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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ariëtenkalk; Ariette; Arillus; Arimaspen; Arimathia; Ariminum; Arion; Arion empiricorum; Arioso; Ariosto

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Arietenkalk - Ariosto.

stören, oder durch Decken die Kraft des Stoßes zu mildern, oder auch durch Schlingen und Haken den Balken aufzufangen.

^[Abb.: Römischer Mauerbrecher oder Sturmbock.]

Ariëtenkalk, s. Juraformation.

Ariette, s. v. w. kleine Arie (s. d.).

Arillus (lat.), Samenmantel, s. Same. A. Myristicae, Muskatblüte.

Arimaspen, bei den Alten ein fabelhaftes Volk im äußersten Nordosten der Erde, bei den Rhipäischen Bergen (welche Ptolemäos an die Stelle des heutigen Ural setzt), als einäugig, kriegerisch und mit den anwohnenden Greifen wegen des von diesen gehüteten Goldes in stetem Streit lebend geschildert. Der Name kommt nach Neumann ("Hellenen im Skythenland") aus dem Mongolischen und bedeutet "Bergbewohner". Manche identifizieren die A. mit den heutigen Tscheremissen an der mittlern Wolga.

Arimathia, Ort in Palästina, ungewisser Lage, der Tradition nach das jetzige Ramla, welches aber erst 716 n. Chr. gegründet wurde.

Ariminum, Stadt, s. Rimini.

Arion, 1) in der griech. Mythologie ein Roß, der arkadischen Sage nach von Poseidon in Gestalt eines Hengstes mit der in eine Stute verwandelten Demeter (Erinys) gezeugt, nach andrer Sage entstanden, als Poseidon mit dem Dreizack den Fels spaltete, dann Ahn aller schnellen Rosse. Es sollte von Poseidon dem böotischen König Kopreus, von diesem dem Herakles geschenkt sein, dem es in seinem Elischen Krieg wie im Kampf mit Kyknos ein treuer Freund war. Auch Adrastos wäre, wie es heißt, ohne den A. den ihn verfolgenden Thebanern nicht entkommen.

2) Griech. Sänger und Zitherspieler aus Methymna auf Lesbos, lebte um 600 v. Chr. Nach der zuerst bei Herodot sich findenden, auch von den Romantikern (Schlegel) mehrfach bearbeiteten Sage ward A. von Periander, dem Herrscher von Korinth, nach Sizilien und Italien gesandt und gewann zu Tarent den Preis in einem musikalischen und dichterischen Wettstreit. Als er aber mit reichen Schätzen auf einem korinthischen Schiff zu seinem Freund Periander zurückkehren wollte, beschlossen die habsüchtigen Schiffer, ihn zu ermorden. Im Traum offenbarte ihm Apollon die Gefahr. A. bat, noch einmal singen zu dürfen. Als ihm dies zugestanden worden, trat er im vollen Sängerornat, das Saitenspiel in der Hand, auf das Verdeck, sang ein Lied an die Götter und stürzte sich in die Wogen. Delphine hatten sich, seinen Tönen lauschend, um das Schiff versammelt. Einer derselben nahm den Sänger auf den Rücken und trug ihn unverletzt bei dem Tänarischen Vorgebirge ans Land, von wo er wohlbehalten nach Korinth zurückkehrte. Als später die Schiffer ankamen und, von dem König nach A. befragt, versicherten, derselbe sei in Tarent zurückgeblieben, trat A. hervor, und die verwirrten Räuber konnten nicht mehr leugnen; sie wurden gekreuzigt. Zum Andenken an diese Begebenheit wurde auf Tänaron, wo A. ans Land gekommen war, beim Tempel Poseidons ein Denkmal errichtet, das den A. auf dem Delphin darstellte. Arions Leier und der Delphin wurden an den Himmel versetzt. Künstler der neuern Zeit (z. B. Poussin, Rubens, Albrecht Dürer) haben diesen Mythus dargestellt. Von Arions Gedichten hat sich nur das Fragment eines Hymnus auf Poseidon (in den "Poetae lyrici" von Bergk herausgegeben) erhalten, doch ist auch dessen Echtheit bestritten. Wichtig ist die Nachricht, daß A. den Dithyrambos (das dionysische Festlied) zuerst kunstvoll ausbildete und ihn durch Chöre vortragen ließ. Man hat hier den Keim der griechischen Tragödie erkennen wollen.

Arion empiricorum, die Wegschnecke.

Arioso (ital.), ein kurzes melodisches Sätzchen inmitten oder am Schluß eines Recitativs; unterscheidet sich von der Arie dadurch, daß es keine thematische Gliederung hat, d. h. es ist nur ein Anlauf zu einer Arie, ein lyrischer Moment von geringer Dauer.

Ariosto, Ludovico, einer der drei großen epischen Dichter Italiens, geb. 8. Sept. 1474 zu Reggio, war der Sohn Niccolò Ariostos, Kommandanten der dortigen Citadelle. Schon als Knabe legte er Proben seiner Neigung und außergewöhnlichen Begabung für die Dichtkunst ab, indem er als Zögling auf dem Kollegium zu Ferrara kleine Dramen nach antiken Stoffen abfaßte, die er mit Hilfe seiner Geschwister aufführte. Nach dem Wunsch seines Vaters widmete er sich der Rechtswissenschaft, jedoch mit solchem Widerwillen, daß er nach fünfjährigem Studium nur sehr geringe Fortschritte gemacht hatte und sein Vater ihm daher die Freiheit ließ, sich seinen Lebensberuf selbst zu wählen. Nachdem er schon in Ferrara einen guten Grund in den alten Sprachen gelegt hatte, warf er sich jetzt unter der Leitung des tüchtigen Philologen Gregorio von Spoleto mit solchem Eifer auf das Studium des Lateinischen, daß er sehr bald viele seiner gelehrten Zeitgenossen im richtigen Verständnis der römischen Dichter übertraf. Inzwischen starb sein Vater (1500), und die ihm nunmehr obliegende Sorge für seine Familie unterbrach vielfach seine litterarischen Beschäftigungen, ohne ihn jedoch denselben zu entfremden. Vielmehr fallen in diese Zeit die meisten seiner kleinern italienischen Gedichte, mehrere seiner lateinischen und die beiden Lustspiele: "La Cassaria" und "I Suppositi", ersteres dem Plautus nachgeahmt und eins der ersten regelmäßigen Lustspiele der neuern Litteratur. Diese Arbeiten machten ihn dem Kardinal Hippolyt von Este, einem Beschützer der schönen Künste, bekannt, der ihn 1503 unter die Edelleute seines Hofs aufnahm und sich seiner zu verschiedenen schwierigen diplomatischen Missionen in Angelegenheiten seines Bruders, des Herzogs Alfons von Ferrara, bediente. Unter anderm sandte er ihn zweimal in geheimer Botschaft an den Papst Julius II., einmal 1509, um denselben um Hilfe für Alfons gegen die Republik Venedig zu bitten, das zweite Mal 1510, um den erzürnten Papst über Alfons' Festhalten an dem Bündnis mit Frankreich zu beruhigen. Beider Aufträge entledigte sich der Dichter mit Mut und Gewandtheit. A. blieb 15 Jahre im Dienste des Kardinals und vollendete während dieser Zeit sein berühmtes romantisches Epos "Orlando furioso", welches von vornherein bestimmt war, das Haus Este in der Person eines der vornehmsten Helden des Gedichts, den der Dichter zum Stammvater des Hauses macht, zu verherrlichen. Das Werk erschien in seiner ersten Gestalt, dem Kardinal selbst dediziert, 1516.