanoniker des Augustinerordens in Saragossa, ward 4. Mai 1484 von dem Generalinquisitor Torquemada zum ersten Inquisitor daselbst berufen, und erwarb sich als solcher den Ruf eines unermüdlichen Verfolgers der Ketzer. Die Freunde und Verwandten seiner zahlreichen Opfer verschworen sich gegen ihn, und er starb 17. Sept. 1485 infolge eines Attentats, welches Johann de Labadia und Johann Sperandeo in der Kirche vor dem Altar auf ihn gemacht hatten. A. wurde bald nach seinem Tod ein hochgefeierter Wundermann. Nachdem er schon von Papst Alexander VII. 1661 selig gesprochen worden, erhob ihn Pius IX. 1867 unter die Zahl der Heiligen, was W. v. Kaulbach zur Ausführung seines bekannten Bildes: Peter A. von Epila verurteilt eine Ketzerfamilie zum Tod, veranlaßte,