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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Astronomische Instrumente

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Astronomische Instrumente.

Scheibel, Astronomische Bibliographie (Breslau 1785).

Astronomische Instrumente (hierzu die Tafel "Astronomische Instrumente"). Das älteste astronomische Instrument ist jedenfalls der Gnomon (s. d.), mit welchem aus der Länge des Schattens, den eine vertikale Säule auf eine horizontale Ebene warf, die Sonnenhöhe gefunden wurde. Hatte man einmal die Mittagslinie (Richtung des kürzesten Schattens) ermittelt, so ließ sich dann an jedem Tag mit Sonnenschein die Zeit des wahren Mittags (höchsten Sonnenstands) und die Kulminationshöhe der Sonne beobachten. Besonders wichtig waren die letztern Beobachtungen zur Zeit der beiden Solstitien; aus ihnen fand man nämlich die Äquatorhöhe des Beobachtungsorts (das arithmetische Mittel aus beiden Kulminationshöhen) und die Schiefe der Ekliptik (die halbe Differenz beider Höhen). Solche Messungen hat schon der chinesische Kaiser Tschukong um 1100 v. Chr. vorgenommen, und noch im vorigen Jahrhundert bediente man sich zu diesem Zweck großer Gnomon. Die Gnomon der neuern Zeit brachte man, um eine bedeutende Höhe zu gewinnen, vielfach in Kirchen an; man versah dann die nach Süden liegende Wand oben mit einer kleinen, in einer Metallplatte befindlichen Öffnung, deren Bild auf dem Fußboden oder einer gegenüberliegenden Wand beobachtet wurde. Von solcher Art sind der von Toscanelli 1468 im Dom von Florenz, der von Danti 1576 in der Kirche des heil. Petronius zu Bologna, der von Cesaris und Reggio 1786 im Mailänder Dom errichtete Gnomon u. a. Das Anbringen einer kleinen Öffnung im obern Teil des schattenwerfenden Stabes, dessen Bild im Schatten dann statt der infolge des Halbschattens unsichern äußersten Schattengrenze in Betracht kommt, ist den Chinesen schon um 500 v. Chr. bekannt gewesen. Neben dem Gnomon wurden aber auch, besonders seitdem in der Schule von Alexandria die Astronomie sich zu so reicher Blüte entfaltete, noch andre a. I. angewandt. Bei allen handelt es sich um Messung von Winkeln. Diese kann nun entweder direkt erfolgen, wie bei unsern jetzigen, mit geteilten Kreisen ausgestatteten Instrumenten, oder indirekt, indem die zu bestimmenden Winkel in Dreiecken auftreten, deren Seiten bekannte Längen haben, aus denen sich die Winkel durch Rechnung finden lassen. Das Instrument besteht dann aus mehreren Linealen, die ein veränderliches Dreieck bilden, von dem die eine Seite mit einer Skala versehen ist. Hierher gehört das Triquetrum (s. d.), das schon Ptolemäos beschrieben und noch Kopernikus angewandt hat, sowie aus späterer Zeit der von Regiomontan vielfach gebrauchte Jakobsstab (s. d.) u. a. Obschon bei den Astronomen des Altertums derartige Instrumente mit geradliniger Teilung vorherrschend waren, so kommen bei ihnen doch auch schon Instrumente mit Kreisteilung vor. Solche Instrumente sind die Armillen oder Armillarsphären (s. d.), welche zwei aufeinander senkrecht stehende feste Kreise haben, den einen in der Ebene des Meridians, den andern parallel zum Äquator. Um den zum zweiten Kreise senkrechten (zur Weltachse parallelen) Durchmesser des ersten dreht sich ein dritter Kreis, entsprechend dem Deklinations- oder Stundenkreis am Himmel. Wenn man nun in der Ebene des dritten Kreises längs eines Radius nach einem Stern sieht, so kann man auf dem dritten Kreis, zwischen dem zweiten Kreis und dem Radius, die Deklination, auf dem zweiten Kreis aber, zwischen dem ersten und dritten, den Stundenwinkel ablesen. Das Instrument ist sonach der Vorläufer unsers heutigen Äquatorials (s. d.). Mit einem solchen Instrument haben vielleicht schon Timocharis und Aristyll um 300 v. Chr. gearbeitet, welche zuerst versuchten, die Lage der Fixsterne zum Äquator zu bestimmen. Mit größerer Gewißheit wissen wir von Eratosthenes, daß er um 220 v. Chr. zu Alexandria an Armillen von bedeutender Größe beobachtete. Wesentlich dieselbe Einrichtung hatte das Astrolabium, dessen sich Hipparch bediente, um die Lage der Sterne in Bezug auf die Ekliptik zu bestimmen, nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Abstand von diesem Kreis (die Breite) unveränderlich bleibt, während die Entfernung vom Äquator (die Deklination) sich (infolge der Präzession) ändert. Bei dem Astrolabium lag der zweite Kreis (der Äquatorkreis) der Armillarsphäre parallel zur Ekliptik, im übrigen hatten beide Instrumente dieselbe Anordnung. Während bei diesen Instrumenten die verschiedenen Kreise einen gemeinsamen Mittelpunkt besitzen, änderte am Ausgang des Mittelalters Regiomontan bei seinem Torquetum, das ebenfalls zur Bestimmung von Länge und Breite der Gestirne diente, die Anordnung derart, daß das Instrument auch äußerlich mehr an ein Äquatorial erinnert. Um die Richtung, in welcher man einen Stern erblickt, genau zu fixieren, versah man das bewegliche Lineal, an dem man hin visierte, und das beim geteilten Kreis um den Mittelpunkt drehbar war, an jedem Ende mit einem durchbohrten kleinen Aufsatz (Visierdiopter, Absehe) und sah durch beide Öffnungen hindurch, oder man brachte auch einen innerhalb des geteilten Kreises drehbaren Kreis an und setzte auf denselben an zwei diametral entgegengesetzten Punkten solche Visiere. Statt dieser Visiere wurden auch manchmal, z. B. von Regiomontan, Nadeln angewandt, deren Spitzen die Visierrichtung markierten; im ganzen aber sind die Visiere mit Öffnungen üblich geblieben bis zur Verbindung des Fernrohrs mit den astronomischen Meßinstrumenten. Für Sonnenbeobachtungen brachte man auch im Zentrum einen kleinen Cylinder an, der seinen Schatten auf den geteilten Kreis warf, welche Einrichtung z. B. Ptolemäos bei einem in der Ebene des Meridians aufgestellten, zur Messung des Abstands der Wendekreise bestimmten Quadranten beschreibt.

Im wesentlichen dieselben Instrumente wie bei den Alexandrinern waren im Mittelalter bei den Arabern und nach dem Wiederaufblühen der Wissenschaften im Abendland im Gebrauch. Die Araber verwendeten aber auf die Ausführung und Aufstellung ihrer Instrumente vorzügliche Sorgfalt und versahen sie mit Kreisen von bedeutendem Halbmesser, auf denen die Teilung auf Metall aufgetragen war. Wegen der Schwierigkeit, größere Vollkreise herzustellen, begnügte man sich schon frühzeitig mit Viertelkreisen oder Quadranten, und es ist uns unter anderm die Beschreibung eines zur Messung von Kulminationshöhen bestimmten, an der Ostseite einer von S. nach N. gehenden vertikalen Mauer fest aufgestellten Quadranten von 5 arabischen Ellen Halbmesser von der berühmten Sternwarte von Meragah (13. Jahrh.) erhalten, aus der man ersieht, daß die Araber schon den Wert fest im Meridian aufgestellter Instrumente kannten, und daß sie als die eigentlichen Erfinder des Mauerquadranten zu betrachten sind. Als solcher wird gewöhnlich Tycho Brahe bezeichnet, welcher Instrumentenbau und astronomische Beobachtungskunst auf die höchste Stufe der Vollendung erhob, die sie vor Anwendung des Fernrohrs erreichen sollten. Unter den prachtvollen Instrumenten, die er auf seiner Sternwarte auf der Insel Hveen aufgestellt hatte, und deren Abbildungen uns in seiner "Astronomiae instau-^[folgende Seite]