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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Askēt; Asklepiadeen; Asklepiaden; Asklepiădes; Asklepiadischer Vers

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Asket - Asklepiadischer Vers.

hang mit der Bußdisziplin als Genugthuung für begangene Sünden, teils aus der Lehre von einer höhern, nicht allen erreichbaren Vollkommenheit, die durch die Befolgung der Consilia evangelica erzielt werden soll und in dem levitischer Reinheit bedürftigen Mönch- und Priestertum sich darstellt. In der evangelischen Kirche trägt die reformierte Konfession einen asketischen Zug, der ihrem gesetzlichen Wesen und der Spannung des Gegensatzes zwischen der Welt und den Auserwählten entspricht; in der lutherischen Kirche tritt die asketische Richtung hervor im Pietismus als ein Sich zurückziehen vom weltlichen Treiben, das als profan erscheint. Nur allzu reich ist die Geschichte der Kirche wie der einzelnen Konfessionen, Sekten und asketischen Institute an Beispielen davon, daß strenge A. in antinomistisches und libertinistisches Treiben umschlägt; es erklärt sich dies dadurch, daß durch gewisse Selbstpeinigungen das Gefühl erregt und die Phantasie erhitzt wird, während über dem Wahn erreichter Vollkommenheit die Wachsamkeit und Selbstbeobachtung sich mindern, überhaupt aber das sittliche Urteil über den relativen Wert der Güter der Welt da, wo letztere absolut verurteilt werden, sich trüben und gelegentliche gewaltsame Reaktionen befördert werden müssen. Vgl. Zöckler, Kritische Geschichte der A. (Frankf. 1863).

Askēt (griech.), ein der Askese sich Widmender, Büßer. Asketen (continentes, agonistici) werden seit Mitte des 2. Jahrh. diejenigen Christen genannt, welche sich des Genusses von Speisen durch häufiges Fasten enthielten, nicht ehelichten oder den ehelichen Umgang aufgaben, ihr Vermögen an die Armen verschenkten. Bald thaten sie sich mit den Asketinnen, den sogen. virgines, zusammen, um mit ihnen als sorores den fleischlichen Versuchungen zu widerstehen. Gegen ihre sittlichen Ausschreitungen traten schon Bischöfe und Synoden des 3. Jahrh. auf. Um so mehr in Aufnahme kamen seither diejenigen Asketen, welche als Anachoreten (s. d.) und Eremiten (s. d.) sich von der Welt zurückzogen oder im Kloster sich vereinigten. Asketik, Lehre von der Askese (s. d.).

Asklepiadeen (Seidenpflanzen, Schwalbenwurzpflanzen), dikotyle Familie aus der Ordnung der Kontorten, meist schlingende, milchsaftführende Pflanzen mit gegenständigen Blättern und vier- oder fünfzähligen Blüten, von den zunächst verwandten Apocyneen durch die öfters zu einem kranzförmigen Gebilde verwachsenen Anhängsel der Staubblätter verschieden. Der Blütenstaub der A. verklebt zu einer zusammenhängenden Masse, den sogen. Pollinien. Die beiden Pollinien der sich berührenden Fächer je zweier Antheren hängen oben an eigentümlichen hornartigen Gebilden (Klemmkörpern), heften sich vermittelst derselben den die Blüte besuchenden Insekten an und werden von den letztern beim Verlassen der Blüte mit fortgenommen, aber beim Besuch andrer Blüten in den empfängnisfähigen, nur von oben zugänglichen Spalten der Narben derselben wieder abgesetzt, wodurch die Wechselbefruchtung der Blüten vermittelt wird. Die Narbe ist ein großer, oft fünfeckiger Körper, welcher den beiden getrennten, oberständigen Fruchtknoten gemeinschaftlich ist. Die Samen tragen am Nabel einen Haarschopf. (Vgl. Decaisne, Asclepiadeae, in De Candolles "Prodromus", Bd. 8.) Man zählt gegen 1000 Arten, von denen die Mehrzahl zwischen den Wendekreisen und in den zunächst angrenzenden Erdstrichen einheimisch ist. Am reichsten ist Südafrika an Arten. Alle enthalten einen bitter-scharfen, nicht selten ätzend-giftigen Milchsaft. Die Bastfasern einiger Arten dienen zu Textilien; die Wurzel von Cynanchum Vincetoxicum (Hundswürger) fand früher offizinelle Verwendung. Wenige Arten von Asclepias L., Acerates L. und Periploca L. wurden fossil in Tertiär- und Quartärschichten gefunden.

Asklepiaden, die angeblichen Nachkommen des Asklepios (s. d.), dessen Enkel Sphyros und Alexanor, die zwei Söhne des Machaon, ihrem Stammvater zuerst Tempel erbauten, jener in Argos, dieser in Titane. Dergleichen Tempel wurden bald im Peloponnes und später in ganz Griechenland errichtet. Den Gottesdienst darin verrichteten zunächst die A. selbst als eine eigne Priester- und Ärzteinnung, bei welcher die medizinischen Kenntnisse sich vom Vater auf den Sohn forterbten und wenigstens bis zu Hippokrates' Zeiten keinem Fremden mitgeteilt wurden. Sie scheinen auch außerhalb ihrer Tempel Kranke behandelt zu haben, und wahrscheinlich waren die Ärzte, die nach Lykurg (886 v. Chr.) die spartanischen Heere begleiten mußten, A. Gewiß ist, daß ihr Tempeldienst für die ärztliche Erfahrungswissenschaft von großer Bedeutung war. Besondere Krankheitserscheinungen, namentlich in Bezug auf Prognose, pflegte man in Form von Inschriften auf Votivtafeln und an den Wänden der Tempel niederzuschreiben. Am meisten zeichneten sich die A. des koischen und des knidischen Tempels aus. Auf ihre Stammregister legten sie einen großen Wert; doch wird nach Hippokrates aus Kos, dem berühmtesten aller A., durch dessen Bemühung die Kenntnisse der A. nicht mehr Priestergeheimnis blieben, ihre Genealogie bedeutungslos. Auch sahen sie sich schon im 4. Jahrh. genötigt, Fremde in ihre Innungen aufzunehmen. Asklepiospriester hießen noch bis in die spätesten Zeiten A., und es ist bekannt, daß diese, ohne ärztliche Kenntnisse zu besitzen, nur bemüht waren, ihren priesterlichen Einfluß auf das Volk mit allen Mitteln, die ihnen der Aberglaube darbot, zu erhalten. Daß unter ihnen viele Betrüger auftraten, beweist Lukian in seinem "Pseudomantis". Vgl. Welcker, Kleine Schriften, Bd. 3 (Bonn 1850); Uffelmann, Die Entwickelung der altgriechischen Heilkunde (Berl. 1883).

Asklepiădes, 1) griech. Dichter aus Samos, jüngerer Zeitgenosse des Theokrit, angeblich Verfasser von 39 meist erotischen Epigrammen in der griechischen Anthologie. Nach ihm ist vielleicht der bekannte Asklepiadische Vers benannt. -

2) Arzt, geboren zu Prusa in Bithynien, bildete sich anfänglich zum Redner, wandte sich dann aber medizinischen Studien zu und erlangte in mehreren griechischen Städten, später in Rom, wo er zuerst der griechischen Medizin Eingang verschaffte, großen Ruf. Er stützte das von ihm begründete medizinische System im wesentlichen auf das atomistische System. Sein Wahlspruch war der bekannte: "Cito, tuto, jucunde". A. verwarf den Gebrauch angreifender und komplizierter Arzneimittel und suchte mehr durch diätetische Mittel, Veränderung der Lebensweise etc. zu wirken. Auch wird ihm die Erfindung des Luftröhrenschnitts zugeschrieben. In seinem Werk "De communibus adjutoriis" hatte er die allgemeine Therapie als einen Teil der Heilkunde begründet. Fragmente seiner Schriften hat Gumpert gesammelt (Weim. 1794). Vgl. Raynaud, De Asclepiade medico ac philosopho (Par. 1862).

Asklepiadischer Vers, antikes Metrum, bestehend aus zwei durch scharfe Cäsur geschiedene Choriamben, denen ein Spondeus oder Trochäus als Basis vorausgeht und ein Iambus oder Pyrrhichius folgt:

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Mae-ce-nas a-ta-vis e-di-te re-gi-bus.

Eine Erweiterung desselben ist der sogen. große Asklepiadische Vers, welcher drei Choriamben enthält.